Vollkommener Kapitalmarkt – Erläuterung einer Finanztheorie

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Ein vollkommener Kapitalmarkt ist ein rein theoretisches Konstrukt, welches Teil der neoklassischen Finanzierungstheorie ist.

Hierbei wird von unterschiedlichen Annahmen und Bedingungen ausgegangen, die in der Realität in dieser Form nicht anzutreffen sind.

Vielmehr dient die Theorie des vollkommenen Kapitalmarkts dazu, andere Finanzmodelle vereinfacht und verständlich darstellen zu können.

Auf Grundlage der Annahme des vollkommenen Kapitalmarkts sind somit verschiedene Thesen und Theorien entstanden. Hierzu gehört beispielsweise die Portfolioselektion nach Markowitz.

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Zum Verständnis dieses theoretischen Konstrukts ist es zunächst wichtig, zu klären, welche Voraussetzungen und Bedingungen ein vollkommener Kapitalmarkt zu erfüllen hat.

Merkmale des vollkommenen Kapitalmarkts

Zu den wichtigsten Merkmalen des vollkommenen Kapitalmarkts gehört die Annahme, dass es keine Zugangsbeschränkungen gibt. Somit kann jeder unbeschränkt Kapital anbieten oder nachfragen.

Darüber hinaus wird angenommen, dass der Kapitalmarkt vollkommen transparent ist. Allen Marktteilnehmern stehen demnach alle Informationen sofort zur Verfügung.

Damit hängt auch zusammen, dass das sogenannte Rationalverhalten unterstellt wird. Diese Annahme findet sich in der Finanzmarktpsychologie beispielsweise bei dem Modell des Homo Oeconomicus wieder.

Die unterstellte vollkommene Transparenz des Kapitalmarktes hat zudem zur Folge, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt nur ein einheitlicher Zinssatz existiert.

Einheitliche Zinsen am vollkommenen Kapitalmarkt

Man spricht von Arbitrage, wenn letztlich Preisunterschiede für gleiche Waren an unterschiedlichen Märkten ausgenutzt werden.

Dies ist theoretisch möglich, wenn an verschiedenen Handelsplätzen das gleiche Produkt zu leicht unterschiedlichen Preisen angeboten wird. Der Arbitrageur kauft an einem Ort günstiger ein, als er am anderen Ort zeitgleich verkauft.

Bei dem vollkommenen Kapitalmarkt ist so etwas nicht möglich, da die zuvor angesprochene vollkommene Transparenz vorliegt. Der Preis für jeden Zahlungsstrom wird als gleich angenommen.

Für abweichende Preise oder Zinsen würde es keine Abnehmer geben. Soll- und Habenzins sind im Modell des vollkommenen Marktes somit identisch.

Daneben wird angenommen, dass es keine Transaktionskosten gibt. Dies bezieht sich aber nicht allein auf die Transaktion als solche.

Auch Nebenkosten wie Steuern oder Kosten zur Informationsbeschaffung existieren hier nicht. Auch dies ist Voraussetzung für die bereits erwähnte Nichtexistenz der Arbitragemöglichkeit.

Bedeutung des vollkommenen Kapitalmarktes

Der vollkommene Kapitalmarkt existiert nur als Modell bzw. Theorie. Sobald es Abweichungen von den erläuterten Merkmalen gibt, ist von dem unvollkommenen Kapitalmarkt die Rede.

Auf Grundlage dieser Theorie sind jedoch weitere Finanzierungstheorien entstanden. Zu nennen sind hier beispielsweise die Modigliani-/Miller-Thesen, das Black-/Scholes-Modell oder das Capital Asset Pricing Model.

Auch wenn der vollkommene Markt als Ausgangslage eines anderen Modells herbeigezogen wird, kann man sich der Realität annähern. Hierzu werden einzelne Merkmale schrittweise aufgehoben bzw. dem realen Marktgeschehen angepasst.

Durch neue Technologien wird jedoch auch in der Realität eine immer größere Annäherung an den vollkommenen Kapitalmarkt ermöglicht.

Discount Broking senkt beispielsweise die Kosten für Transaktionen und das Internet ermöglicht eine höhere Transparenz durch bessere Möglichkeiten der Informationsbeschaffung.