Mietschulden: Von der Mietvertragsanfechtung bis zur Lohnpfändung

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Sie wissen sicher: Wenn der Anspruch auf alte Mietforderungen nicht nach drei Jahren verjähren soll, brauchen  Sie einen sogenannten Vollstreckungstitel des Gerichts.

Dann haben Sie 30 Jahre Zeit, die Mietschulden einzutreiben. Dennoch versuchte ein früherer Mieter seiner Vermieterin einen Strick daraus zu drehen, dass sie 13 Jahre lang keinen Vollstreckungsversuch unternommen hatte. Seine Klage wies in letzter Instanz der Bundesgerichtshof ab (Beschluss v. 09.10.13, Az. XII ZR 59/12).

Im entschiedenen Fall hatte der letzte Vollstreckungsversuch in Form einer Wohnungsdurchsuchung 1995 stattgefunden.

Danach ruhte die Angelegenheit, bis die Vermieterin im Jahr 2008 ein Inkassounternehmen mit dem Eintreiben der Mietschuld beauftragte. Prompt zog der Mieter dagegen vor Gericht und machte Verwirkung geltend.

Zum Hintergrund: Anfechtung des Mietvertrags bis zur Lohnpfändung

Ein Vollstreckungstitel aus dem Mietrecht kann in der Tat verwirken, wenn das Verhalten des Vermieters darauf schließen lässt, dass er seine Forderung nicht mehr geltend macht. Dann kann sich der Mieter womöglich darauf verlassen und genießt Vertrauensschutz.

Die Richter allerdings folgten seiner Argumentation nicht. Sie stellten klar: Eine 13-jährige Pause allein reicht nicht, um diese Annahme zu rechtfertigen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Vermieter schon 1997 die Belege durch den Steuerberater hat vernichten lassen und auch die Bank nicht aufforderte, sie zu reproduzieren.

Erst wenn der Vermieter durch weitere Umstände hätte erkennen lassen, dass er seine Forderung nicht mehr vollstrecken lassen würde, wäre der Anspruch verwirkt gewesen.

Fazit: Schon das Vorliegen eines Vollstreckungstitels, der normalerweise erst nach 30 Jahren verjährt, ist ein starkes Indiz für das Interesse des Vermieters, die Mietschulden auch einzutreiben. Sie sollten jedoch im Falle des Falles auf Nummer sicher gehen und von Zeit zu Zeit den Besuch eines Gerichtsvollziehers oder eine Kontopfändung beantragen.

Auch wenn die Aussichten auf Erfolg schlecht sind, können Sie so jedoch eine mögliche Verwirkung verhindern. Mit diesem Vorgehen sind Sie in jedem Falle auf der rechtlich sicheren Seite, falls Ihr Mieter ähnlich gegen Sie vorgehen sollte, wie im beschriebenen Fall.

Insolvenzanfechtung: Zahlungsverzug des Mieters indiziert seine Zahlungsunfähigkeit nicht

Dass die außerordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Mietschulden nicht den Schluss zulässt, dass der Vermieter von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit seines Mieters ausgeht, entschied das Oberlandesgericht in Hamburg im Februar 2011.

Ein Mieter befand sich mit vier Monatsmieten im Rückstand. Er hatte zudem über einen längeren Zeitraum die Mieten nicht annähernd fristgerecht gezahlt. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis wegen der Zahlungsrückstände fristlos. Über einen Gerichtsvollzieher erwirkte er dann später Mietzahlungen des Mieters.

Dieser wurde schließlich zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung veranlasst. Der alsbald eingesetzte Insolvenzverwalter focht die Mietzahlungen an und verlangte vom Vermieter die Rückzahlung der erhaltenen Mieten. Er argumentierte, dass der Vermieter Kenntnis von der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit des Mieters gehabt habe.

Das Gericht wies die Zahlungsklage des Insolvenzverwalters ab, da es eine Kenntnis des Vermieters von einer Gläubigerbenachteiligung durch den Mieter nicht feststellen konnte. Vorliegend handelte es sich lediglich um Mietschulden. Die Zahlungsrückstände des Mieters waren auch nicht so eklatant hoch, dass sie ein Indiz für dessen Zahlungsunfähigkeit gewesen wären.

Der Ausspruch einer fristlosen Kündigung lässt auch nicht den sicheren Schluss auf die Kenntnis des Vermieters von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit seines Mieters zu. Regelmäßig will ein kündigender Vermieter das Mietverhältnis wegen Mietschulden nicht mehr fortsetzen (OLG Hamburg, Urteil v. 25.02.11, Az. 4 U 116/09).

Offene Forderungen: Auch der Vermieter kann für Mietschulden verantwortlich sein

Ein umsichtiger Mieter hatte seinem Vermieter eine Einzugsermächtigung erteilt, damit seine Mietzahlungen pünktlich eingehen. Der Vermieter verkaufte das Mietshaus jedoch zwischenzeitlich. Da der Mieter sich zu dieser Zeit beruflich einige Monate in Süddeutschland aufhielt, nutzte er die Mietwohnung lediglich als Zweitwohnung.

Aus diesem Grunde bemerkte der Mieter nicht, dass der Käufer und neue Vermieter über fünf Monate die Miete nicht eingezogen hatte. Schließlich forderte der neue Vermieter ihn unter Fristsetzung auf, alle Mietschulden auszugleichen. Obwohl der Mieter den Rückstand wenige Tage nach Ablauf der Frist ausglich, kündigte der neue Vermieter das Mietverhältnis.

Das Berliner Kammergericht entschied, dass die Kündigung nicht rechtmäßig war. Nach Ansicht der Richter durfte der Mieter annehmen, dass fällige Mietforderungen nach wie vor per Bankeinzug ausgeglichen würden.

Dass der Mieter seine Kontoauszüge nicht kontrolliert hatte, wurde vom Gericht als unerheblich angesehen. Zu seinen Gunsten musste aber berücksichtigt werden, dass er die offene Forderung insgesamt und in angemessener Zeit ausgeglichen hatte (KG Berlin, Urteil vom 09.06.2008, Az. 8 U 217/07).

Mein Tipp: Bei ausstehenden Mietforderungen sollten Sie, wenn die Zahlungen per Einzugsermächtigung oder Dauerauftrag erfolgen, zunächst bedenken, dass Abwicklungsstörungen die Ursache sein können.

Bei Klärungsbedarf sollten Sie deshalb nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen und abmahnen oder sogar kündigen. Eine freundliche aber bestimmte Erinnerung mit angemessener Frist erhält das gute Verhältnis zum Mieter und klärt die Situation.

Eine Kündigung wegen 25 Cent Mietschulden ist rechtmäßig

In diesem Fall kündigte ein Vermieter seinem Mieter fristlos, weil er sich über längere Zeit im Mietrückstand befand. Der empörte Mieter hielt die anschließende Räumungsklage des Vermieters für nicht rechtmäßig, weil sich sein Rückstand zwischenzeitlicht auf 25 Cent reduziert hatte.

Das Berliner Gericht entschied, dass auch ein geringer Rückstand von ein paar Cent einen Vermieter zur Räumung berechtigen kann. Eine Kündigung ist zulässig, wenn ein Mieter mit seinen Zahlungen an zwei aufeinander folgenden Terminen mit mehr als einer Monatsmiete im Rückstand ist. Ebenso ist eine Kündigung möglich, wenn ein Mieter über einen längeren Zeitraum zwei Monatsmieten oder mehr schuldig bleibt.

Zwar entfällt der Kündigungsgrund, wenn ein Mieter spätestens zwei Monate nach Klageerhebung die Mietschulden ausgleicht. Laut Urteil des Gerichts musste der Mieter seine Wohnung aber räumen, weil er seine Mietschulden auch nach der fristlosen Kündigung nicht vollständig bezahlt hatte. Es waren 25 Cent offen geblieben (AG Tempelhof-Kreuzberg, Az. 15 C 553/06).

Falsche Selbstauskunft über Mietschulden: Fechten Sie den Mietvertrag an

Ein Vermieter verklagte seinen Mieter auf Räumung der Mietwohnung nachdem er den Mietvertrag wegen Täuschung angefochten und zugleich eine fristlose Kündigung erklärt hatte. Hintergrund war, dass der Mieter vor Abschluss des Mietvertrages in seiner schriftlichen Selbstauskunft nicht angegeben hatte, dass er aus dem vorangegangenen Mietverhältnis noch Mietschulden hatte.

Der Mieter wendete gegen den Räumungsanspruch des Vermieters ein, dass eine Frage nach Mietschulden unzulässig ist und deshalb nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden muss. Diesen Einwand des Mieters sahen die Richter des Landgerichts Itzehoe nicht als schlagkräftig an. Die Anfechtung des Vermieters wegen Täuschung durch den Mieter war wirksam.

In der streitgegenständlichen Selbstauskunft hatte der Vermieter nämlich nicht Auskunft über ein früheres Mietverhältnis begehrt, sondern nach Mietschulden gefragt. Diese Frage war berechtigt, weil sie sich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters bezog. Fragen eines zukünftigen Vermieters nach den Einkommensverhältnissen, der Bonität, dem Beruf und dem Familienstand sind grundsätzlich zulässig.

Insbesondere eine Frage nach Mietschulden steht in direktem Zusammenhang mit der Bonität des Mieters. Die wissentlich falsche Auskunft des Mieters hierüber berechtigt den Vermieter zur Anfechtung des Vertrages (LG Itzehoe, Urteil v. 28.03.2008, Az. 9 S 132/07).

Mein Tipp: Dieses Urteil zeigt Ihnen eine Handhabe gegen Mietnomaden auf. Nach der Rechtsprechung einzelner Gerichte dürfen Sie zwar nicht Angaben über frühere Vermieter und Mietverhältnisse fordern. Sie können aber zulässigerweise zukünftige Mieter nach Mietschulden aus früheren Mietverhältnissen fragen.

Lohnpfändung: Nur ein Mietinteressent muss Auskunft erteilen

Ein Vermieter war von seinem Mieter und dessen Arbeitgeber getäuscht worden. Der Vermieter hatte vor Abschluss eines Mietvertrages von einem Mietinteressenten Auskunft über seine finanziellen Verhältnisse verlangt. Sicherheitshalber befragte er auch den Arbeitgeber des potenziellen Mieters über finanzielle Unregelmäßigkeiten und Mietschulden.

Sowohl Mietinteressent als auch Arbeitgeber verschwiegen, dass eine Lohnpfändung vorlag. Kurz nach Beginn des Mietverhältnisses flossen die Mietzahlungen bereits unregelmäßig. Der nachlässige Vermieter erklärte jedoch weder eine Anfechtung noch eine Kündigung