Value-Strategie: Kennzahlen für fortgeschrittene Anleger

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In der Vergangenheit haben wir immer wieder über das wichtige Thema Value-Investing berichtet. Die Value-Strategie ist die Strategie, der Investoren-Legende Warren Buffett, der derzeit drittreichste Mensch der Welt, einen großen Teil seines jahrzehntelangen Erfolges an der Börse zu verdanken hat.

Zu diesem Thema erreichen uns oftmals Fragen – insbesondere dazu, wie Privatanleger selbst die Value-Strategie anwenden und entsprechende Aktien finden können.

Aus diesem Grund behandeln wir hier das Thema Aktienkennzahlen für fortgeschrittene Anleger. Denn diese sind elementare Grundlage für die fundamentale Aktienanalyse – und damit auch zur Umsetzung der Value-Strategie.

Wir beginnen mit der wohl bekanntesten Aktienkennzahl:

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

Das wohl am häufigsten herangezogene Kriterium bei der Aktienbewertung ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es zeigt Ihnen an, mit welchem Vielfachen des Jahresgewinns ein Unternehmen an der Börse bewertet wird.

Richtgröße für ein günstiges KGV ist 10, der Marktdurchschnitt liegt bei rund 15. Qualitätsaktien wie Nestlé kommen sogar auf KGV-Werte von 20.

Ein niedriges KGV ist isoliert betrachtet nicht zwingend ein Kaufargument. Sind die zukünftigen Gewinnaussichten schlecht, oder ist die Verschuldung zu hoch, bietet die Aktie wenig Kurspotenzial.

Hier die Formel, mit der Sie das KGV berechnen können:

Aktienkurs

Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) = ———————

Gewinn je Aktie

Der Gewinn je Aktie wird auch als „EPS“ bezeichnet. EPS steht für „Earnings per Share“ und bedeutet im Deutschen nichts anderes als Gewinn je Aktie.

Wenn Sie diese Größe nicht finden, können Sie den Unternehmensgewinn durch die Anzahl der Aktien dividieren. Der Gewinn je Aktie, den Sie für die Berechnung des KGVs heranziehen, kann sich auf bereits erzielte oder auf erwartete Unternehmensgewinne beziehen.

Sie können also zum Beispiel die 2014 erreichten Gewinne, oder die für 2015 erwarteten Gewinne nehmen. Daher finden Sie in Medien auch unterschiedliche KGV-Angaben.

Das KGV ist in Fachkreisen jedoch nicht unumstritten. Der Grund: Der Jahresüberschuss, also die Grundlage der Berechnung, kann von den Unternehmen in einigen Fällen in die gewünschte Richtung gesteuert werden. Legale Bilanzierungstricks können vom Management genutzt werden, um den Jahresüberschuss zu beeinflussen.

Das Price-Earning to Growth-Ratio (PEG)

Eine Erweiterung des KGVs ist das Price-Earning to Growth-Ratio (PEG). Diese Kennzahl wird auch als Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis bezeichnet. Die Kennzahl setzt das KGV in Relation zum Gewinnwachstum. Die Berechnung sieht wie folgt aus:

Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

PEG = ————————————

Gewinnwachstum

Als Faustformel gilt: Das PEG ist günstig, wenn das KGV niedriger ist als das erwartete Gewinnwachstum (PEG unter 1). Sind KGV und Gewinnwachstum identisch, liegt das PEG bei 1.

Die Überlegung dabei ist: Wenn ein Unternehmen den Gewinn zweistellig steigert, darf es auch höher bewertet sein als ein Unternehmen, das den Gewinn nur leicht steigert.

Als Faustformel gilt: Ein Unternehmen, das den Gewinn um 30% steigert, darf auch ein optisch hohes KGV von 30 besitzen. Wächst das Unternehmen nur langsam, muss das KGV niedriger sein.

Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)

Das KUV setzt die aktuelle Marktkapitalisierung eines Unternehmens (also den Börsenwert aller Aktien) ins Verhältnis zu dessen (Jahres)-Umsatz.

Damit ist der Begriff verwandt mit dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das das Verhältnis von Kurs zu Gewinn des Unternehmens betrachtet. Zur Berechnung des KUV ist folgende Formel anzuwenden:

Kurs einer Aktie

Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) = ———————-

Umsatz je Aktie

Das KUV kann bei Unternehmen mit zyklisch schwankender Umsatzrendite ein besseres Bewertungskriterium sein als das KGV.

Auch in Turnaround- Situationen und bei jungen Unternehmen, die sich noch in der Phase der Anlaufverluste befinden, kann das KUV aussagekräftiger sein als das KGV. In der Regel ist jedoch das KGV aussagekräftiger, da das KUV die Profitabilität der Unternehmen ignoriert.

Zu Zeiten des New-Economy-Booms wurden KUVs dazu herangezogen, die exorbitant hohen Bewertungen von oft unprofitablen Unternehmen zu rechtfertigen. Nach dem Platzen dieser Spekulationsblase hat das KUV als Kennzahl an Einfluss verloren.

Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV)

Ein relativ gutes Bild von der Finanzkraft eines Unternehmens bietet Ihnen der Cashflow. Das ist der Nettozugang an liquiden Mitteln während einer festgelegten Periode; also z. B. in einem Geschäftsjahr.

Sie können den Cashflow berechnen, indem Sie zu dem um außerordentliche Faktoren bereinigten Jahresüberschuss die Abschreibungen auf das Anlagevermögen sowie Veränderungen der langfristigen Rückstellungen addieren.

Gewissermaßen stellt der Cashflow das finanzielle Betriebsergebnis dar. Dies geschieht, indem der Gewinn um Größen bereinigt wird, die nicht zum operativen Geschäft gehören.

Andere Größen, um die der Gewinn im Zuge der Cashflow-Ermittlung bereinigt wird, sind Abschreibungen, Rückstellungen, die Zu- oder Abnahme an Verbindlichkeiten oder die Zu- oder Abnahme an Vorräten und Forderungen.

Das Kurs-Cashflow-Verhältnis setzt den aktuellen Kurs einer Aktie in Relation zum Cashflow und wird wie folgt berechnet:

Aktienkurs

Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV) = ——————–

Cashflow je Aktie

Wie beim KGV gilt: Je niedriger das KCV, desto günstiger ist die Aktie bewertet (wobei stets mehrere

Kennzahlen miteinander verglichen werden sollten). Besonders hellhörig sollten Sie werden, wenn KGV und KCV weit auseinander liegen, oder sich in einer Periode unterschiedlich entwickelt haben.

Das KCV ist weniger anfällig für bilanztechnische Manipulationen als das KGV, denn der Cashflow wird nicht von bilanzpolitischen Maßnahmen (Bildung und Auflösung stiller Reserven oder Veränderung von Zahlungszeiträumen) beeinflusst.

Kombinieren Sie stets mehrere Kennzahlen miteinander

Allerdings ist der Cashflow auf Grund von Stichtagsbetrachtungen des Umlaufvermögens und Investitionszyklen wesentlich stärkeren Schwankungen unterworfen als der Gewinn.

Daher eignet er sich nicht dazu, das Ergebnis eines einzelnen Geschäftsjahres zu bewerten, vielmehr muss er über mehrere Jahre hinweg ermittelt und betrachtet werden.

Fazit: Besonders wichtig ist, dass Sie für Ihre eigenen Analysen stets mehrere Aktienkennzahlen betrachten und sich nicht auf eine einzelne Kennzahl verlassen.