Geerbte Immobilie – das gilt es zu beachten

Geerbte Immobilie – das gilt es zu beachten
Daniela Stärk - adobe stock
Inhaltsverzeichnis

Eine Immobilie zu vererben oder zu erben, hört sich zunächst nach einem simplen Vorgang an.

Dass dieser Eindruck täuscht, wird sehr schnell deutlich, wenn man sich näher mit den Rechtsgrundlagen einer Erbschaft befasst.

Der Gesetzgeber hat klar formuliert, welche Rechte und Pflichten für Erben gelten – von der Erbfolge über die Erbschaftssteuer und die Freibeträge bis hin zum Pflichtteil.

Diese Vorschriften und die Tatsache, dass es im Falle einer Erbengemeinschaft, sprich bei mehreren Erben seit jeher relativ schwer ist, einen gemeinsamen Nenner zu finden, machen die Erbschaft einer Immobilie bisweilen äußerst kompliziert.

Deshalb ist es insbesondere für den Erblasser ratsam, rechtzeitig die Fäden zu ziehen.

Wie vererbt man Immobilien?

Der einfachste Weg besteht darin, frühzeitig das Gespräch mit den potenziellen Erben zu suchen und zu klären, wer Interesse an der Immobilie hat bzw. die Immobilie später nutzen möchte. Auf diese Weise lassen sich klare Bahnen schaffen, die dann in ein Testament einfließen können.

Erbrechtsexperten raten ohnehin dazu, den Letzten Willen schriftlich zu fixieren, unabhängig davon, ob eine Immobilie zum Nachlass gehört oder nicht. So ist zumindest sichergestellt, dass das Erbe später nach dem Willen des Verstorbenen aufgeteilt wird.

Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, kann auch ein Testamentsvollstrecker und/oder Nachlassverwalter bestimmt werden. Wer erbt und was an wen vererbt wird, kann der Erblasser dank der in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Testierfreiheit nach eigenem Gusto entscheiden.

Sollte kein Testament vorliegen, aus dem klar hervorgeht, wer die Immobilie erhalten soll, droht in der Regel Ärger. Dann müssen sich die Erben entscheiden und eine gemeinsame, von allen getragene Lösung finden.

Erbengemeinschaft – das Problem der Erbauseinandersetzung

Und genau darin liegt bei mehreren Erben meist das Problem. Hier gilt: Viele Köche verderben den Brei.

Denn sobald zwei oder mehr Erben Ansprüche geltend machen – man spricht in diesem Zusammenhang von einer sogenannten Erbengemeinschaft – sind sie gewissermaßen verpflichtet, an einem Strang zu ziehen. Solange das Erbe nicht einvernehmlich auseinandergesetzt (aufgeteilt) ist, gehört die Erbschaft allen gemeinsam.

Es hat bis dahin also niemand Anspruch auf ein bestimmtes Objekt oder die Immobilien, wenn nicht alle anderen zustimmen. Auch der Verkauf einzelner Objekte ist nur durch einen gemeinschaftlichen Beschluss möglich. Das führt selbst in sonst harmonischen Familienverbänden schnell zum Streit, der nicht selten vor Gericht endet.

Notlösung: Zwangsversteigerung

Dieser Erb-Frust lässt sich nur vermeiden, wenn Kompromisse gefunden werden und eine Lösung erarbeitet wird. Anderenfalls eskaliert nicht nur der Erbschaftsstreit, sondern es laufen nebenbei auch weitere Kosten auf – für das Gerichtsverfahren, gegebenenfalls Anwälte sowie die Erhaltung und Nutzung der Immobilie.

Diese Kosten, zum Beispiel für dringend nötige Reparaturen, muss in dem Fall die Erbengemeinschaft aufbringen. Dadurch schrumpft die Erbmasse, was ganz sicher nicht im Sinne der Erben ist. Wird keine Regelung gefunden, wer die Immobilie erhält und die übrigen Erben auszahlen muss, kommt es meistens zur Zwangsversteigerung.

Dieser Schritt kann von jedem Miterben beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden, falls sich keine Einigung erzielen lässt. Der Erlös liegt dann allerdings häufig deutlich unter dem tatsächlichen Wert der Immobilie.

Übrigens

Wer sich ganz aus dem Streit heraushalten möchte, kann seinen gesetzlichen Erbteil auch veräußern – an die Miterben oder einen Dritten.

Pflichtteil und gesetzliches Erbe

Zu Beginn muss die erbrechtliche Situation geklärt und die Erbenstellung aller Erben nachgeprüft werden. In einem Interview, welches von realbest mit der Fachanwältin für Erbrecht, Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Dr. Stefanie Scheuber, zum Thema „Hausverkauf in einer Erbengemeinschaft“ geführt wurde, klärt diese auf, dass dies entweder über die Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts zur letztwilligen Verfügung in Kombination mit einer notariellen letztwilligen Verfügung oder über einen Erbschein geschehen muss. Ausnahmslos diese Unterlagen sind nötig, damit der Verkauf umgesetzt werden kann. Die Änderungen im Grundbuch unterliegen ganz konkreten Formvorschriften.

Steht fest, wer die Immobilie erben soll, haben die übrigen Miterben entsprechend der gesetzlichen Erbfolge Anspruch darauf, ausgezahlt zu werden. Wie hoch der gesetzliche Erbteil ist, richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad. Da es sich beim Ehegatten nicht um einen Verwandten handelt, gelten hier gesonderte Regeln.

Berücksichtigt werden muss darüber hinaus, ob die Eheleute in einer Zugewinngemeinschaft oder in Gütertrennung gelebt haben.

Beispiele:

  1. Im Rahmen des gesetzlichen Güterstandes (Zugewinngemeinschaft) hat die Ehefrau, sofern es Kinder gibt, nach dem Tod des Mannes Anspruch auf die Hälfte (50%) des Erbes: 25 Prozent über den gesetzlichen Erbteil plus 25 Prozent pauschaler Ausgleich des Zugewinns.
  2. Sollte es sich beim Erblasser um einen Witwer mit zwei Kindern und drei Enkeln handeln, erben nur die beiden Kinder zu gleichen Teilen. Die Enkel gehen in diesem Fall leer aus.

Sollte ein Testament vorliegen, kommen eventuell Pflichtteilansprüche auf den neuen Immobilienbesitzer und die Miterben zu. Derlei Ansprüche dürfen jedoch nur geltend gemacht werden, wenn die betreffende Person im Letzten Willen explizit vom Erbe ausgeschlossen wurde.

Wie hoch ist der Pflichtteil des Erbes?

Die Enterbung muss schriftlich fixiert worden sein. Der Pflichtteil der Erben beträgt dann 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils. Angenommen, der reguläre Erbteil beträgt 50 Prozent, müsste ein Pflichtteil in Höhe von 25 Prozent ausgezahlt werden.

Im schlimmsten Fall führen diese Forderungen dazu, dass die Immobilie veräußert werden muss, um den Pflichtteil erfüllen zu können.

Wie hoch ist der Wert des Erbes?

Für die Festsetzung des Pflichtteils, des gesetzlichen Erbteils und nicht zuletzt der Steuern, ist der Wert des Nachlasses maßgeblich. Bei Wertgegenständen muss unter Umständen ein Gutachter eingeschaltet werden, der den exakten Wert von Gemälden, Skulpturen oder Möbeln beziffert.

Einfacher ist das bei Immobilien. Handelt es sich um ein unbebautes Grundstück, wird der Wert anhand der Fläche und des örtlichen Bodenrichtwerts ermittelt. Wurde eine Wohnung, ein Ein- oder auch ein Zweifamilienhaus vererbt, gilt der Verkehrswert, der üblicherweise über das Vergleichswertverfahren festgelegt wird.

Das heißt, für die Immobilie wird der Wert vergleichbarer Objekte zugrunde gelegt. Alternativ greift das Sachwertverfahren. Auch hier kann ein Gutachter helfen – wobei Kosten entstehen –, um handfeste Zahlen zu erhalten.

Das ist umso wichtiger bei Geschäfts- oder Mietobjekten, weil hier mit dem Ertragswertverfahren gearbeitet wird, in das unter anderem die Mieteinnahmen und die Bewirtschaftungskosten einfließen.

Wie hoch sind die Steuern auf das Erbe?

Das Ergebnis der Wertermittlung und damit der Gesamtwert des Erbes ergibt abzüglich des Freibetrags die Höhe der Steuerpflicht. Ausschlaggebend dafür, welcher Steuerklasse der Erbe angehört und in welcher Höhe ein Freibetrag in Anspruch genommen werden darf, ist dabei der Verwandtschaftsgrad.

Der Steuerklasse I gehören Ehegatten, eingetragene Lebenspartner (Freibetrag jeweils 500.000 Euro), Kinder, Stiefkinder sowie deren Kinder (Freibetrag jeweils 400.000 Euro), die Enkel (200.000 Euro), Eltern und Großeltern (jeweils 100.000 Euro) an.

Für  geschiedene Ehegatten, Geschwister, Stiefeltern, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, Nichten und Neffen gilt die Steuerklasse I gilt ein Freibetrag von 100.000 Euro. Für alle übrigen Personen der Steuerklasse III gilt der Freibetrag von 20.000 Euro.

Über die Steuerklasse und das steuerpflichtige Erbe – abzüglich des Freibetrags – lässt sich schließlich der Steuersatz ermitteln. Um nur ein Beispiel zu nennen: Bis zu einem Betrag von 300.000 Euro werden in der Steuerklasse I 11% fällig, in der Steuerklasse II 20 % und in Steuerklasse III 30 %.

Hinterlässt ein Witwer seinem einzigen Sohn eine Immobilie im Wert von 500.000 Euro, beträgt das steuerpflichtige Erbe dementsprechend 500.000 Euro minus des Freibetrags in Höhe von 400.000 Euro, insgesamt also 100.000 Euro. Davon müssen 11% Erbschaftssteuer (11.000€) entrichtet werden.

Steuer: Ausnahmeregelungen

Ausnahmen bestätigen die Regel. Das gilt auch im Erbschaftsrecht, konkret bei der Erbschaftssteuer im Zusammenhang mit vererbten Immobilien.

Hier besteht unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit der Steuerbefreiung. Das setzt zum einen voraus, dass es sich um eine Wohnimmobilie handelt, die vom Erblasser selbst zu Wohnzwecken genutzt wurde.

Zum anderen muss auch der Erbe, ob nun der Ehepartner oder eines der Kinder bzw. Kindeskinder, die Immobilie selbst nutzen – und zwar für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren. Bei Kindern und Kindeskindern gilt darüber hinaus, dass die Steuerbefreiung nur für maximal 200 Quadratmeter gilt.

Jeder Quadratmeter mehr unterliegt der Steuerpflicht. Sollte die Immobilie vorzeitig, also vor Ablauf von zehn Jahren, verkauft oder vermietet werden, müssen die Steuern nachgezahlt werden – es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, warum die Immobilie nicht weiterhin selbst genutzt werden kann.

Eine weitere Ausnahmeregel betrifft vermietete Wohngrundstücke. Sie werden bei der Steuer nur mit 90 Prozent ihres Wertes veranschlagt.

Fazit: Experten zurate ziehen

Um Probleme und Ärger von Anfang an zu vermeiden, gilt es gerade beim Vererben und Erben von Immobilien sehr viele Details zu beachten. Für Laien sind diese rechtlichen Grundlagen meist Bücher mit sieben Siegeln. Deshalb ist es sowohl für den Erblasser als auch für die Erben ratsam, sich rechtlichen Beistand zu holen.

Der Erblasser sollte zum Beispiel ein Testament aufsetzen, idealerweise mithilfe eines Notars. Denn schon kleine Abweichungen von der gesetzlichen Norm können dazu führen, dass der Letzte Wille für ungültig erklärt wird. Noch wichtiger wäre es, vorher mit den Erben zu sprechen.

Tritt der Erbfall ein, sehen sich die Begünstigten mit Pflichten und Steuern konfrontiert. Auch hier kann es helfen, sich Rat bei einem Fachanwalt zu holen und mit einem Steuerberater zu sprechen.