Mentaler Stop vs. Stop-Loss-Order: Vor- und Nachteile

Inhaltsverzeichnis

Wie sichern Sie Ihre Aktien-Investments nach dem Kauf ab: durch eine Stop-Loss-Order, durch einen mentalen Stop oder gar nicht?

Ich denke, wir sind uns einig, dass keine Absicherung zu haben dem Harakiri gleichkommt.

Das wäre in etwa so, als ob Sie ein Haus besäßen und es nicht mit einer Feuerversicherung vor dem möglichen Niederbrennen schützten.

Wobei die Wahrscheinlichkeit eines Hausbrands noch relativ gering ist. Doch wenn dieser Fall dennoch eintritt, verlieren Sie möglicherweise alles.

Absichern ist auf jeden Fall notwendig

Also: Absichern ist prinzipiell schon einmal eine richtige und wichtige Sache beim Investieren. Doch welche Vor- bzw. Nachteile haben Stop-Loss-Order und mentaler Stop?

Zunächst einmal sind beide Arten der Absicherung prima, weil Sie sich nämlich VOR dem möglichen Eintritt eines Negativ-Ereignisses Gedanken darüber gemacht haben.

Bei beiden Stop-Arten setzen Sie für sich ein Limit fest, ab dem Sie der Überzeugung sind, dass die Aktie kein Investment mehr wert und das Risiko sich ausweitender Verluste hoch ist.

Selbst entscheiden vs. den Markt entscheiden lassen

Ein Vorteil der Stop-Loss-Order gegenüber dem mentalen Stop ist sicherlich dieser: Sie überlassen dabei dem Markt die Entscheidung darüber, ob Sie einen Depotwert verkaufen oder nicht.

Aus eigener langjähriger Praxis am Aktienmarkt weiß ich, dass es insbesondere börsen-unerfahrenen Anlegern meist extrem schwer fällt, sich von einer im Verlust liegenden Aktie zu trennen.

Wenn dies auf Sie zutrifft, dann ist die Stop-Loss-Order gewiss das „Mittel der Wahl“.

Die große Gefahr bei der Stop-Loss-Order

Die Stop-Loss-Order hat jedoch auch ihre Tücken, die erst bei genauerem Hinterfragen offenbar werden:

Wenn Sie nämlich eine solche Order in den Markt legen, dann decken Sie damit Ihren Verkaufswunsch auf. Ihr Auftrag liegt dann nämlich dem Händler vor bzw. er ist im elektronischen Handelssystem ablesbar.

Händler verdienen an jeder umgesetzten Order. Was glauben Sie also, welches Interesse ein Händler hat, wenn er viele Stop-Loss-Orders vorliegen hat?

Der Domino-Effekt

Es reicht eine Information an einen befreundeten Fondsmanager, der gerade eine größere Position in dieser Aktie hält. Der verkauft einfach eine für diese Aktie ungewöhnlich große Stückzahl. Dann geschieht Folgendes:

Der Kurs wird solange gedrückt, bis die ersten Stop-Loss-Orders ausgelöst werden. Dadurch gelangt neues, zusätzliches Angebot an den Markt.

Neuer Verkaufsdruck entsteht, der wiederum den Kurs drückt. Dadurch wird die nächste Stop-Loss-Marke ausgelöst und so weiter, bis die Mehrzahl an Stop-Loss-Orders ‘abgeräumt’ ist.

Sie kennen das Prinzip vermutlich aus Ihren verspielten Kindertagen: Man nennt das „Domino-Effekt“ – es reicht ein kleiner Anstoß, um eine große Wirkung zu erzielen.

Sie erraten sicherlich schon, was danach geschieht:

Der Fondsmanager kauft die zuvor abgestoßenen Aktien wieder zurück, und das zu deutlich günstigeren Kursen.

Eine Win-Win-Situation – allerdings nur für Händler und Fondsmanager.

Ach ja: Und der Kurs steigt anschließend natürlich wieder zügig an, weil nun ja die Nachfrage kaum noch auf Angebot trifft.

Die Tücken der Charttechnik

Besonders übel wird diese Masche, wenn die Charttechnik einer Aktie ein Stop-Loss geradezu vorgibt: beispielsweise ein markantes Tief, dass bei Unterschreitung einen Abwärtstrend bestätigt.

Je mehr Investoren sich an einer solchen Chartmarke mit Stop-Loss-Orders aufstellen, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit an einem solchen Punkt ausgestoppt zu werden. Profis sind auf diese Dinge spezialisiert.

Und Sie müssen dann zusehen, wie die Kurse anschließend wieder kräftig ansteigen, obwohl das aus Sicht der Charttechnik eigentlich nicht hätte passieren dürfen.

Mentaler Stop: das Heft des Handelns in der Hand behalten

Ich präferiere auch aus diesem Grund schon seit vielen Jahren den mentalen Stop. Mit ihm umgehen Sie das Problem des Domino-Effektes.

Die Kehrseite ist: Sie müssen selbst das Auslösen des mentalen Stops beobachten und dann selbst aktiv werden und den Verkauf bewerkstelligen.

Ich sehe das indes nicht als Nachteil an:

Denn mit dem mentalen Stop behalten Sie das Heft des Handelns in der eigenen Hand. Hin und wieder zeigt sich nämlich, dass man einer Aktie noch eine zweite Chance geben kann, obwohl sie ausgestoppt wurde.

Oder Sie können entscheiden Ihr Verkaufslimit etwas höher anzusetzen, weil eine technische Gegenbewegung wahrscheinlich erscheint.

Solche Entscheidungen können Sie indes nur bei einem mentalen Stop selbst treffen.