Geschäftsberichte: So werten Sie die Bilanz richtig aus

Inhaltsverzeichnis

Geschäftsberichte geben Ihnen einen guten Blick in die Bilanzen von Unternehmen. GeVestor zeigt Ihnen, wie Sie die Bilanz richtig analysieren und werten.

Auf einen Blick: Die wichtigsten Bestandteile eines Geschäftsberichts

  • Lagebericht

In diesem Teil legt das Management Rechenschaft über das abgelaufene Geschäftsjahr ab.

Außerdem gibt es einen mittel- bis langfristigen Ausblick auf das geplante unternehmerische Handeln.

  • Bilanz

In der Bilanz werden Herkunft und Verwendung des dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Geldes einander gegenübergestellt.

Aus ihr geht hervor, wie das Unternehmen wirtschaftlich dasteht.

  • Gewinn- und Verlustrechnung

Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) sagt aus, wie gut das Unternehmen im zurückliegenden Geschäftsjahr gewirtschaftet hat.

Vor allem für den kurzfristig orientierten Anleger ist der Gewinn ein entscheidendes Kriterium.

  • Kapitalflussrechnung

Die Kapitalfluss- oder Cashflow-Rechnung verdeutlicht die Geldströme im Unternehmen.

Hier wird deutlich, wie erfolgreich eine Gesellschaft ihr Kerngeschäft betrieben hat, wie klug sie investiert hat und wie sie mit dem zur Verfügung stehenden Geld umgegangen ist.

Beispiel für eine Bilanz (Adidas 2005)

AktivseitePassivseite
Kurzfristige Aktiva (bis 3 Monate)4367 Mio. €Kurzfristige Passiva1790 Mio. €
Langfristige Aktive (über 3 Monate)1384 Mio. €Langfristige Passiva1248 Mio. €
Gesamtes Eigenkapital2712 Mio. €
Aktiva gesamt5750 Mio. €Passiva gesamt5750 Mio. €

Beispiel: Bei Adidas liegt die Relation bei 2.712 Mio. € / 5.750 Mio. €, also bei rund 47,5% – ein recht gesundes Verhältnis.

Im Jahr 2004 waren es 35,2%. Mit Skepsis sollten Sie grundsätzlich alle Unternehmen betrachten, bei denen die Eigenkapitalquote über mehrere Jahre hinweg unter 20% liegt.

Auch den Deckungsgrad sollten Sie bei Ihrer Unternehmens-Betrachtung berücksichtigen. Er sagt aus, ob das Anlagevermögen (langfristige Aktiva) des Konzerns durch das Eigenkapital abgedeckt wird.

Berechnet wird die Quote mit der simplen Formel Eigenkapital geteilt durch Anlagevermögen. Ist die Relation größer als 1, so spricht das für das Unternehmen.

Beispiel Adidas: Hier liegt das Verhältnis bei knapp 2 (2.712 / 1.384 = 1,96), also ein sehr guter Wert.

Eine weitere wichtige Kennzahl der Bilanzanalyse ist der Liquiditätsgrad. Setzen Sie zur Berechnung die liquiden Mittel und die kurzfristigen Anlagen ins Verhältnis zum kurzfristigen Fremdkapital.

Faustformel: Ist das Ergebnis größer als 1, so sind die kurzfristigen Schulden gedeckt.

Beispiel Adidas: Die kurzfristigen Aktiva belaufen sich auf 4.367 Mio. €, die kurzfristigen Passiva auf 1.790 Mio. €. Die Relation liegt damit bei rund 2,44 – ein ausgezeichneter Wert.

Gewinn oder Verlust? So rentabel arbeitet das Unternehmen

Die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) zeigt Ihnen, wie das Unternehmen mit seinem Vermögen gewirtschaftet hat und wie sich Umsatz und Gewinn im Vergleich zum Vorjahr entwickelt haben.

Beispiel für eine Gewinn- und Verlustrechnung (Adidas)

Aus dem Umsatz wird der Jahresüberschuss in mehreren Zwischenschritten ermittelt:

  • Schritt 1: Berechnung Bruttoergebnis

Umsatz abzüglich Umsatzkosten führen zum Roh- oder Bruttoergebnis. Setzt man sie ins Verhältnis zu den Gesamterlösen, so ergibt sich die Bruttomarge oder „gross margin“.

Bei Adidas beträgt sie 3.179 / 6.636 = 48,18% – ein guter Wert; was daran liegt, dass Adidas für die Produktion keine teuren Maschinen oder Vorprodukte benötigt.

  • Schritt 2: Berechnung Betriebsergebnis

Zur Berechnung des Betriebsergebnisses ziehen Sie von dieser Zahl Vertriebs-, Werbe- und Verwaltungskosten ab.

Das sind die Summen, die nicht einzelnen Produkten oder Leistungen direkt zugerechnet werden können, sondern weitgehend unabhängig von der Zahl der hergestellten Artikel sind.

  • Schritt 3: Berechnung Gewinn vor Steuern
  • Aus dem Betriebsergebnis wird das Finanzergebnis herausgerechnet, das sich aus Zinsaufwendungen, etwa für Kredite, und Zinserträgen für investiertes Geld zusammensetzt. Das Ergebnis ist der Gewinn vor Steuern.
  • Schritt 4: Berechnung Gewinn aus fortgeführtem Geschäft

Nun müssen – rechnerisch – die Ertragssteuern abgeführt werden. Ergebnis ist in der Regel der Nachsteuergewinn, auch als Jahresüberschuss bezeichnet.

Bei Adidas ergibt sich allerdings durch den Verkauf der Sparte Salomon eine Besonderheit. Aus diesem Grund muss erst das Ergebnis aus fortgeführtem Geschäft ermittelt werden, bevor der Jahresüberschuss errechnet werden kann.

  • Schritt 5: Berechnung Jahresüberschuss

Vom Ergebnis aus dem fortgeführten Geschäft wird der Gewinn aus dem nicht fortgeführten Geschäft (Sparte Salomon) herausgerechnet. Ergebnis ist der Jahresüberschuss.

So werten Sie die Gewinn- und Verlustrechnung richtig aus

Auch die Gewinn- und Verlustrechnung hilft Ihnen natürlich, ein Unternehmen zu bewerten. Im Folgenden zeigt Ihnen der „Geldanlage-Berater“ an den GuV-Zahlen von Adidas, wie Sie die wichtigsten Kennzahlen selbst berechnen können:

  • Umsatzrendite

Sie gibt an, wie das Verhältnis von Gewinn zu Umsatz ausfällt. Teilen Sie einfach den Jahresüberschuss durch den Umsatz, und Sie erhalten die Umsatzrendite, die umso attraktiver ist, je höher sie ausfällt.

Im Beispiel Adidas kommen wir auf einen Wert von 390 Mio. € Jahresüberschuss zu 6.636 Mio. € Umsatz, also knapp 5,9%. Alles über 5% ist ein relativ guter Wert.

2-stellige Umsatzrenditen erwirtschaften in der Regel nur Unternehmen, die eine sehr starke Position innerhalb des Marktes besitzen.

  • Eigenkapitalrendite

Interessant ist die Relation zwischen Jahresüberschuss und Börsenwert. Man bezeichnet diese Verhältnis auch als Return on Equity.

Sie sollte deutlich über der am Geldmarkt erzielbaren Zinsquote liegen – und das im Idealfall über Jahre hinweg.

Im Beispiel Adidas liegt das Verhältnis bei 390 Mio. € Gewinn zu 204.496.860 Anteilsscheinen mal 37,75 € (Kurs am 31.12.2005), also einem Marktwert von knapp 7.700 Mio. €.

Damit beträgt die Eigenkapitalrendite rund 5,1%, also etwa die doppelte Rendite, die aktuell risikolos auf dem Geldmarkt zu verdienen ist – ebenfalls ein guter Wert.

Dabei setzen Sie den Jahresgewinn ins Verhältnis zur Passivseite der Bilanz. Damit gehen Sie der Frage auf den Grund, was das Unternehmen mit dem zur Verfügung stehenden Geld erwirtschaftet.

Auch hier ist ein höherer Wert stets attraktiver als ein niedriger. Die Gesamtkapitalrendite wird auch als Return on Investment bezeichnet.

  • Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV)

Diese Kennzahl ist bei Anlegern besonders beliebt, eignet sich allerdings nur bedingt als Maßstab, da sie höchstens innerhalb einzelner Branchen als aussagekräftiger Vergleich herangezogen werden kann.

Verwenden Sie den aktuellen Kurs der Aktie, nicht den Kurs zum Jahresende, den Sie in Geschäftsberichten finden.

„Geldanlage-Berater“-Tipp: Ziehen Sie zum Vergleich entweder Konkurrenz-Unternehmen oder noch besser spezielle Branchenindizes wie den „Prime Retail“ für den Einzelhandel bzw. den „Dow Jones Euro-Stoxx Technology“ für Hochtechnologie-Unternehmen heran.

Vergleichen Sie dabei das KGV des jeweiligen Unternehmens mit dem Branchen-KGV.