Carnival: Kreuzfahrtbetreiber in Seenot
Kaum eine Branche hat es im Zuge der um sich greifenden Coronavirus-Krise so stark gebeutelt wie die Betreiber von Kreuzfahrtschiffen. Seit Ende Februar rauschten die Aktien des weltgrößten Kreuzfahrtkonzerns Carnival von rund 52 Dollar bis auf zuletzt 8,17 Dollar in den Keller. Damit summieren sich die Verluste für die Anleger seither auf gewaltige 84% innerhalb von nur sechs Wochen.
Carnival im Portrait
Die Ursprünge des Konzerns gehen zurück auf die im Jahr 1972 gegründeten Carnival Cruise Lines. Zwar lief deren erstes Schiff, die Mardi Gras, bereits bei ihrer Jungfernfahrt vor Miami auf Grund. Dieses Missgeschick konnte die Entwicklung des Unternehmens jedoch nicht bremsen. Carnival expandierte nach Zukäufen und einem Börsengang unaufhaltsam. Seit 1993 wird die Firmenbezeichnung Carnival Corporation & plc genutzt, um die Holdingaktivitäten zu bündeln. Die Bezeichnung Carnival Cruise Lines wird dagegen nur für die Kreuzfahrt-Aktivitäten der Gründungsgesellschaft verwendet.
Nach dem Zusammenschluss der Carnival Corporation mit der P&O Princess Cruises plc entstand im Jahr 2003 das weltweit größte Kreuzfahrt-Unternehmen. Unter seinen Marken AIDA Cruises, Carnival Cruise Line, Costa Crociere, Cunard Line, Holland-America Line, P&O Cruises, P&O Cruises Australia, Princess Cruises und Seabourn Cruise Line betreibt es weltweit mehr als 100 Schiffe.
Satte Gewinne in 2019
Lange Zeit lief es ausgesprochen gut für den Betreiber von Kreuzfahrtschiffen. Die zunehmende Beliebtheit der Bootsreisen sorgte für enormen Rückenwind. Seit 2015 kletterten die Umsätze bei Carnival von 15,7 auf 20,8 Milliarden Dollar im zurückliegenden Geschäftsjahr. Mit einem Jahresgewinn von 2,99 Milliarden Dollar erwirtschaftete der Marktführer eine ansehnliche Gewinnspanne von 14,36%.
Coronakrise bringt Kreuzfahrtbetreiber in Bedrängnis
Doch mit der Ausbreitung des Coronavirus erwischte es die komplette Tourismusbranche massiv. Auch dem scheinbar unaufhaltsamen Kreuzfahrt-Boom hat das Virus nun ein jähes Ende bereitet. Viele Reedereien haben mit einer regelrechten Welle an Stornierungen zu kämpfen. Zudem sind die Zukunftsaussichten stark eingetrübt. Wann Reisen vor allem mit vielen Menschen auf engstem Raum wieder möglich sind und ob die Nachfrage schnell zurückkehren wird, ist derzeit kaum zu beantworten.
Dividende wird ausgesetzt….
Daher muss Carnival alles tun, um seine Liquidität zu schonen. Zudem fällt die Möglichkeit weg, an Geld aus dem US-Rettungspaket zu kommen, weil Carnival in Panama eingetragen ist. In einem ersten Schritt geht es der Dividende an den Kragen. Die Ausschüttung wurden ebenso ausgesetzt wie Aktienrückkäufe.
….und frisches Kapital besorgt
Darüber hinaus versucht der Konzern zahlreiche Kanäle anzuzapfen, um an frisches Geld zu kommen. Zum einen sollen neue Anleihen im Volumen von insgesamt 4 Milliarden Dollar ausgegeben werden. Auf Grund des hohen Risikoprofils muss Carnival für die Papiere einen extrem hohen Zinssatz von 11,5% pro Jahr zahlen. Die neuen Anleihen werden durch eine vorrangige Forderung auf die Vermögenswerte des Unternehmens wie Schiffe und geistiges Eigentum besichert und haben eine Laufzeit von drei Jahren.
Zudem will Carnival 500 Millionen Dollar über die Ausgabe von Aktien zu 8 Dollar das Stück (10% unter dem letzten Schlusskurs) und 1,75 Milliarden Dollar über die Ausgabe von Wandelanleihen reinholen.
Investoren sind besorgt
Die Konditionen, die Carnival für das „Notprogramm“ zahlen muss sind immens und zeigen das Misstrauen, dass die Anleger derzeit an den Tag legen. Obwohl Carnival in den vergangenen 10 Jahren Gewinne von über 20 Milliarden Dollar erwirtschaftet hat, zweifeln die Investoren eine schnelle Rückkehr zur Normalität an. Kein Wunder, gehören doch Menschen mit über 70 Jahren zur Kernkundschaft des Konzerns und stellen zugleich die Risikogruppe von Corona dar. Zur Zeit verbrennt Carnival 1 Milliarde Dollar pro Monat. Sollte die Krise also deutlich länger anhalten als geplant, könnte es nicht die letzte Kapitalmaßnahme des Kreuzfahrtbetreibers gewesen sein.