Berkshire Hathaway: Warren Buffett (92) und Charlie Munger (99) machen weiter

Am ersten Wochenende im Mai findet alljährlich die Hauptversammlung der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway des wohl berühmtesten und erfolgreichsten Value-Investors Warren Buffett in Omaha, Nebraska statt. Seit rund 20 Jahren pilgert der GeVestor-Verlag zum „Woodstock der Kapitalisten“. Auch in diesem Jahr waren mehrere Chef-Redakteure live vor Ort und haben die wichtigsten Informationen für Sie zusammengetragen. Hier ihre ersten Kurz-Einschätzungen:
Rolf Morrien: Erstklassige Quartalszahlen sorgen für Freude
Warren Buffett sorgte direkt zu Beginn der Berkshire-Hathaway-Hauptversammlung für gute Stimmung in der Halle und konnte den rund 40.000 Aktionären erstklassige Quartalszahlen verkünden. In den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres 2023 verdiente die Beteiligungsgesellschaft operativ 8,065 Mrd. US-Dollar. Damit wurde der Vorjahreswert von 7,160 Mrd. US-Dollar deutlich übertroffen.
Noch stolzer war Buffett auf die positive Entwicklung des Eigenkapitals. Von Ende Dezember 2022 bis Ende März 2023 stieg das Eigenkapital von 473 auf 504 Mrd. US-Dollar. Ein Eigenkapital (Substanzwert) in dieser Größenordnung ist sogar in den USA einmalig. Daher verwies Buffett darauf, dass Investoren, die Berkshire-Aktie kaufen, ein einmaliges Paket erwerben. Sie erhalten eine klare Strategie (Value Investing), erstklassige Manager und einen rekordhohen Substanzwert (Eigenkapital). Der hohe Substanzwert sichert den Aktienkurs auch in schlechten Zeiten ab.
Damit spielt Buffett auch indirekt auf das hohe Alter der Führungsspitze an. Buffett ist mit 92 Jahren der „Jungspund“, sein kongenialer Partner Charlie Munger ist mit stolzen 99 Jahren der Senior an der Berkshire-Spitze. Es ist also absehbar, dass die beiden Börsen-Legenden das Unternehmen nicht mehr 10 Jahre führen werden. Nach dem Abgang bleibt aber die Anlage-Philosophie, die jeder Berkshire-Mitarbeiter und -Manager eingeatmet hat und der gigantische Substanzwert von zur Zeit über 500 Mrd. US-Dollar – Tendenz steigend.
Ein anderer wichtiger Punkt auf der Hauptversammlung war die riesige Cash-Reserve von rund 130 Mrd. US-Dollar. Buffett betonte, dass er bereit sei für die nächste große Elefanten-Jagd – darunter versteht er besonders große Übernahmen. Laut Buffett könne Berkshire jede Übernahme schnell und ohne Banken-Hilfe meistern – egal, ob das Ziel-Unternehmen 15 oder 100 Mrd. US-Dollar kostet.
In den vergangenen Monaten ist Buffett in Japan auf Einkaufstour gegangen. Da er an sich heimische US-Unternehmen bevorzugt, war das eine Überraschung. Die Investitions-Offensive in Japan zeigt aber, dass der Berkshire-Chef noch immer für Überraschungen und neue Ideen offen ist, wenn er einen günstigen Value-Deal entdeckt.
Tobias Schöneich: KI als großes Thema der Hauptversammlung
Im Anschluss an die Präsentation der Zahlen zum 1. Quartal des laufenden Jahres startete wie immer die Frage-und-Antwort-Session mit Warren Buffett und Charlie Munger. Es gab zunächst einige Fragen rund um das Thema künstliche Intelligenz (KI). Buffett und Munger wurden gefragt, wie KI im Speziellen und technologischer Wandel im Allgemeinen Value Investing beeinflusst. Buffett hat 1942 seine erste Aktie gekauft und die Welt hat sich seither erheblich verändert – Value Investing hingegen nicht. Er betonte, dass sich Chancen weiterhin vor allem dadurch ergeben würden, dass Menschen dumme Dinge tun.
Auch zeigte sich, dass Buffett Optimist ist und bleibt. Er sagte, er würde gerne heute und in den USA noch einmal geboren werden. Das zeigt: Das Orakel aus Omaha, wie er häufig genannt wird, sieht die Welt von heute und die Zukunft wesentlich weniger problematisch als viele andere Menschen. Diese Äußerung hat er in ähnlicher Weise aber auch schon auf früheren Hauptversammlungen getätigt. Etwas später wurde Buffett dann noch gefragt, was der härteste Part seines Jobs sei. Die Antwort: Nichts! Er betonte, dass er seinen Job nach wie vor liebe und dass Munger und er nichts machen müssen, was sie nicht wollten bzw. von dem sie nicht überzeugt sind.
Mit Blick auf die Berkshire-Hathaway-Aktie äußerte er noch, dass er diese derzeit für unterbewertet hält. Daher kaufen Buffett und Munger auch weiter fleißig Berkshire-Aktien zurück und ziehen diese aus dem Verkehr, wodurch der Anteil der Berkshire-Aktionäre am Unternehmen immer weiter steigt, ohne dass diese zusätzliche Aktien erwerben müssten. Allein zwischen 2019 und 2022 verringerte sich der Anteil der A-Aktien (Äquivalent) von Berkshire von knapp 1,63 auf rund 1,46 Mio. Stücke. Da Berkshire zuletzt noch rund 130 Mrd. US-Dollar an Cash in der Kasse hatte, steht weiteren Aktienrückkäufen nichts im Wege. Darüber hinaus sind Buffett und Munger damit jederzeit handlungsfähig, wenn es um Übernahmen geht.
Janne Jörg Kipp: Munger erwartet keinen Bankencrash
Eine wesentliche Sorge des Auditoriums galt dem möglichen Bankencrash. Buffett und Munger skizzierten das Drama um die Silicon Valley Bank aus Kalifornien, die wegen der steigenden Zinsen am Markt zahlreiche Kunden verloren und nach wenigen Stunden faktisch nicht mehr zahlungsfähig war. Die Situation sei ernst, aber einen Bankencrash erwarte er nicht – auf keinen Fall, so Charlie Munger. Berkshire Hathaway wird diesen Fall nicht vorbereiten und an der Anlagestrategie nichts ändern.
Bei steigenden Zinsen sei es auf der anderen Seite gut möglich, dass die Konjunktur Schlagseite erhalte, führten die beiden aus. Davon jedoch lassen sich Buffett und Munger ohnehin traditionell nicht beeindrucken.
Auch die künstliche Intelligenz, die sich ändernde Welt, bereitet den beiden Großmeistern offenbar keine Sorge. AI oder KI lasse sich in der Industrie sinnvoll einsetzen, die Produktivität steige. Für Geldanleger jedoch ändere sich nichts. Menschliche Intelligenz sei der künstlichen Intelligenz in Fragen der Geldanlage weit überlegen, so Munger. Weder für Buffett noch für Munger – und damit letztlich auch für alle Value-Investoren – ergeben sich zwar veränderte Rahmenbedingungen, aber keine Anlagekonsequenzen.
Einen etwas größeren Abschnitt schließlich widmeten Buffett und auch der nun 99jährige Munger der wohl nachhaltigsten Problematik: der Klimakrise. Viel Kritik stecken die beiden dafür ein, dass sie in fossile Energieunternehmen wie Occidental Petroleum oder Chevron investieren. Den Anteil an Occidental Petroleum erhöhte Berkshire Hathaway zuletzt zudem auf etwa 20 %. Tatsächlich sehen auch Buffett und Munger die Herausforderungen der Energietrendwende. Was Kritiker nicht wissen: Unternehmen wie Occidental Petroleum werden künftig auch Geld mit neuen Energie-Technologien verdienen – hier etwa mit Ventilatoren, die CO-2 direkt der Luft entnehmen. Berkshire Hathaway ist also auch auf die Zukunft ausgerichtet – mit Buffett und Munger, die beide den Eindruck hinterließen, auch im kommenden Geschäftsjahr wieder an vorderster Front für Value-Investoren dieser Welt zu stehen.