Biotech: Mainzer Krebsspezialist muss beim Börsengang Abstriche machen

Biotech: Mainzer Krebsspezialist muss beim Börsengang Abstriche machen
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Während das deutsche Biotechnologie-Urgestein Qiagen an der Börse nach einer Prognosekürzung gerade in heftige Turbulenzen geriet, stand am Donnerstag mit Biontech der größte Börsengang eines deutschen Biotechnologieunternehmens bevor. Die Erwartungen an den Mainzer Krebsspezialisten waren entsprechend hoch. Viele Marktteilnehmer erhoffen sich durch den Börsengang eine positive Signalwirkung für andere deutsche Biotech-Firmen.

Biontech kürzt Ausgabepreis zusammen

Doch im Zuge der angeknacksten Stimmung musste Biontech bereits im Vorfeld Abstrich machen, um die Anleger für seine Aktien zu begeistern. So wurden die Aktien zu 15 Dollar und damit deutlich unter der ursprünglich angepeilten Spanne, die bei 18 bis 20 Dollar lag, platziert. Entsprechend verringert sich auch der Emissionserlös auf 150 Millionen Dollar und liegt damit bis zu 100 Millionen Dollar unter der alten Zielspanne.

Trotz der ordentlichen Preiszugeständnisse konnte die Aktie an ihrem ersten Handelstag das Ausgabeniveau nicht halten und beendete die Handelswoche bei 13,82 Dollar. Damit kommen die Mainzer auf einen Börsenwert von knapp 3,2 Milliarden Euro. Für Sie zum Vergleich: Die auf Grund einer Prognosesenkung im Fokus stehende Qiagen bringt es aktuell auf einen Firmenwert von 5,5 Milliarden Euro. Trotz des gesenkten Ausgabepreises erreicht Biontech noch den ersten Platz auf dem Ranking der größten Biotechnologie-Börsengänge in New York der vergangenen 10 Jahre.

Biontech mit revolutionärem Therapie-Ansatz

Hinter Biontech steht eine ambitionierte Forschungs- und Firmenstrategie: Das Mainzer Unternehmen, wurde 2008 vom Krebsforscher Ugur Sahin gegründet und zunächst vor allem von den Münchner Pharmaunternehmern Andreas und Thomas Strüngmann finanziert, die den Generikahersteller Hexal an Novartis verkauft hatten. Dabei hat sich Biontech auf personalisierte Immuntherapien zur Behandlung von Krebs und Infektionskrankheiten spezialisiert.

Der Behandlungsansatz beruht auf dem Verständnis, dass jeder Krebstumor einzigartig ist und daher auch sehr individuell zu behandeln ist. Gerade weil die genetischen Unterschiede einzelner Tumore so groß sind, erzielen viele Therapieansätze bei einzelnen Patienten nicht die gewünschte oder im schlimmsten Fall, sogar gar keine Wirkung.

Pipeline ist dick gefüllt

Die Pipelineübersicht der Mainzer führt aktuell 15 Projekte in der präklinischen Entwicklung auf sowie weitere neun Projekte in Phase I und ein Projekt in Phase II. Diese werden also bereits an Patienten getestet. Insgesamt werden 12 verschiedene Therapieansätze verfolgt.

Mit sieben namhaften Pharma-Playern (Genentech, Sanofi, Genmab, Genevant, Eli Lilly, Bayer und Pfizer) unterhalten die Mainzer Entwicklungsallianzen. Forschungskooperationen gibt es zudem mit der University of Pennsylvania sowie der medizinischen Fakultät der Mainzer Gutenberg-Universität.

Wette auf die Zukunft

Auch wenn der Forschungsansatz hochinteressant und spektakulär ist, ein Selbstläufer ist er nicht. Ob die Technologie auch die gewünschten Erfolge erzielt, wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Bedenken Sie: Sämtliche Projekte befinden sich noch in der Frühphase. Erste Studienergebnisse werden für die zweite Jahreshälfte im kommenden Jahr in Aussicht gestellt. Wenn alles gut läuft, könnten 2021 oder 2022 erste Produkte auf den Markt kommen, so Firmenboss Professor Ugur Sahin.

Forschung verschlingt viel Geld

Bis es soweit ist, verschlingt der revolutionäre Forschungsansatz erst einmal viel Geld. Alleine im ersten Halbjahr 2019 hat Biontech rund 130 Millionen Euro an Cash verbraucht. Der Betriebsverlust stieg im gleichen Zeitraum deutlich auf 91 Millionen Euro. Die Forschungsausgaben verdoppelten sich im Halbjahr auf 110 Millionen Euro und dürften im Gesamtjahr 2019 auf deutlich mehr als 200 Millionen Euro steigen.

Altinvestoren bleiben investiert

Nach dem Börsengang hält der Firmenchef und -gründer Sahin immer noch rund 18% der Anteile. Die bisherigen Mehrheitseigner, die Strüngemann-Brüder, sind mit 48% weiterhin die größten Anteilseigner. Die beiden erfolgreichen Unternehmer machten wiederholt deutlich, dass sie bei Biontech auf Grund der enormen Perspektiven auch langfristig investiert bleiben wollen.