Lebensversicherungsreform: 4 Regeln zum Vermeiden von Verlusten

Inhaltsverzeichnis

„Die Reform der Lebensversicherungen bedeutet Einschnitte bei Verbrauchern.“ So war es in vielen Medien zu lesen, als das Gesetz zur Reform der Lebensversicherungen am 7. August 2014 in Kraft trat.

Ganz so schlimm ist es aber nicht gekommen. Alles in allem sind die neuen Regeln ausgewogen. Lesen Sie hier, welche neuen Regeln jetzt gelten wie Sie Verluste und unrentable Policen vermeiden.

Die Reform: Welche Regeln Sie kennen müssen

Welche Policen sind von der Reform betroffen? Es geht hier nur um Kapitallebensversicherungen, also Lebensversicherungen, die bei Fälligkeit eine Auszahlung leisten. Ebenfalls unter die Reform fallen private Rentenversicherungen.

Dagegen sind Risikolebensversicherungen, die nur im Todesfall leisten, von dieser Reform nicht betroffen.

Regel Nr. 1: Weniger Beteiligung an Bewertungsreserven

Versicherungskunden bekommen künftig womöglich weniger als die Hälfte der Bewertungsreserven für Staatsanleihen. Das bedeutet: Ein Versicherer legt den größten Teil des eingezahlten Geldes für Sie an, kauft davon also beispielsweise Aktien, Immobilien und Staatsanleihen.

Gerade die Staatsanleihen machen dabei einen großen Teil der Investments aus. Hier gibt es aber während der gesamten Laufzeit meist einen Unterschied zwischen dem Nominalwert (Nennwert) und dem tatsächlichen Kurswert des Papiers. Was heißt das?

  • Der Nominalwert ist der Wert, zu dem die Staatsanleihe bei Emission gekauft werden kann und der bei Fälligkeit wieder an den Investoren ausgezahlt wird.Mit diesem Wert wird jede Staatsanleihe, die ein Versicherer kauft, in seine Bilanzaufgenommen.
  • Der tatsächliche Kurswert von Staatsanleihen richtet sich aber nach Angebot und Nachfrage. Derzeit sind gerade ältere Staatsanleihen sehr gefragt, weil sie deutlich mehr an Zinsen abwerfen als erst jüngst emittierte Papiere. Folglich notiertihr Kurswert über dem Nominalwert. Wenn Sie die Differenz zwischen Nominalwert (in der Bilanz) und Kurswert (aktuell) bilden, haben Sie die sogenannten Bewertungsreserven. Nach früherem Recht mussten die Versicherer mindestens die Hälfte davon den Kunden gutschreiben.

Das Problem dabei: Diese Bewertungsreserven schrumpfen auf Null zusammen, wenn ein Versicherer die betreffende Staatsanleihe bis zum Ende ihrer Laufzeit hält. Denn zurückgezahlt wird nun einmal nur der Nominalwert und nicht mehr.

Zu positiven Bewertungsreserven kommt es außerdem vor allem in Niedrigzinsphasen – also in Zeiten mit (sehr) niedrigen Leitzinsen. So wie jetzt. Deshalb erlaubt der Gesetzgeber den Versicherern jetzt, notfalls weniger als die Hälfte der Bewertungsreserven auszuschütten.

Regel Nr. 2: Höhere Beteiligung an Aktiengewinnen

Ganz ohne Ausgleich wurde die oben genannte Regel allerdings nicht eingeführt. Denn im Gegenzug müssen die Lebensversicherer die so genannten Risikoüberschüsse mit 90% statt mit bisher 75% an die Kunden ausschütten und dürfen nur die restlichen 10% für sich behalten.

Mit Risikoüberschüssen sind vor allem die Gewinne gemeint, die mit Aktien erzielt werden. Als Kunde müssen Sie aber wissen: Aktien-Investments machen nur einen sehr kleineren Teil der Investments aus, welche die Lebensversicherer mit dem Geld ihrer Kunden tätigen.

Aktuell liegt die Aktienquote bei rund 4%. Das heißt, nur etwa 4% aller Investments von Lebensversicherungen entfallen auf Aktien. Der positive Effekt dieser neuen Regelung fällt also vergleichsweise bescheiden aus.

Regel Nr. 3: Finanzaufsicht kann Dividendenstreichung anordnen

Die meisten Lebensversicherer sind Aktiengesellschaften. Als solche schütten sie einen Teil der Gewinne, die sie erwirtschaftet haben, an ihre Aktionäre aus. Das aber kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihnen künftig verbieten. Nämlich dann, wenn die Einhaltung des garantierten Mindestzinses in Gefahr ist (siehe nächster Abschnitt).

Regel Nr. 4: Garantierter Mindestzins bleibt bei 1,25%

Nicht fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen müssen ihren Kunden eine bestimmte Mindestrendite zusagen: den „garantierten Mindestzins“, oder kurz „Garantiezins“. 2015 und 2016 betrug bzw. beträgt dieser vom Gesetzgeber vorgeschriebene Garantiezins 1,25%. Ab 2017 sinkt er auf 0,9%.

Dieser Zins gilt für alle Policen, die ab dem kommenden Januar abgeschlossen werden. Selbst 1,25% an Zinsen für eine langlaufende Geldanlage – das ist extrem wenig!

Und bedenken Sie dabei: Der garantierte Mindestzins bezieht sich nur auf den  Sparanteil der laufend eingezahlten Versicherungsprämien. Also auf das Geld, das übrigbleibt, wenn der Versicherer Verwaltungsgebühren, Provisionen und Reserven für den Todesfallschutz abzieht.

Meist beläuft sich der Sparanteil nur auf geschätzte 75 bis 80% der Prämien, wobei die Versicherer die wahre Zahl bewusst geheim halten. Als Kunde müssen Sie also den geltenden Garantiezins kürzen um rund ein Viertel bis ein Fünftel, um auf die wirkliche Verzinsung Ihrer Einzahlungen zu kommen.

Außerdem können Sie bei Tagesgeld jederzeit über Ihr Erspartes verfügen, bei Lebensversicherungen geht das nicht.

Was tun mit alten Policen?

Was tun mit alten Lebens- und Rentenversicherungen? Diese Frage stellt sich jedem, der eine solche Police abgeschlossen hat. Hier können Sie ganz beruhigt sein: Sie zu behalten, ist nicht verkehrt.

Dafür gibt es gute Gründe. Erstens: Die garantierte Mindestverzinsung. Die war vor einigen Jahren nämlich gar nicht so schlecht. „Was bringt mir das heute?“, werden Sie sich fragen.

Ganz einfach: Für Ihre Police gilt der Zinssatz, der im Jahr des Abschlusses vom Gesetzgeber festgelegt war (Ausnahme: fondsgebundene Versicherungen, hier gibt es keine Vorgaben).

Das heißt: Wenn Sie Ihre erste Prämie zu einer Lebensversicherung im Jahr 1999 geleistet haben, dann gilt für diese Police auch künftig weiter der garantierte Mindestzins von 4,00% auf den Sparanteil Ihrer Prämien. Diese Verzinsung ist derzeit vergleichsweise hoch.

Sie kann durch Überschussbeteiligungen sogar noch erhöht werden. Es gibt aber auch noch einen zweiten Grund, warum Sie ohne Not alte Policen nicht kündigen sollten. Er betrifft speziell diejenigen Lebensversicherungen, die Sie vor dem Jahr 2005 abgeschlossen haben.

Denn diese sind steuerfrei. Das heißt: Auf die Auszahlungen wird später weder der persönliche Einkommensteuersatz noch die Abgeltungsteuer erhoben.

Mein Tipp: Behalten Sie auf jeden Fall vor Januar 2005 abgeschlossene Policen bis zu ihrer Fälligkeit. Weniger rentable, jüngere Policen brauchen Sie auch nicht gleich zu kündigen, denn die Stornokosten sind hoch.

Lassen Sie diese Policen stattdessen beitragsfrei stellen. Dann legt die Versicherung nur das bisher eingezahlte Geld für Sie an und für Sie springt dabei mindestens der Garantiezins auf den Sparanteil heraus.

Schließen Sie keine neuen Kapitallebensversicherungen mehr ab

Weiterhin gehen viele Lebensversicherer auf Kundenfang. Den Versprechungen diverser Vermittler und Makler sollten Sie aber widerstehen. Denn ein Garantiezins von 0,9% (Stand: 2017) ist einfach zu niedrig, um über eine solche Geldanlage überhaupt nachzudenken.

Also: Schließen Sie keine neue Kapitallebens- oder Rentenversicherung ab. Wenn Sie die Inflation mit einrechnen, werden Sie mit Lebensversicherungen mit hoher Wahrscheinlichkeit Verluste machen.

Als Alternative bietet sich an, stattdessen eine Risikolebensversicherung abzuschließen, um Ihre Lieben abzusichern, falls Ihnen etwas passiert. Das ist viel billiger als eine Kapitallebensversicherung. Das ersparte Geld stecken Sie dann in rentablere Investments, zum Beispiel in Fondssparpläne, auch hier lohnt sich ein Blick auf unsere Empfehlungsliste.

Während Sie bei unseren „Vermögensabsicherung“- und „Vermögensaufbau“-Empfehlungen ruhigen Gewissens jahrelang investiert bleiben können, bedarf es bei den „Gewinn-Plus“- Empfehlungen regelmäßiger Kontrolle.