Übernahmefieber lässt US-Versicherungsaktien anspringen
Zwei Megadeals im Versicherungssektor haben die Phantasie der Anleger belebt und für festere Kurse gesorgt. Der Private Equity-Riese KKR will die ehemalige Lebensversicherungseinheit von Goldman Sachs für 4,4 Milliarden Dollar schlucken. Mit der Transaktion beschreitet die von Henry Kravis gegründete Übernahmefirma den Weg, den der Rivalen Apollo Global Management bereits eingeschlagen hat. Apollo Global Management war die erste Private Equity-Firma, die mit der Gründung des Lebensversicherers Athene Holding im Jahr 2009 in den Versicherungsbereich einstieg.
Der zweite Deal, auf den ich heute näher eingehen möchte, ist nicht weniger spektakulär. Der große amerikanische Sachversicherer Allstate legt eine Offerte für seinen New Yorker Rivalen National General Holdings auf den Tisch. Kostenpunkt: 4 Milliarden Dollar in bar.
Übernahme mit 64% Aufschlag
Die Übernahme hat es in sich. Allstate bietet nämlich 34,50 Dollar je National General Holdings-Aktie. Das ist ein Aufschlag von 64% auf den Schlusskurs vor der Bekanntgabe der Offerte. Entsprechend stark fielen die Reaktion bei den Aktien aus. Während die Allstate-Papiere fast 5% in den Keller rutschten, haussierte die Aktie von National General und schoss um 65,8% in die Höhe. Bei einem Schlusskurs von 33,84 Dollar am Mittwoch Abend notierte die Aktie sogar leicht über dem Niveau des Angebots.
Finanziert werden soll die 4 Milliarden Dollar schwere Barübernahme durch die vorhandene Liquidität und gegebenenfalls durch die Ausgabe von Anleihen.
Sachversicherungen im Visier
Allstate selbst ist einer der führenden amerikanischen Anbieter von Automobil- und Hausratsversicherungen. Bei einem Umsatz von 44,67 Milliarden Dollar im zurückliegenden Geschäftsjahr erzielte der Konzern einen Reingewinn von 4,84 Milliarden Dollar.
Mit dem Zukauf stärkt der Versicherungskonzern seinen Marktanteil im Bereich der Privathaftpflicht und erweitert seinen Vertrieb über unabhängige Versicherungsvertreter massiv. National General hat etwa 42.300 unabhängige Agenten. Das Unternehmen geht auf das Jahr 1939 zurück und gehörte einst zu General Motors, als es unter dem Namen GMAC Insurance bekannt war. Im Jahr 2013 änderte es seinen Namen in National General.
Unter dem Strich dürfte die Prämieneinnahmen im Privatkundengeschäft durch den Deal um 4 Milliarden Dollar nach oben klettern. Entsprechend würde sich der Marktanteil um 1% auf 10% erhöhen. Insgesamt kam National General, die für nicht-standardisierte Autopolicen bekannt ist, im vergangenen Jahr auf Prämieneinnahmen von 5,6 Milliarden Dollar. Allstate wies für das gesamte Sachversicherungsgeschäft 36,1 Milliarden Dollar Prämieneinnahmen aus.
Deal-Wahrscheinlichkeit ist hoch
Die Kursreaktion zeigt Ihnen, dass die Anleger stark davon ausgehen, dass der Deal auch durchgeht. Immerhin notiert der Kurs bereits über dem eigentlichen Kaufpreis. Auch objektiv betrachtet sollte es nicht allzuviele Hürden geben. Das Aufsichtsgremium von National General hat bereits zugestimmt. Und auch der Michael Dell (Firmengründer von Dell), der über seine private Investmentgesellschaft 7,4% aller National General-Aktien hält, hat öffentlich bereits die Transaktion befürwortet.
Nicht zuletzt der hohe Kursaufschlag in Covid 19-Zeiten erscheint für die Anleger attraktiv. Der Wirtschaftseinbruch hinterlässt auch bei den Versicherungskonzern seine Spuren, was sich bereits in den Kursen wiederspiegelt. An den Allstate-Papieren ging die jüngste Erholungsrally ziemlich vorbei. Seit dem Jahreswechsel liegt die Aktie noch gut ein Fünftel in der Verlustzone. Deutlich besser sieht es da bei dem Objekt der Begierde, National General, aus. Mit der Übernahmeofferte im Rücken liegt die Aktie seit dem Jahreswechsel mehr als 50% in der Gewinnzone.