Advent schnappt sich Cobham: Beteiligungsgesellschaft stärkt sich mit britischem Rüstungsriesen
Jetzt ist es amtlich. Die Aktionäre haben auf der Hauptversammlung des britischen Rüstungsgiganten Cobham ihren Daumen gehoben und für die milliardenschwere Übernahme durch den US-Finanzinvestor Advent International gestimmt. Stolze 93% haben ihren Segen für den Deal gegeben. Damit lag die Zustimmung deutlich über der erforderlichen Mindestannahmequote von 75%. Die Cobham-Aktie tangierte die Meldung so gut wie gar nicht. Mit 159 Pence notieren die Papiere weiterhin 3,7% unter dem gebotenen Übernahmepreis.
Advent International legt stolzes Aufgeld auf den Tisch
Der gebotene Preis von 165 Pence je Aktie entspricht einer satten Prämie von 50% auf den durchschnittlichen Dreimonatskurs vor Bekanntwerden des Angebots. Damit wird der britische Rüstungskonzern mit 5 Milliarden Dollar bewertet.
Gründerfamilie und Großaktionär stemmten sich gegen den Deal
Dass der Deal mit so großer Mehrheit abgesegnet wurde, mag den informierten Leser wundern. Immerhin war der Widerstand im Vorfeld der Hauptversammlung groß. Insbesondere Mitglieder der Gründerfamilie hatten die Regierung in London gewarnt, dass der Verkauf die heimische Rüstungsindustrie schwächen würde. Lady Cobham, die Schwiegertochter von Cobhams Gründer Sir Alan Cobham, warf der Regierung vor, seit dem Angebot im Juli ‚mit den Füßen zu treten“. Es wäre eine nationale Schande, wenn dieser Deal ohne jegliche Regierungsintervention durchgeführt werden könnte, sagte sie gegenüber der Tageszeitung Daily Mail.
Zugleich drängte der größte Aktionär, Silchester Interantional Investors, zunächst auf eine höhere Offerte.
Ende der Börsennotiz geplant
Mit der Übernahme von Cobham soll eines der ältesten Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungsunternehmen Großbritanniens von der Börse genommen werden. Die Wurzeln der Gesellschaft liegen mehr als 80 Jahre zurück, als der Gründer Sir Alan Cobham eine wegweisende Luft-Luft-Betankungstechnologie entwickelte.
Das Unternehmen, das als Auftragnehmer für das Verteidigungsministerium und das US-Verteidigungsministerium tätig ist, beschäftigt inzwischen 10.000 Mitarbeiter, davon 1.700 in Großbritannien. Neben Betankungssystemen ist Cobahm vor allem im Bereich der Kommunikationsausrüstung für Militärflugzeuge aktiv. Die Cobahm-Technologie kommt in Flugzeugen wie dem Joint Strike Fighter F-35, dem Eurofighter Typhoon sowie in modernen Marineschiffen, Sateliten und Militärfahrzeugen zum Einsatz.
Eingriff der Regierung in den Deal unwahrscheinlich
Sowohl Cobham als auch Advent haben geltend gemacht, dass die Übernahme keine Auswirkungen auf die nationale Sicherheit hat. Advent argumentiert, dass derzeit nur 5% der Einnahmen von Cobham aus dem Verteidigungsministerium stammen. Dagegen stammen rund 52% des gesamten Konzernumsatzes aus den USA.
Ähnlich sieht auch der unabhängige Verteidigungs- und Luftfahrt- Analyst Howard Wheeldon die Lage. Heute seien nicht weniger als fünf der zehn wichtigsten Lieferanten des Verteidigungsministeriums in ausländischem Besitz, eine Tatsache, die noch nie zuvor Alarmglocken in Bezug auf Souveränität oder Kontrolle ausgelöst habe, so Wheeldon.
Um die Bedenken bezüglich des britischen Geschäfts zu zerstreuen, hat Advent mehrere ‚Absichtserklärungen“ über Forschung und Entwicklung, Hauptsitz und Mitarbeiterzahl abgegeben. Advent befindet sich derzeit in weiteren Gesprächen mit dem Verteidigungsministerium und dem Department for Business, Energy & Industrial Strategy darüber, ob seine Absichtserklärungen konkretisiert und rechtsverbindlich gemacht werden müssen.
Übernahmewelle in Großbritannien setzt sich fort
Das Adventsangebot ist das jüngste in einer Reihe von Übernahmen in Großbritannien. So wurde die traditionsreiche Brauereigruppe Greene King für 4,6 Mrd. GBP an eine Hongkonger Investorengruppe verkauft. Auch der britische Lieferdienst Just Eat unterschrieb vor wenigen Wochen einen Übernahmevertrag mit dem niederländische Bestelldienst Takeaway.com. Der Deal kommt zu einem kritischen Zeitpunkt für die Regierung, die darum kämpft, den Austritt des Landes aus der Europäischen Union zu verhandeln. Das Vereinigte Königreich muss zeigen, dass es offen für die Wirtschaft ist und gleichzeitig seine kritische nationale Infrastruktur und seine Talente schützt. Das dürfte keine leichte Aufgabe werden.