WEG: rückwirkende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels ist zulässig

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Das Landgericht Berlin entschied per Urteil im September 2015, dass eine rückwirkende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zulässig ist. Die Änderung eines Umlageschlüssels muss aber immer durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein und darf somit nicht willkürlich erfolgen.

Als Wohnungseigentümer sollte man aus diesem Grund folgendes beachten: Allein der Umstand, dass Hausgeldvorschüsse auf der Grundlage des bislang geltenden Verteilungsschlüssels erhoben worden sind, begründet für Wohnungseigentümer kein schutzwürdiges Vertrauen.

Der Fall: Änderung des Kostenverteilungsschlüssels

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte per Mehrheitsbeschluss den Kostenverteilungsschlüssel für die Müllgebühren und das Verwalterhonorar abgeändert. In der Vergangenheit waren diese Kosten entsprechend § 16 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) nach deren Miteigentumsanteilen auf die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft verteilt worden.

Zukünftig sollten die Kosten entsprechend der Anzahl der Wohneinheiten gleichmäßig auf die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft verteilt werden. Einige Wohnungseigentümer, die für die Zukunft eine Benachteiligung befürchteten, reichten eine Anfechtungsklage ein.

Insbesondere, weil die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels auch rückwirkend für die Jahre 2011, 2012 und 2013 gelten sollte, waren sie der Ansicht, dass der Beschluss rechtswidrig war.

Die Entscheidung des Gerichts: Beschluss war rechtmäßig

Das Landgericht Berlin entschied den Rechtsstreit zu Gunsten der Eigentümergemeinschaft. Die Beschlussfassung erfolgte gemäß § 16 Abs. 3 WEG innerhalb der Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft, indem sie abweichend von der Kostenverteilung gemäß § 16 Abs. 2 WEG eine andere mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Die rückwirkende Änderung der Kostenverteilung für die Jahre 2011, 2012 und 2013 bezogen auf die Müllgebühren und das Verwalterhonorar entsprach ordnungsgemäßer Verwaltung. Grundsätzlich steht Wohnungseigentümern bei der Änderung eines Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu.

Rückwirkende Änderung entspricht dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung

Wohnungseigentümer dürfen danach jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt. Dabei dürfen an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden, weil sich jede Änderung des Verteilungsschlüssels zwangsläufig zu Lasten einzelner Wohnungseigentümer auswirkt.

Das Vorliegen eines sachlichen Grundes ist ausreichend, soweit die Änderung nicht willkürlich ist. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Verteilung des Verwalterhonorars und der Müllgebühren nach Wohneinheiten nicht zu beanstanden. Allein eine geringfügige Mehrbelastung einzelner Wohnungseigentümer stellte keine unangemessene Benachteiligung dar.

Kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot

Die Änderung der Kostenverteilung für die Jahre 2011 bis 2013 betreffend die Müllgebühren und das Verwalterhonorar verstieß auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Unzulässig sind Rückwirkungen nur, wenn sie einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt neu regeln.

Allein der Umstand, dass Hausgeldvorschüsse auf der Grundlage des bislang geltenden Verteilungsschlüssels erhoben worden sind, begründet kein schutzwürdiges Vertrauen der Wohnungseigentümer. Seit Erweiterung der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 3 WEG müssen Wohnungseigentümer immer damit rechnen, dass der Umlageschlüssel vor oder anlässlich der Entscheidung über eine Jahresabrechnung per Beschluss geändert wird (LG Berlin, Urteil v. 09.09.15, Az. 53 S 26/15 WEG).