Kein leichtes Jahr für die konjunkturabhängige Papierbranche
Die Papierindustrie gilt als besonders konjunktursensibel.
Umso wichtiger waren die lang ersehnten Nachholeffekte, nachdem die meisten Corona-Beschränkungen im Welthandel zurückgenommen wurden. Jedoch währten die positiven Impulse nicht lange, denn die hohen Logistik- und Frachtpreise belasteten das operative Geschäft. Zudem beklagen Branchenvertreter bereits jetzt zahlreiche Personalausfälle bei Lkw-Fahrern, die größtenteils aus Osteuropa stammen. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Monaten noch verschlechtern.
Besonders dramatisch wirken sich aber die rekordverdächtigen Energiepreise auf die gesamte Branche aus. Durch den militärischen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine notieren die Preise für Öl und Gas auf einem Mehrjahreshoch. Vor allem Gas ist für die Papier- und Verpackungsindustrie überlebenswichtig. Der italienische Branchenverband schlug Alarm, dass die Kosten den Umsatz übersteigen könnten – trotz der hohen Nachfrage und den Verkaufspreiserhöhungen, die von fast allen Unternehmen durchgesetzt werden können. 2022 wird für die Branche kein leichtes Jahr.
Der eigene Wald im Haus
Bei steigenden Rohstoffpreisen ist eine vertikale Integration ein eindeutiger Wettbewerbsvorteil. Das bedeutet, dass Rohstoffe und andere Vorprodukte nicht oder nur eingeschränkt von Zulieferern bezogen werden müssen. In der Papier- und Verpackungsindustrie geht es um Holz und Zellstoff.
Unternehmen, die auch diese Vorprodukte herstellen oder anbauen, stehen auf der Gewinnerseite. So konnten Stora Enso und Svenska Cellulosa von ihren großen Waldbeständen in Ost- und Nordeuropa, aber auch von der eigenen Holzgewinnung und -verarbeitung profitieren.
Auch Int’l Paper konnte mit einer eigenen Zellulose-Gewinnung wichtige Kostenvorteile ausspielen. Alle drei Unternehmen konnten deutliche Gewinnsprünge erzielen. Die Konkurrenten kämpften dagegen mit höheren Kosten. Auch Sappi schaffte es durch sein Zellulose-Geschäft zwar wieder in die Gewinnzone. Ernsthaft überzeugen können die Zahlen aber nicht.
Innovation, Qualität und Nachhaltigkeit
Bei diesen schwierigen Marktumständen kristallisiert sich heraus, welche Unternehmen einen echten Innovationsvorsprung herausgearbeitet haben, der in schlechten Zeiten zu mehr Erfolgen führt. Leider muss ich feststellen, dass die angekündigten Strategiewechsel viel weniger bringen als heraufbeschworen. Auch vermeintlich innovative Produkte führen nicht zu mehr Gewinn. So präsentierte Mayr-Melnhof Karton AG für 2021 gemischte Zahlen. Zwar wurde ein Umsatzplus von mehr als einem Fünftel erzielt. Die vielfach angepriesenen Kartonlösungen konnten aber nur um wenige Prozent zulegen.
Der Wachstumsschub ist im Wesentlichen auf die großen Absatzmengen an verkauftem Papier zurückzuführen, die sogar die sinkenden Verkaufspreise aufwiegen konnten. In den nächsten Monaten könnte sich die operative Entwicklung jedoch verschlechtern, da die Kosten steigen werden.
Insgesamt ist die konjunkturabhängige Branche mit großer Vorsicht zu beobachten.