Tschechische CZ-Gruppe schnappt sich US-Revolverlegende Colt
Heute kann ich Ihnen über einen spektakulären Deal berichten: Der aufstrebende tschechische Waffenproduzent Česká zbrojovka Group SE (CZG) hat am vergangenen Donnerstag angekündigt, den legendären US-Revolverhersteller Colt Holding Company LLC (Limited Liability Company – US-Rechtsform mit beschränkter Haftung) übernehmen zu wollen.
Eine entsprechende Übernahmevereinbarung sei von beiden Unternehmen unterzeichnet worden, so CZG in einer Pressemitteilung. Zur Muttergesellschaft Colt Holding Company LLC gehören sowohl die Waffenfabriken Colt’s Manufacturing Company in Hartford/Connecticut und Colt Canada in Kitchener/Ontario. Beide Töchter sind Bestandteil des jetzt angekündigten Übernahmen-Deals.
CZG zahlt 195 Mio. Euro in bar und Aktien
Die Tschechen haben sich in der Übernahmevereinbarung bereit erklärt, eine Vorauszahlung von 220 Mio. US-Dollar (USD – etwa 180 Mio. Euro) in bar an Colt zu überweisen. Zusätzlich wird CZG den Kauf mit 1.098.620 neu ausgegebenen CZG-Stammaktien begleichen.
Die CZG-Aktien schlossen am Donnerstag bei 360 Tschechischen Kronen (CZK). Somit beläuft sich der Aktienanteil des Deals auf rund 395,5 Mio. CZK (18,65 Mio. USD bzw. 15,4 Mio. Euro). Insgesamt zahlen die Tschechen knappe 240 Mio. USD bzw. 195 Mio. Euro für die Colt-Übernahme.
Weitere erfolgsabhängige Zahlungen können folgen
Darüber hinaus wurden weitere „Meilenstein-Zahlungen“ vereinbart. So wird CZG bis zu 1.098.620 neue CZG-Stammaktien an die Colt-Eigentümer zahlen, wenn in den Jahren 2021 – 2023 bestimmte Gewinnschwellen erreicht werden.
Die Akquisition soll aus den Barreserven des tschechischen Unternehmens (einschließlich der jüngsten Erlöse aus dem Börsengang sowie einer geplanten Anleiheemission) finanziert werden.
Die beteiligten Unternehmen im Kurzporträt
Die in Prag ansässige Česká zbrojovka Group SE ist einer der führenden europäischen Hersteller von Schusswaffen. Hauptabnehmer der Waffen sind Militär und Polizei sowie Jäger und Sportschützen. CZG vermarktet und vertreibt seine Produkte unter den Marken CZ (Česká zbrojovka; deutsch: Tschechische Waffenwerke), CZ-USA, Dan Wesson, Brno Rifles und 4M Systems.
Das Unternehmen hat Produktionsstätten in der Tschechischen Republik sowie in den USA und beschäftigt rund 1.650 Mitarbeiter in der Tschechischen Republik, den USA und Deutschland.
Das Unternehmen ist erst im vergangenen Oktober 2020 an die Prager Börse gegangen, was der CZG 812 Mio. CZK (38,24 Mio. USD bzw. 31,55 Mio. Euro) einbrachte. Allerdings floppte der Börsengang: Die Tschechen hatten mit wesentlich höheren Einnahmen gerechnet.
Wirtschaftlich gesehen steht CZG aber sehr gut dar: In den ersten 9 Monaten des vergangenen Jahres erzielte die Prager Waffenschmiede einen Rekordumsatz von 5,0 Mrd. CZK (240 Mio. USD bzw. 198 Mio. Euro), ein Anstieg von 10% gegenüber dem Vorjahreswert. Dieser Umsatzsprung war vor allem auf die stark angestiegene Nachfrage auf dem US-Markt zurückzuführen.
Die Colt’s Patent Firearms Manufacturing Company wurde bereits im Jahre1855 durch den legendären Waffenbauer Samuel Colt gegründet. Colt ist heute einer der weltweit führenden Designer, Entwickler und Hersteller von Feuerwaffen.
Das im US-amerikanische Hartford/Connecticut ansässige Traditionsunternehmen ist Lieferant des US-Militärs, exklusiver Lieferant des kanadischen Militärs und verkauft seine Produkte auch an andere Streitkräfte in aller Welt. Das Unternehmen befindet sich in Privatbesitz.
Nach dem Wegbrechen eines Vertrags mit dem US-Militär für das M4-Sturmgewehr im Jahre 2013 geriet der traditionsreiche US-Waffenproduzent in Schwierigkeiten. Das Unternehmen musste in 2015 Insolvenz in Eigenverantwortung anmelden. Der seinerzeit eingeleitete Restrukturierungsprozess war erfolgreich.
CZG will US-Marktanteil weiter ausbauen
Schon heute erzielt die CZ-Group 70% ihres Umsatzes in den USA. Da überrascht es nicht, dass die Tschechen ihr gut florierendes US-Geschäft durch den Zukauf des traditionsreichen US-Unternehmens weiter ausbauen wollen.
„Mit diesem strategischen Schritt wird CZG bedeutende Produktionskapazitäten in den Vereinigten Staaten und Kanada erwerben und seinen globalen Kundenstamm erheblich erweitern“, so die Tschechen in ihrer Pressemitteilung. Laut Lubomír Kovařík, Präsident und Vorsitzender von CZG, werden CZ und Colt zusammen einen Umsatz von über 500 Mio. USD haben.
„Dieser Zusammenschluss ist ein strategischer Schritt für beide Unternehmen. Die Übernahme von Colt, einer ikonischen Marke und einem Maßstab für das Militär, die Strafverfolgungsbehörden und die kommerziellen Märkte weltweit, passt perfekt in unsere Strategie, der führende Hersteller von Feuerwaffen und ein wichtiger Partner für die Streitkräfte zu werden“, so Kovařík weiter.
Kurssprung bei CZG
Nachdem die Übernahme am Donnerstagnachmittag bekannt gegeben worden war, zog der Kurs der CZG-Aktie am Freitag deutlich an. So lag der freitägliche Eröffnungskurs mit 392 CZK um satte 8,3% höher als der Schlusskurs des Vortags.
Im Laufe des Börsentags ließ der Kurs jedoch wieder nach und ging mit einem Plus von immerhin noch 3,3% aus dem Handel. Dieser Kursanstieg zeigt, dass die Investoren den Kauf von Colt begrüßen und darin auch ein Entwicklungspotenzial für den tschechischen Waffenproduzenten sehen.
Der Deal bedarf noch der Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörden. Die Transaktion soll voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 abgeschlossen werden.