Bollinger Bänder – Definition & Funktionsweisen

Inhaltsverzeichnis

Die wichtigsten Informationen zum Thema Bollinger Bänder

Begründer: John Bollinger, US-amerikanischer Börsenhändler

Grundlagen: Statistik, Mathematik, Wahrscheinlichkeit

Anwendung: theoretisches Verfahren bzw. Strategie mithilfe von Formeln

Nutzen: Vorhersage von zukünftigen Veränderungen an den Börsen


Ob man an den Börsen Gewinne erzielt oder Verluste einfährt, hängt nicht unwesentlich davon ab, ob man sich anbahnende Veränderungen, aufkommende Trendwenden oder sonstige Schwankungen und Indikatoren rechtzeitig erkennt und entsprechend reagiert. Eine Möglichkeit, solche Veränderungen schon im Ansatz zu erkennen, bietet eine Chartanalyse, beispielsweise unter Zuhilfenahme der sogenannten Bollinger Bänder. Was sind die Bollinger Bänder, wie wendet man sie an und inwiefern können sie für Investoren nützlich sein?

Definition – was sind die Bollinger Bänder?

Unter dem Begriff Bollinger Bänder (engl. Bollinger Bands) verstehen Finanzexperten ein spezielles Verfahren zur Durchführung einer sogenannten Chartanalyse, die auch als technische Analyse bezeichnet wird. Entwickelt wurde die Strategie der Bollinger Bänder von John Bollinger, einem an der Wall Street tätigen Börsenhändler, in den 1980er Jahren.

Mit diesem Verfahren versucht man, mithilfe der Umsatz- und Kurshistorie eines Basiswerts die günstigsten Zeitpunkte für den Kauf- bzw. Verkauf eines Wertpapiers zu ermitteln. Man will also, auf Basis der Vergangenheit, Vorhersagen zur zukünftigen Kursentwicklung machen oder wenigstens Aussagen bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit einer solchen Kurs- bzw. Preisentwicklung treffen.

Fakten zur Chartanalyse

Die technische Analyse nutzt das Handelsvolumen und die Kurshistorie für ihre Vorhersagen, die Fundamentalanalyse hingegen bezieht auch betriebs- und volkswirtschaftliche Daten mit in die Analyse mit ein.

Alle charttechnischen Modelle stimmen in der Theorie darin überein, dass Ereignisse mit sehr ähnlichen und entsprechend wahrscheinlichen Verläufen existieren und in der Zukunft wiederkehren. Darum lassen sich für die Analyse verwendete Indikatoren und sich ergebende Muster als „Wegweiser“ nutzen.

Die Funktionsweise der Bollinger Bänder

Damit man Kurstrends erkennen kann, müssen laut John Bollinger drei verschiedene Werte berücksichtigt werden.

Als Bollinger Bänder gelten:

  • Mittleres Band (wird aus dem gleitenden Durchschnitt der Schlusskurse C der vergangenen Tage n ermittelt, Formel: MA (Moving Average) = [Kurs 1 + … + Kurs n] : n))
  • Oberes Band („entry band“, kann ermittelt werden, indem man die Standardabweichung ot der Schlusskurse C mit dem Faktor k multipliziert und anschließend alles zum Mittelwert zusammenaddiert, Formel: MA + 2 x SD (Standard Deviation))
  • Unteres Band („exit band“, wird dadurch berechnet, dass man die Standardabweichung ot mit dem Faktor k multipliziert und das Ergebnis vom Mittelwert abzieht, Formel: MA – 2 x SD)

Bollinger Bänder Aufbau

Was sind Bollinger Bänder?

Zunächst wird immer der gleitende Mittelwert berechnet, erst anschließend ermittelt man das obere und das untere Band. Der gleitende Durchschnittskurs wird in der Praxis fast immer aus dem Kursverlauf der letzten 20 Tage ermittelt. Die zu errechnende Standardabweichung wird mit einem festgelegten Faktor multipliziert, für den der Wert 2 empfohlen wird. Dieser Wert muss dann mit dem vorher ermittelten Durchschnitt addiert bzw. subtrahiert werden.

Hätten Sie es gewusst?

Basis für die Überlegungen von Bollinger war das Phänomen der Normalverteilung nach Gauß, das auch „goldene Mitte“ genannt wird. Sie besagt, dass es bei Messungen immer zu einer Konzentration der Werte um einen Mittelwert kommt.

Bollinger schloss daraus, dass auch die Schwankungen der Börsenkurse nur in einem Kanal bestimmter Breite stattfinden dürften. Seine Ober- und Untergrenze müsste sich demnach mithilfe einer vorbestimmten Abweichung vom Durchschnittskurs definieren lassen.

Einfach ausgedrückt bedeutet diese Denkweise, dass Bollinger davon ausging, dass sich der Kurs eines Börsenwertes aller Wahrscheinlichkeit nach immer sehr nahe an den Werten der vergangenen Tage entlangbewegen wird.

Was sich am Volatilitätskanal der Bollinger Bänder ablesen lässt?

Mithilfe der Bollinger Bänder lässt sich die Volatilität eines Wertpapiers messen und das Verfahren kann einige sehr nützliche Informationen liefern.

Zu diesen Punkten erhält man Informationen:

  • Informationen bezüglich einer Trendfortsetzung oder -umkehr
  • Angaben zu den Perioden von Marktkonsolidierungen
  • Hinweise auf Perioden bevorstehender, größerer Volatilitätsschwankungen
  • Informationen zu möglichem Ausbruch von Höchst- oder Tiefstständen am Markt
  • Hinweise auf mögliche Zielpreise

Was Bollinger Bänder aussagen

Bollinger Bänder nur für Aktien?

Zur Zeit der Entwicklung der Bollinger Bänder wurde an den Börsen vor allem mit Aktien gehandelt, andere Werte waren noch eher unbekannt. Deshalb wurden die Bollinger Bänder ursprünglich hauptsächlich für die Analyse beim Handel mit Aktien verwendet. Inzwischen nutzt man sie aber für Vorhersagen bezüglich anderer Wertpapiere.

Interpretation der Bollinger Bänder

Wendet man die Bollinger Bänder an, besteht das Ergebnis in dem bereits erwähnten Kanal, der den Verlauf des Kurses umgibt, wie ein Gummischlauch. Besitzt ein Wertpapier eine sehr hohe Volatilität, wächst der Abstand des Kanals zum Aktienkurs an. Hat das Papier nur eine geringe Volatilität, verengt sich der Kanal und rückt näher an den Kurs heran.

Gerade Verengungen werden von Tradern als Signale für unmittelbar bevorstehende Kursbewegungen gewertet. Sie geben sozusagen den „Startschuss“ für einen Ein- oder Ausstieg aus einem Wertpapier.

Als ein Signal für den Ausbruch eines bevorstehenden Richtungswechsels beim Kurs wird von Tradern interpretiert, wenn der Kursverlauf eines Papiers den Verlauf eines der beiden Bollinger Bänder durchbricht, also ungewöhnlich stark nach oben oder unten ausschlägt. Bricht der Kurs aus dem nach Bollinger berechneten Kanal aus, lässt dies eine Fortsetzung dieser Bewegung vermuten.

Überschreitet also der Wertpapierkurs den Rand des oberen Bandes, was ansteigende Kurse erwarten lässt, dann erreicht das Papier eine sogenannte Long-Position. Diese löst bzw. schließt sich wieder, sobald der Kurs wieder auf ein Niveau unterhalb des oberen, mittleren oder unteren Bandes sinkt. Zeigt sich ein umgekehrter Verlauf mit einem Absinken unter das untere Band, sind fallende Kurse wahrscheinlich.

Die am häufigsten zu hörende Interpretation besagt, dass ein Kurs, der sich nahe am oberen oder unteren Band bewegt, als Signal für eine kurzfristige Bewegung in Richtung des entgegengesetzten Bandes gewertet werden kann.

Kommt es hingegen zur Ausbildung eines einzelnen oder mehrerer Plateaus an einem der beiden Bänder, kann eine Trendwende erwartet werden. Laufen das obere und untere Band in Richtung des gleitenden Durchschnitts zusammen, kann dies eine größere Kursbewegung ankündigen, deren konkrete Richtung sich aber nicht bestimmen lässt.

Bollinger Bänder können folgende Aufgaben übernehmen:

  • Die Bänder können Aufschluss geben, ob ein Produkt im Handel aktuell günstig oder teuer ist.
  • Durch ihren theoretischen Ansatz sind Bollinger-Bänder nicht dazu geeignet, auf ihrer Basis eine Entscheidung über Kauf- bzw. Verkauf eines Papiers zu treffen.
  • Bollinger Bänder dienen lediglich dazu, zu analysieren, in wieweit der Kurs eines Wertpapiers als über- bzw. unterbewertet gelten kann.

Trotz der, auch durch Bollinger selbst bestätigten, begrenzten Aussagekraft haben sich die Bollinger Bänder als Analysemethode in der Praxis über weite Strecken durchgesetzt. Sie werden von vielen Finanzexperten als verlässliches Mittel zum Zweck der Visualisierung bezüglich der Volatilitäten von Wertpapieren geschätzt.

Fakten zur Interpretation von Börsenkursen

Es gab und gibt immer wieder Versuche, möglichst exakte Vorhersagen zu den Entwicklungen an den Börsen zu machen. Dafür nutzen Experten vor allem Statistiken der Vergangenheit. Diese können zwar, in die Zukunft verlängert, eine mögliche Entwicklung benennen, diese Aussagen lassen sich aber im Voraus letztlich nicht verifizieren. Grundsätzlich gilt aber, dass eine Vorhersage desto fundierter ist, je mehr Informationen und Daten sie berücksichtigt. Eine Interpretation in Richtung Zukunft auf Basis alter Daten bleibt deshalb immer defizitär.

Warum Bollinger Bänder oft falsch interpretiert werden

Zum Generieren gültiger Trading-Signale hat John Bollinger neben seinen Bändern auch der Oszillator %B und der Oszillator Bandwidth (Bandbreite) entwickelt. Diese Indikatoren müssen für verlässliche Aussagen ebenfalls berücksichtigt werden.

Allerdings stehen diese zusätzlichen Parameter bzw. Indikatoren in den klassischen Standard-Anwendungen (z. B. bei Börsen-Software oder auf Websites mit integrierter Chart-Funktion) fast nie zur Verfügung. Da somit wichtige Informationen nicht bereitstehen, werden Bollinger-Bänder sehr häufig fehlinterpretiert.

Bollinger selbst war es, der darauf hingewiesen hat, dass man einer Berührung des Wertpapierkurses mit den Bändern nur wenig Bedeutung beimessen sollte. Zudem betonte der Entwickler der Bollinger Bänder, dass man für eine Kauf- oder Verkaufsentscheidung immer weitere Faktoren heranziehen müsse.

Es ist erstaunlich, dass die extrem häufige Fehlinterpretation der Bollinger-Bänder aufgrund nicht korrekter statistischer Annahmen trotzdem zur Folge hatte, dass dieses Verfahren von einer Großzahl an Börsenhändlern noch immer verwendet und seine Ergebnisse als wichtigstes Kauf- oder Verkaufssignal betrachtet wird.

Die Bollinger Bänder – kritische Stimmen

Viele Kenner der Finanzmärkte und auch ausgewiesene Fachleute üben immer wieder Kritik an den Bollinger Bändern. Sie bezweifeln, dass dieses Verfahren tatsächlich tragfähige Voraussagen über Kursentwicklungen zulässt.

Die Hauptkritikpunkte bezüglich der Bollinger Bänder sind:

  • Die Bänder lassen aufgrund fehlender Informationen keine zuverlässigen Aussagen bezüglich der Wahrscheinlichkeit zu, dass sich ein Kurs zukünftig in einem vorhersehbaren Abstand zum gleitenden Durchschnitt bewegt.
  • Die Bollinger Bänder besitzen keine Aussagekraft, da der gleitende Durchschnitt nicht die an einen Erwartungswert gestellten Anforderungen entspricht und die Annahme der Gauß‘chen Normalverteilung ebenfalls nicht verifizierbar sei.
  • Die Korrektheit der Vorhersagen ist nicht gegeben, weil die als bekannt vorausgesetzte Standardabweichung nicht der Realität entspricht.
  • Die von Bollinger verwendete Standardabweichung stellt sich nicht als beweisbarer Wert, sondern lediglich als unsichere Schätzung der real vorhandenen Abweichung dar.

Alternativen zu den Bollinger Bändern

Es gibt neben den Bollinger Bändern noch drei weitere Verfahren, mit denen sich Vorhersagen errechnen lassen.Alternativmöglichkeiten zu Bollinger BänderDie erste Alternative heißt MACD (Moving Average Convergence Divergence). Das Verfahren ist den Bollinger Bändern zumindest ähnlich. MACD wurde von Gerald Appel entwickelt und stellt einen Indikator dar, der aus verschiedenen, exponentiell gewichteten, gleitenden Durchschnitten zusammengesetzt ist. Das Verfahren wird in Charts durch zwei Linien repräsentiert, nämlich die schnellere MACD Linie sowie die langsamere Signallinie.

Als Berechnungszeiträume für diese Linien nutzen die Standardeinstellungen vieler Chart-Programme 12 und 26 Tage, für die Signallinie nutzen viele Programme ein 9-Perioden-Durchschnitt. Ein Signal für den Kauf bzw. Verkauf entsteht, sobald es zu einer Überkreuzung der beiden Linien kommt.

Wenn die schnellere MACD-Linie die Signallinie von unten nach oben überkreuzt, gilt dies als Kaufsignal. Zeigt sich das entgegengesetzte Bild, ist dies ein Verkaufssignal. Der MACD schwankt immer um eine Nulllinie herum.

Als gleitende Durchschnitte wird eine Methode bezeichnet, bei der sehr schlichte und häufig verwendete Durchschnitte zum Einsatz kommen. Bei einem einfachen gleitenden Durchschnitt wird der durchschnittliche Schlusskurs der letzten n Perioden gemessen. Der Wert n kann dabei prinzipiell frei gewählt werden. Als Perioden kommen Minuten, Viertelstunden, Stunden, Tage, Wochen, Monate, Jahre oder noch längere Zeiträume zum Einsatz.

Der gleitende Durchschnitt funktioniert ist eine geglättete Trennlinie. Bei einem Aufwärtstrend verläuft der Markt über dem ihm zugeordneten gleitenden Durchschnitt. Liegt ein Abwärtstrend vor, verläuft der Markt unterhalb. Sobald der Markt seinen gleitenden Durchschnitt von unten nach oben durchkreuzt, wird dies in der Regel als Kaufsignal gewertet.

Werden Prozentbänder verwendet, entsteht in Kombination mit einem gleitenden Durchschnitt ein den Bollinger Bändern sehr ähnliches, verwandtes Verfahren. Das Prozentband wird in den Chart eingebaut, indem man es dort mit einem festgelegten Abstand zum gleitenden Durchschnitt platziert. Als antizyklische Kauf- oder Verkaufssignale gelten Kurse in der Nähe ihres Prozentbandes hauptsächlich während Seitwärtsphasen an den Börsen.

Fazit – Bollinger Bänder als Hinweis einer möglichen Zukunft

Das nach John Bollinger benannte Verfahren der Bollinger Bänder erlaubt trotz einiger Schwachpunkte einen theoretischen Blick auf die zukünftig eventuell vorkommenden Veränderungen bei Wertpapieren. Die wichtigsten Einflussfaktoren bei dieser Methode sind der Kursverlauf und der Umsatz, den ein Papier in der Vergangenheit erzielt hat.

Mittels dieser Daten ist laut dem Verfahrensentwickler eine Vorhersage bezüglich der zukünftigen Kursentwicklung möglich. Zudem lässt sich eine Eintrittswahrscheinlichkeit für eine solche Entwicklung benennen. Wozu die Bollinger Bände nicht in der Lage sind, ist eine Aussage zur Richtung, in die sich ein Kurs entwickelt.

Kritiker werfen der Methode vor, aufgrund mangelnder Informationsfülle keine zuverlässigen Aussagen zu liefern. Auch der gleitende Durchschnitt sowie die Standardabweichung werden nicht als aussagekräftige Werte kritisiert.

Wer als Investor oder Trader eine Investition nicht allein von den Bollinger Bändern abhängig machen möchte, der kann zusätzlich auf alternative Strategien wie die MACD, gleitenden Durchschnitte oder Prozentbänder zurückgreifen, um bezüglich der zukünftigen Entwicklung von Kursen noch genauere Aussagen treffen zu können.