Sixth Wave Innovations: Die eierlegende Wollmilchsau?
Heute hat der deutsche Leitindex DAX die 10.000-Punkte-Marke zurückerobert. Ich möchte hier im Schlussgong jetzt jedoch nicht auf die Börsenschwergewichte schauen, sondern auf einen möglichen Betrug in der dritten Börsenreihe und Sie ausdrücklich warnen.
Immer wieder gibt es an der Börse Betrügereien mit sogenannten Penny Stocks. Möglicherweise findet auch in diesen Tagen bei bzw. mit der Firma Sixth Wave Innovations Inc. ein solcher Betrug statt. Mehr dazu gleich. Zunächst aber noch einmal allgemein zurück zu den Penny Stocks.
Falls Ihnen der Begriff nicht geläufig ist, hier zunächst einmal eine kurze Erklärung: Unter Penny-Stocks werden Aktien verstanden, die Kurse im Centbereich aufweisen. Das heißt, dass die entsprechenden Aktien an der Börse weniger als beispielsweise 1 Euro oder 1 US-Dollar kosten.
Das suggeriert Anlegern leider vielfach, dass die Aktien besonders billig sind und auch höheres Kurssteigerungspotenzial bieten als Aktien, die an der Börse zum Beispiel 100 Euro oder 100 US-Dollar kosten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Aktie von 10 Cent auf 1 Euro steigt, erscheint deutlich größer als die Wahrscheinlichkeit, dass eine Aktie von 100 auf 1.000 Euro steigt, obwohl die prozentuale Steigerung in beiden Fällen identisch wäre.
Es handelt sich dabei um eine fatale Fehleinschätzung, die schon viele Anleger eine Menge Geld gekostet hat, weil sich Betrüger diesen psychologischen Irrtum zunutze machen. Einen realen Fall möchte ich Ihnen jetzt als abschreckendes Beispiel kurz vorstellen bevor ich zum Schluss noch auf Sixth Wave Innovations eingehe.
Spektakulärer Betrugsfall mit der US-Aktie Cynk
An der New Yorker Wall Street sorgte im Jahr 2014 ein spektakulärer Kursverlauf für Aufsehen. Die Aktie der Firma Cynk legte einen kometenhaften Kursanstieg hin und stieg innerhalb kürzester Zeit von 6 US-Cent auf 21,95 US-Dollar. Das entspricht einer Kurssteigerung von sagenhaften 36.483%.
Der Börsenwert des vormaligen Penny-Stocks war dadurch innerhalb weniger Wochen auf 6 Mrd. US-Dollar gestiegen. Doch dann setzte die amerikanische Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) dem Treiben ein Ende.
Die SEC stoppte den Handel mit der Cynk-Aktie wegen des Verdachts manipulativer Transaktionen. Mit anderen Worten: Die SEC ging davon aus, dass Betrüger am Werk waren. Nachdem der Handel mit der Cynk-Aktie wiederaufgenommen wurde, brach der Aktienkurs schließlich in sich zusammen. Praktisch ein Totalverlust.
Wie und warum die Betrugsmasche mit Penny-Stocks funktioniert
Doch wie konnte der Börsenwert eines Unternehmens mit nur einem einzigen Mitarbeiter, ohne Vermögensgegenstände und ohne Umsatz auf 6 Mrd. US-Dollar steigen?
Ganz einfach: Betrüger haben zwei Dinge getan, die in vielen Anlegern die Gier geweckt haben. Sie haben zunächst gezielt Falschmeldungen verbreitet, in denen suggeriert wurde, dass die Cynk-Aktie vor gigantischen Kurssprüngen stehe.
Im zweiten Schritt haben die Betrüger sich dann selbst mit Cynk-Aktien eingedeckt und dadurch einen ersten Kurssprung ausgelöst. Wie das geht? Bei Aktien, die kaum gehandelt werden (man spricht in dem Zusammenhang auch von marktengen Aktien), reichen schon kleine Nachfrageveränderungen aus, um Kurssprünge zu verursachen.
Anders gesagt: Wenn es kaum Angebot und Nachfrage im Zusammenhag mit einer Aktie gibt, die Nachfrage dann aber plötzlich steigt, steigt auch der Kurs der Aktie dadurch deutlich spürbar. Die Kombination aus Meldungen, in denen gigantische Kursanstiege suggeriert werden, und tatsächlichen ersten Kurssprüngen sorgt dann dafür, dass in vielen Anlegern die Gier geweckt wird.
Ein Blick auf Sixth Wave Innovations
Genau dieses Muster könnte sich jetzt bei Sixth Wave Innovations wiederholen bzw. ein Stück weit schon wiederholt haben. Das Unternehmen meldete am Wochenende, einen Covid-19-Schnelltest entwickelt zu haben, der ähnlich wie ein Schwangerschaftstest funktionieren soll.
Darüber hinaus lancierte Sixth Wave selbst eine Nachricht, in der dieser Schnelltest als Sensation des Jahres bezeichnet wird und für Montag (also heute) ein Kurssprung auf über 1 Euro angekündigt wurde. Auch gibt das Unternehmen ein kurzfristiges Kursziel von 1,50 Euro aus und ein mittelfristiges Kursziel von 3 Euro.
Das ist ein sehr merkwürdiger Vorgang. Ich habe es nur sehr selten erlebt, dass ein Unternehmen für die eigene Aktie derart offensiv solch hohe Kursziele ausgegeben hat und in den Fällen, an die ich mich spontan erinnern kann, steckte letztlich Betrug dahinter. Ob es in dem aktuellen Fall auch so ist, wird sich zeigen. Ich rate aber auf jeden Fall zur Vorsicht.
Und der krönende Abschluss: Das vorher unbekannte kanadische Unternehmen gibt an, nicht nur im Medizin-Bereich in der Corona-Forschung kleine Wunder vollbringen zu können. Auch in den Branchen Gold und Cannabis will das Unternehmen Millionen verdienen. Das war dann der Punkt, der mich zum Lachen brachte. Viele Privatanleger glauben die Geschichte (oder das Märchen?) aber und sorgten heute für ein Kursplus von 200%. Warten wir ab, wer am Ende die Rechnung bezahlt.