Pflegegrade: Einstufung, Punkte-Tabelle, Geld & Kriterien

Pflegegrade: Einstufung, Punkte-Tabelle, Geld & Kriterien
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Inhaltsverzeichnis

Alle Infos zu den Pflegegraden zusammengefasst

  • Seit 2017 wurden die bis dato gültigen Pflegestufen durch Pflegegrade ersetzt.
  • Der Pflegegrad besagt, wie pflegebedürftig eine Person ist.
  • Kriterien der Pflegebegutachtung sind insbesondere die Selbstversorgung sowie die Mobilität.
  • Je nach Pflegegrad gibt es unterschiedliche Pflegeleistungen, wie zum Beispiel das Pflegegeld und Sachleistungen.
  • Im höchsten Pflegegrad können sich bei der ambulanten Pflege die Sachleistungen auf über 2.000 Euro monatlich belaufen.

In Deutschland gibt es immer mehr Pflegebedürftige, was vor allem am zunehmenden Durchschnittsalter liegt. Dabei existieren teilweise große Unterschiede, wie sich die Beeinträchtigungen im Bereich der Pflegebedürftigkeit darstellen. Unter anderem deshalb wurden die Pflegegrade geschaffen. In unserem Beitrag erfahren Sie zunächst, worum es sich bei einem Pflegegrad handelt. Anschließend gehen wir auf die verschiedenen Pflegegrade ein, wie die Einstufung erfolgt und was die Kriterien zur Pflegebegutachtung sind. Zudem erfahren Sie etwas zum Punktesystem bei den Pflegegraden und welche Leistungen Pflegebedürftige grundsätzlich erhalten.

Was ist ein Pflegegrad?

Beim Pflegegrad handelt es sich um eine Einstufungskategorie im Rahmen einer zu begutachtenden Pflegebedürftigkeit. Je nach Schwere der Pflegebedürftigkeit werden die entsprechenden Personen einem von fünf Pflegegraden zugeordnet. Die Pflegegrade reichen von einer geringen Beeinträchtigung bis zur schwersten Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, was dann der Pflegegrad 5. 

Festgelegt wird die Einstufung in den entsprechenden Pflegegrad seitens des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Das geschieht in der häuslichen Umgebung des Betroffenen.

Was ist der Unterschied zwischen Pflegegrad und Pflegestufe?

Seit der Pflegereform aus dem Jahre 2017 wurden die bis dato gültigen Pflegestufen durch die Pflegegrade ersetzt. Wesentlicher Unterschied ist nun, dass – wie bislang bei den Pflegestufen – zwar körperliche Einschränkungen zu berücksichtigen sind, jedoch jetzt ebenfalls psychische und kognitive, beispielsweise Demenz.

Wie viele Pflegegrade existieren und was beinhalten sie?

Insgesamt gibt es fünf Pflegegrade, die entsprechend mit einer bestimmten Definition versehen sind, die auch die Gutachter berücksichtigen. Die einzelnen Pflegegrade mit der jeweiligen Kennzeichnung stellen sich wie folgt dar:

  • Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die Versorgung

Bei jedem Pflegegrad gibt es einen bestimmten Punkte-Bereich, auf dessen Basis die Einstufung stattfindet. Erreicht der Pflegebedürftige zum Beispiel aufgrund seiner Beeinträchtigungen 50 Punkte, würde er in den Pflegegrad 3 eingestuft werden.

Wie läuft die Beantragung eines Pflegegrades ab?

Der Ablauf – von der Beantragung des Pflegegrades über die Prüfung durch einen Gutachter bis hin zum Erhalt – sieht wie folgt aus:

  1. Gemeinsame Entscheidung über den Antrag auf Pflegeleistungen: Die Entscheidung über den Antrag auf Pflegeleistungen sollte gemeinsam von der pflegebedürftigen Person und ihren Angehörigen getroffen werden. Dazu ist es gut, wenn man auf ein Pflegetagebuch zurückgreifen kann, welches durch die umfassende Dokumentation über erbrachte Pflegeleistungen und Hilfestellungen ein wichtiger Beleg für den Nachweis des tatsächlichen Pflegebedarfs darstellt.
  2. Sie oder Angehöriger stellen einen Antrag auf Pflegeleistungen: Der Antrag auf Pflegeleistungen kann über die zuständige Pflegekasse gestellt werden. Antragsformulare stehen meist auch auf der Homepage der jeweiligen Krankenkasse zum Download bereit. Der Antrag auf Pflegeleistungen sollte möglichst vollständig ausgefüllt und vom Antragsteller oder seinem gesetzlichen Betreuer unterschrieben an die zuständige Pflegekasse geschickt werden.
  3. Den Hausarzt mit einbeziehen: Der behandelnde Arzt sollte am besten in die Beantragung einbezogen werden. Idealerweise ist er zum Begutachtungstermin durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen ebenso dabei wie die Angehörigen des Pflegebedürftigen. Fachkundigen Beistand kann auch der ambulante Pflegedienst leisten oder das zukünftige Pflegeheim.
  4. Medizinischer Dienst der Krankenkassen führt nach Erhalt des Antrages eine Begutachtung durch: Die Pflegekasse beauftragt des Medizinischen Dienst der Krankenkassen oder einen unabhängigen Gutachter mit der Erstellung eines Pflegegutachtens. Der Gutachter vereinbart in der Regel schriftlich einen Termin und erstellt das Gutachten.
  5. Entscheidung des Medizinischen Dienstes als ausführender Gutachter und Einstufung der Person in Pflegegrad 1 bis 5: Der Gutachter übermittelt das Pflegegutachten an die Pflegekasse. Anhand der eingesendeten Unterlagen und dem Gutachten erfolgt die Prüfung und Einstufung in eine Pflegestufe durch die Pflegekasse. Über die Festsetzung der Pflegestufe erlässt die Pflegekasse einen Bescheid.
  6. Erhalt des Bescheids, ob und welcher Pflegegrad bei der betroffenen Person vorliegt: Der Antragsteller erhält das Pflegegutachten mit dem Pflegestufenbescheid übersandt. So hat er die Möglichkeit, die Einschätzung des Gutachters nachzulesen. Wenn er mit dem Ergebnis der Pflegestufenfestsetzung nicht einverstanden ist, kann er bei seiner Pflegekasse innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen.

Was tun, wenn der Pflegegrad zu gering ist?

In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass die Pflegebedürftigkeit vom Gutachter bzw. der Pflegekassen nicht anerkannt wird oder ein zu geringer Pflegegrad angesetzt wird. In diesem Fall haben die Betroffenen beziehungsweise die Angehörigen einen Monat Zeit, einen Widerspruch gegen die Entscheidung der Gutachter einzulegen. Damit der Widerspruch jedoch gelingt, sind gute Gründe anzuführen, die das erste Begutachten der Pflegekassen berücksichtigen.

Wie erfolgt die Einstufung in den Pflegegrad?

Die Einstufung in einen Pflegegrad erfolgt durch die Begutachtung. Hier stellt der Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes fest, inwieweit bei Ihnen Einschränkungen und Beeinträchtigungen bestehen, beispielsweise im Hinblick auf Selbstversorgung, Mobilität und kognitive Fähigkeiten. Durchgeführt werden die Begutachtungen von speziell ausgebildeten Pflegefachkräften oder auch Ärzten. Wichtig ist dabei, dass sich Pflegebedürftige möglichst so verhalten, wie sie es auch im Alltag tun und nicht eventuelle Einschränkungen versuchen herunterzuspielen.

Was sind die Kriterien der Pflegebegutachtung?

Nachdem Sie einen Antrag auf Pflegeleistungen gestellt haben, wird die Pflegebegutachtung durchgeführt. Hier geht es darum, Ihre Fähigkeiten im Hinblick auf vorhandene Selbstständigkeit festzustellen. Es wird demnach von den Pflegekassen geprüft, inwieweit Sie bereits in Ihrem Alltag eingeschränkt sind. Das geschieht nicht nach reinem Ermessen des Medizinischen Dienstes, sondern es gibt festgelegte Kriterien der Pflegebegutachtung mit einer entsprechenden Verpflichtung. Diese lauten wie folgt:

  • Selbstversorgung (40%): Hier geht es darum, wie selbstständig der Pflegebedürftige seinen Alltag noch ausüben kann, beispielsweise im Rahmen der täglichen Pflege.
  • Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen (20%): In diesem Fall wird festgestellt, wie der Pflegebedürftige Mit seiner Krankheit umgeht und ob er Therapie-Vorgaben erfüllen kann.
  • Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte (15%): Hier gilt es die Frage zu klären, wie selbstständig der Pflegebedürftige seinen Tagesablauf noch meistert und auch soziale Kontakte pflegen kann.
  • Mobilität (10%): Die Beurteilung der Mobilität beinhaltet, in welchem Umfang der Pflegebedürftige sich fortbewegt und ob er dazu der Lage ist, seine Körperhaltung eigenständig zu ändern.
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (7,5%): In dieser Kategorie soll die Frage beantwortet werden, inwiefern der Pflegebedürftige psychische Probleme hat, wozu zum Beispiel auch ängstliches Verhalten zählt.
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (7,5%): Die Fähigkeiten werden beinhalten vor allem, wie sich der Pflegebedürftige im Alter noch orientieren kann. Geprüft wird ebenfalls, ob er noch Entscheidungen treffen und Gespräche führen kann.

Wann wird welcher Pflegegrad vergeben?

Welcher Pflegegrad vergeben wird, hängt von den angesammelten Punkten ab, die im Rahmen der Begutachtung festgestellt werden. Je mehr Punkte der Pflegebedürftige erreicht, desto höher ist der entsprechende Pflegegrad. Die Einstufung erfolgt dementsprechend auf einem Punktesystem, welches wir im nächsten Abschnitt benennen möchten.

Punkte-Tabelle zur Einstufung in Pflegegrade

Folgender Tabelle können Sie entnehmen, wie viel Punkte zu welchen Pflegegraden notwendig sind und wie entsprechend der Grad der Selbstständigkeit definiert wird.

Pflegegrad Punkte Grad Selbstständigkeit
112,5 bis unter 27Geringe Beeinträchtigung 
227 bis unter 47,5Erhebliche Beeinträchtigung
347,5 bis unter 70Schwere Beeinträchtigung
470 bis unter 90Schwerste Beeinträchtigung
590 bis 100Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die Versorgung

Welche Leistungen erhalten Pflegebedürftige?

Neben der Einstufung in die Pflegegrade stellt sich oft die Frage, auf welche Leistungen die Person einen Anspruch hat, die in einen Pflegegrad eingestuft wird. Davon hängt dann zum Beispiel ab, wie intensiv die Pflege ist, was die Pflegeversicherung bzw. Pflegekasse an Leistungen zur Verfügung stellt und wie umfangreich der Pflegedienst in der Praxis arbeiten muss. Die entsprechenden Leistungen sind dann von der zuständigen Pflegekasse zu erbringen, wie zum Beispiel Pflegegeld und Pflegesachleistungen. Wir möchten Ihnen im Folgenden die möglichen Leistungen von den Pflegekassen im Rahmen der Pflegegrade vorstellen und kurz erläutern.

  • Pflegegeld: Ab dem Pflegegrad 2 können Angehörige und Betroffene im Rahmen der ambulanten Pflege das Pflegegeld beantragen. Dieses wird insbesondere an Angehörige gezahlt, die eine häusliche Pflege vornehmen.
  • Pflegesachleistungen: Die Pflegesachleistungen werden in Anspruch genommen, wenn ein ambulanter Pflegedienst die Pflege übernimmt. Möglich ist eine Kombination von Pflegedienst mit dem Pflegegeld. Bei den Pflegesachleistungen übernehmen ausgebildeten Pflegekräfte zum Beispiel die Körperpflege und unterstützen die Mobilität.
  • Tages- und Nachtpflege: Ebenfalls zu den Pflegeleistungen zählen die Tages- und Nachtpflege. Damit ist die teilstationäre Pflege gemeint, die teilweise in einer entsprechenden Pflegeeinrichtung stattfindet. Anspruch auf die Tages- und Nachtpflege haben Sie ab dem Pflegekraft 2.
  • Pflegehilfsmittel: Pflegehilfsmittel werden bis zu 40 Euro seitens der Pflegekasse erstattet. Dazu gehören beispielsweise Einmalhandschuhe oder Betteinlagen.
  • Entlastungsbetrag: Im Rahmen der häuslichen Pflege gibt es einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro pro Monat, wenn ein Pflegegrad anerkannt worden ist. Dieser dient vor allem der Finanzierung einer Tages- und Nachtpflege sowie der Kurzzeitpflege.
  • Verhinderungspflege: Ist ein Pflegender für einen gewissen Zeitraum verhindert und kann seine Aufgaben nicht wahrnehmen, gibt es die sogenannte Verhinderungspflege. In dem Fall würden Kosten bis zu rund 1.600 Euro für eine dann notwendige Ersatzpflege erstattet, allerdings maximal für einen Zeitraum von sechs Wochen.
  • Kurzzeitpflege: Im Rahmen der sogenannten Kurzzeitpflege erhalten Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 2 einen Betrag von knapp 1.800 Euro, begrenzt auf eine maximale Dauer von acht Wochen.
  • Umbaumaßnahmen in der Wohnung: Der altersgerechte Umbau der Wohnung wird ebenfalls im Rahmen der Pflegeleistungen berücksichtigt. Bis zu 4.000 Euro werden entsprechend gewährt, wenn ein Anspruch auf einen Pflegegrad existiert.

Welche Leistungen erhalte ich im jeweiligen Pflegegrad?

Der nachfolgenden Tabelle können Sie entnehmen, welche Leistungen Sie je nach Pflegegrad bei den unterschiedlichen Pflegeleistungen von der Pflegeversicherung bzw. den Pflegekassen erwarten können.

 

PflegegradPflegegeld ambulant Pflegesachleistung ambulantTages- und Nachtpflege (teilstationär)Leistung vollstationär Entlastungsbetrag
1125 Euro
2316 Euro724 Euro689 Euro770 Euro125 Euro
3545 Euro1.363 Euro1.298 Euro1.262 Euro125 Euro
4728 Euro1.693 Euro1.612 Euro1.775 Euro125 Euro
5901 Euro2.095 Euro1.995 Euro2.005 Euro125 Euro