Chemiewerte unter Druck: Branchenverband schlägt Alarm
Die deutsche Chemie- und Pharmabranche schlägt an diesem Freitag Alarm – und korrigiert die ohnehin schon schwache Jahresprognose noch einmal kräftig nach unten.
Branchenverband: Schwache Prognose nach unten korrigiert
Bislang war der Verband der Chemischen Industrie (VCI) für das laufende Jahr mit einem Produktionsrückgang um 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr ausgegangen und hatte mit Umsatzeinbußen von 7 Prozent gerechnet. Doch die Großwetterlage für die Branche sieht nun düsterer aus als zunächst angenommen.
So rechnet der Branchenverband nunmehr mit einem Produktionseinbruch um 8 Prozent in der Chemie- und Pharmabranche, wobei die Chemie allein besonders hart getroffen werden dürfte: Hier geht der Verband von einem Produktionsrückgang um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus. Beim Umsatzrückgang prognostiziert der VCI nun einen Rückgang um branchenweit 14 Prozent und allein in der Chemie um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Konjunkturentwicklung belastet Chemieindustrie
Die Unternehmen aus der chemischen Industrie sind besonders stark konjunkturabhängig, da sie für zahlreiche andere Wirtschaftszweige als Zulieferer dienen, unter anderem für die Autohersteller, die Baubranche oder auch Konsumgüter. Die Konjunktur allerdings schwächelt bekanntermaßen, zum Jahresauftakt war die deutsche Wirtschaft sogar in eine technische Rezession abgerutscht. Davon sprechen Ökonomen bei einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen.
Doch die Konjunktursensibilität ist nicht die einzige Herausforderung, mit der sich die Chemie- und Pharmaindustrie in diesem Jahr konfrontiert sind. Auch die Energiepreise machen den Unternehmen zu schaffen: Im Industrieverbrauch beim Gas entfällt fast ein Drittel auf die Branche, die das Gas sowohl als Energiequelle als auch als Rohstoff zur Weiterverarbeitung benötigt.
Gasabhängigkeit belastete zusätzlich
Zwar hat sich die Preisentwicklung zuletzt wieder etwas entspannt, doch die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine und des damit verbundenen Lieferstopps von russischem Gas nach Deutschland setzt die Chemiekonzerne weiterhin unter Druck.
Bereits das erste Halbjahr brachte mehr Schatten als Lichtblicke hervor. In den ersten 6 Monaten 2023 sank die Produktion der Chemie- und Pharmabranche gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 10,5 Prozent und auch beim Umsatz zeichnete sich mit 11,5 Prozent bereits ein deutlicher Einbruch ab. Mit einer Erholung in der zweiten Jahreshälfte rechnet in der Branche kaum jemand.
Aktien unter Druck: Anleger schicken Chemiewerte auf Talfahrt
Entsprechend alarmiert reagierten am Freitag auch die Anleger am Frankfurter Börsenparkett auf den Branchenbericht und schickten Chemiewerte auf breiter Front ins Minus. Bis zum Nachmittag gaben Anteilsscheine von BASF um 0,6 Prozent nach, Bayer rutschte um mehr als 1 Prozent ins Minus und Merck zählte mit einem Abschlag von 1,4 Prozent zu den schwächsten Titeln im Dax.
Auch insgesamt geriet der Leitindex zum Wochenausklang unter Druck. Anfängliche Verluste konnten zwar im Tagesverlauf eingedämmt werden, am Nachmittag notierte der Dax aber dennoch rund 0,3 Prozent im Minus.