Allfunds-Anleger im Wechselbad der Gefühle
Das ging schnell. Vor wenigen Tagen berichtete ich Ihnen noch über ein mögliche Milliardentransaktion im Finanzsektor. Eigentlich wollte Europas größter Börsenbetreiber Euronext seine führende Position auf dem europäischen Finanzmarkt weiter ausbauen und hat in diesem Zuge der britischen Fondsplattform Allfunds ein Übernahmeangebot auf den Tisch gelegt.
Die Allfunds-Aktionäre freuten sich kurzfristig über einen kräftig gestiegenen Aktienkurs, doch damit ist nun auch schon wieder Schluss. Der paneuropäische Börsenbetreiber Euronext hat einen Rückzieher gemacht und sein indikatives Angebot für die Fondsvertriebsplattform Allfunds wieder zurückgenommen. Damit schickte Euronext die Allfunds-Papiere auf Talfahrt.
Angebot bei 8,75 Euro
Kurz noch einmal zu den Hintergründen: Laut dem indikativen Angebot bot Euronext in Summe 8,75 Euro für jede Allfunds-Aktie. Davon sollte ein Teil in bar (5,69 Euro pro Aktie) und der Rest mit 0,04059 neuen Euronext-Aktien bezahlt werden. In Summe kam das Angebot auf einen Unternehmenswert von 5,52 Milliarden Euro.
Dafür hätte Euronext mit Allfunds und seiner Plattform das größte Fondsvertriebsnetz mit Zugang zum weltweit umfassendsten Universum an Investmentfonds, ETFs und alternativen Anlagen erhalten. Darüber hinaus bietet das Unternehmen u.a. Dienstleistungen in den Bereichen Vermögensverwaltung, Bankgeschäfte und Investitionen an.
Laut eigenen Angaben verwaltet das im Jahr 2000 gegründete Unternehmen ein Vermögen von mehr als 1,3 Milliarden Euro und arbeitet mit fast 3.000 Fondsgruppen zusammen. Im Geschäftsjahr 2022 erwirtschaftete Allfunds einen Nettoumsatz von 494,7 Millionen Euro. Das bereinigte Vorsteuerergebnis lag bei knapp 224,9 Millionen Euro.
Größter Aktionär von Allfunds ist mit 34,3% aktuell der Finanzinvestor Hellman & Friedman, die französische Großbank BNP Paribas hält 12,% . Im Oktober vergangenen Jahres hatte Credit Suisse ihren Anteil von 8,6% verkauft.
Kontrahenten erzielen keine Einigung
Allerdings macht nun der Börsenbetreiber Euronext einen unerwarteten Rückzieher. Nach Angaben von Allfunds hat der Vorstand der Fondsvertriebsplattform die Offerte des Betreibers der Börsen von Amsterdam, Brüssel, Dublin, Lissabon, Mailand, Oslo und Paris als unzureichend empfunden. Trotz der aufgenommen Verhandlungen mit Euronext konnte keine Einigung erzielt werden.
Nun tritt Euronext den geordneten Rückzug an. Detaillierte Begründungen zum dem Rückzieher gab es von Seiten des Börsenbetreibers bislang nicht. Dem Vernehmen nach soll es an Synergiepotenzial gemangelt und Unsicherheiten hinsichtlich des Zeitplans für die Übernahme gegeben haben.
Das sahen auch im Vorfeld einige Analysten so, von denen die strategische Logik in Frage gestellt wurde.
Wie es jetzt weitergeht
Der Allfunds-Aktienkurs reagierte drastisch und rutschte auf 7,14 Euro in den Keller bevor sich der Kurs gestern im Handelsverlauf erholte und mit 7,39 Euro aus dem Handel ging. Damit notieren die Papiere sowohl deutlich unter dem Niveau der zurückgezogenen Offerte (8,75 Euro) als auch spürbar unter dem Emissionskurs. Im November 2021 kam die Aktie zu einem Kurs von 11,50 Euro an die Amsterdamer Börse, was einem Börsenwert von immerhin 7,2 Milliarden Euro entsprach.
Wie es weitergeht, ist noch unklar. Allfunds hätte Euronext dabei geholfen, zu Konkurrenten wie der London Stock Exchange Group und anderen aufzuschließen, die sich vom traditionellen Handel weg in Bereiche wie Daten und Analytik diversifiziert haben. Zudem hätte der Deal das Geschäft von Euronext um eine neue Ebene erweitert, indem es Fondsverwaltungsgesellschaften beim grenzüberschreitenden Verkauf von Fonds und bei der Handhabung komplexer Datenregeln unterstützt hätte.
Der Rückzug von Euronext macht das Feld für andere Interessenten frei. Ob weitere potenzielle Bieter, einschließlich Buyout-Fonds Angebote abgeben, werden wir in den nächsten Wochen sehen.