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IPO: Chancen und Risiken von Börsengängen

Inhaltsverzeichnis

In den vergangenen Wochen sind einige Unternehmen neu an die Börse gegangen. Hierzulande sorgten der Börsengang des Online- Schuh- und Modehändlers Zalando und der Börsengang der Internet-Beteiligungsgesellschaft Rocket Internet für Schlagzeilen.

Der Börsengang des chinesischen Online-Handelsriesen Alibaba sorgte sogar international für Aufsehen, da es der bis dato größte Börsengang in der Geschichte der New Yorker Wall Street war. Bevor ich mich allgemein diesem Thema widme, möchte ich noch einige Worte zu den genannten Börsengängen verlieren.

Der Kursverlauf der Aktien von Rocket Internet und Zalando hat Folgendes gezeigt: Da diese Aktien schon kurze Zeit nach der Erstnotiz an Wert verloren haben, wurde deutlich, dass augenblicklich keine blinde Euphorie herrscht – und das ist gut so!

Unternehmen können das Börsenparkett betreten, wenn Altbesitzer und Banker jedoch den Preis zu hoch ansetzen, fällt der Kurs. So bleibt es an der Börse bei „gesunden“ Bewertungen (anders als in der Boom-Phase 1999/2000).

Als die Anleger im Frühjahr 2000 merkten, dass die Bewertungen viel zu hoch waren, kam es zum Absturz. Da aktuell keine Höhenflüge zu sehen sind und das DAX-KGV sogar unter dem historischen Durchschnitt liegt, erwarte ich auch keinen Crash. Die Bewertungen sind fundamental angemessen und zum Teil sogar günstig.

Der Börsengang und mögliche Gründe dafür

Unter einem Börsengang oder IPO (initial public offering) versteht man das erstmalige Angebot der Aktien eines Unternehmens auf dem organisierten Kapitalmarkt (Börse). Die Abwicklung des Börsengangs wird in der Regel von einem aus mehreren Investmentbanken bestehenden Konsortium vorgenommen.

Einer der wichtigsten Gründe für einen Börsengang ist, dem Unternehmen durch Ausgabe von Aktien neue Finanzmittel zuzuführen. Ein Beispiel: Ein Unternehmen bietet interessierten Anlegern 1 Mio. Aktien zu je 10 Euro an. Wenn der Börsengang erfolgreich ist, sammelt das Unternehmen so 10 Mio. Euro ein (1 Mio. x 10 Euro).

Dieses Kapital dient einerseits der Finanzierung von Wachstum und andererseits der Eigenkapitalstärkung. Ein Börsengang kann aber auch den Alteigentümern die Möglichkeit eröffnen, eigene Anteile über die Börse zu verkaufen.

Andere Gründe für den Börsengang sind die Deckung des Eigenkapitalbedarfs, die Verringerung der Fremdkapitalkosten durch Verbesserung der Bonität oder die Steigerung des Bekanntheitsgrades. In der Regel sind bei Börsengängen mehrere Gründe gleichzeitig ausschlaggebend.

Die ersten Schritte Richtung Börsengang

Ein Börsengang ist ein sehr zeitintensiver Prozess, der im Durchschnitt ein Jahr benötigt. Außerdem ist dieser Vorgang – wenn er erst einmal gestartet ist – ein sehr teures Vorhaben. Deshalb sollte ein Unternehmen, bevor es für einen geplanten Börsengang Banken anspricht, zuerst einmal prüfen, ob es überhaupt schon börsenreif ist.

Da das dazu notwendige Know-how wohl in den seltensten Fällen intern (also im Unternehmen) vorhanden ist, bietet es sich an, dafür einen bankenunabhängigen IPO-Berater zu konsultieren. Sollte dem Unternehmen die Börsenreife attestiert werden, besteht der nächste Schritt darin, dass eine oder mehrere Emissionsbanken gesucht werden.

Diese Emissionsbanken begleiten den Börsengang und erhalten dafür ein üppiges Honorar. Vor, während oder nach diesem Auswahlprozess wird gemeinsam mit den beteiligten Konsortialbanken die Transaktionsstruktur des Börsenganges festgelegt. In der Folge lässt die Bank eine sogenannte „Due-Diligence-Prüfung“ durchführen.

Diese beinhaltet die Prüfung der rechtlichen und finanziellen Lage des Unternehmens. Die Prüfung wird in der Regel von Wirtschaftsprüfern übernnommen, die am Ende einen „Comfort Letter“ ausstellen, mit dem sie für die Richtigkeit der Zahlen bürgen.

Erstellung erster Finanzanalysen

Danach lassen die Konsortialbanken ihre unabhängigen (Finanz-)Analysten Finanzstudien, sogenannte Research-Reports, erstellen, die Marktstellung und Marktpotenzial des Unternehmens beschreiben.

Diese Research-Reports enthalten neben einer allgemeinen Beschreibung des Unternehmens samt Historie, aktuellen Entwicklungen und Wettbewerbsanalysen insbesondere auch Discounted Cash-Flow-Analysen (auf den Tag der Analyse abgezinste zukünftig erwartete Cash-Flows) und Chancensowie Risikoabschätzungen.

Diese ersten Research-Reports (auch initial coverage genannt) umfassen oft an die hundert Seiten, auf denen die Analysten das Unternehmen von allen Seiten betrachten. Die Research-Reports sollen eine Idee vermitteln, welches ein fairer Börsenwert für das Unternehmen sein könnte. Sie stellen somit einen Hinweis dar, wie hoch der Emissionspreis (= Verkaufspreis der ersten Aktien) anzusetzen ist.

Festlegung des Emissionspreises

Im nächsten Schritt wird der Emissionspreis der neuen Aktien festgelegt. Dafür gibt es drei Möglichkeiten:

1.) Die Angabe einer Preisspanne (also eine Bandbreite, in der der Emissionspreis voraussichtlich liegen wird),

2.) die Angabe eines Festpreises und

3.) ein Auktionsverfahren.

Zeichnung und Zuteilung der Aktien

Als nächstes werden die Aktien in der Zeichnungsfrist öffentlich angeboten. Die Interessenten müssen sich verpflichtend festlegen, wie viele Aktien sie zu welchem Maximalpreis erwerben möchten. Ist das Interesse größer als die Anzahl der angebotenen Aktien, so spricht man von einer Überzeichnung.

Dann ist es relativ wahrscheinlich, dass der Aktienkurs nach dem Börsengang steigen wird. Ist die Nachfrage nach den neuen Aktien dagegen gering, muss mit Kursabschlägen nach dem Börsengang gerechnet werden.

Nachdem die Order-Bücher geschlossen wurden, erfolgt die Zuteilung der Aktien und die endgültige Festlegung des Emissionspreises. Dann werden die Aktien in das Handelsregister eingetragen. Mit der Erstnotierung wird die Aktie erstmals an der Börse gehandelt und es wird zum ersten Mal ein Börsenkurs, die sogenannte Erstnotiz, festgestellt.

Fazit: Prüfen Sie vor dem Kauf genau

Wie gerade geschrieben: Ein Börsengang bereichert den Aktienmarkt und ist daher positiv zu werten. Aber: Ein Börsengang bedeutet auch, dass der Altbesitzer Anteile am Unternehmen (Aktien) abgibt. Prüfen Sie daher stets bei einem Börsengang, ob der Altbesitzer nur „abkassieren“ will, oder ob der festgelgte Aktienpreis angemessen ist und zukünftig Kurssteigerungen zulässt.

In meiner fast 25-jährigen Börsenpraxis bin ich gut damit gefahren, Aktien nicht direkt beim Börsengang zu kaufen, sondern das dann börsennotierte Unternehmen erst zu beobachten und auf die ersten Quartals- und Geschäftsberichte zu warten. In dieser Zeit trennt sich oft schon die Spreu vom Weizen.