Russischer Aktienmarkt

Alles zu Russlands Aktienmarkt bei GeVestor | Aktuelle Nachrichten und Kursdaten zum RTS-Index | ISIN RU000A0JPEB3 | WKN A0YLBP | Symbol RTSI
8 min | Stand 22.12.2021
Daniel Dörfler / stock.adobe.com
Inhaltsverzeichnis

Russlands wichtigster Index: Der RTS-Index

Der RTS-Index (Russian Trading System Index) umfasst bis zu 50 der größten und umsatzstärksten Unternehmen, die an der Moskauer Börse gehandelt werden.

Die wichtigsten Vertreter sind:

  • Gazprom (ISIN: RU0007661625)
  • Sberbank (ISIN: RU0009029540)
  • Lukoil (ISIN: RU0009024277)
  • Nornickel (ISIN: RU0007288411)
  • Yandex (ISIN: NL0009805522)
  • Nowatek (ISIN: RU000A0DKVS5)
  • Rosneft (ISIN: RU000A0J2Q06)

RTS-Index: Aktueller Kursverlauf

Wirtschaftsfakten Russland: Was Anleger zu BIP, Staatverschuldung und Börse wissen sollten

Russland ist mit einer Gesamtgröße von 17,1 Mio km² das flächenmäßig größte Land der Erde. Aufgrund seiner exorbitanten Landmasse, die von Europa bis zu den Gebirgszügen des Himalaya reicht, scheint in Russland irgendwo immer die Sonne. Gleichzeitig ist Russland ein abwechslungsreiches Land mit faszinierenden Traditionen und einer langen Geschichte. In den letzten Jahrhunderten prägten vor allem die Zaren und ebenso der kalte Krieg und der Kommunismus die Geschichte Russlands. Nach einer politischen Öffnung zum Ende des 20. Jahrhunderts steht Russland in den vergangenen Jahren aufgrund seiner Expansionspolitik und der Verfolgung von Minderheiten und der politischen Opposition international in der Kritik. 

In Bezug auf die Bevölkerung ist Russland, gemessen an seiner Größe ein kleines Land. Mit circa 146 Millionen Einwohner zählt Russland doppelt so viele Bürger wie das flächenmäßig kleine Deutschland. Bekannt ist Russland unter anderem für seine Oligarchen. Im Jahr 2016 wurden mehr als 80 dieser superreichen Milliardäre gezählt, die in vielen Bereichen die Wirtschaft Russlands dominieren. Neben der Hauptstadt Moskau und seinem weltbekannten Kreml gilt St. Petersburg als Kulturmetropole Russlands. Hunderte von Bibliotheken und Museen, unter anderem das Kunstmuseum Ermitage, laden Interessenten aus aller Welt ein, sich mit russischer Kunst und Kultur zu beschäftigen. 

In Bezug auf seine Wirtschaftskraft ist Russland ein gespaltenes Land. Viele Einwohner Russlands in den urbanen Großstädten profitieren vom wirtschaftlichen Aufschwung. Im Gegensatz fällt der ökonomische Fortschritt in vielen ländlich geprägten Bezirken kleiner aus, sodass viele Menschen als arm gelten. Das russische Pro-Kopf-BIP ist mit knapp 10.000 US-Dollar viermal kleiner als in Deutschland. 

Dieser Artikel blickt hinter die Kulissen von Russlands Wirtschaft. Er untersucht die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, geht auf die Staatsverschuldung Russlands ein und stellt die wichtigsten Unternehmen des Landes vor. Aus Anlegersicht überblickt der Artikel ebenfalls die Börsenstruktur in Russland und zeigt auf, wie Anleger und Investoren mit russischen Aktien und Russlands Leitindex RTS punkten können. 

Russlands Wirtschaft – Gemeinsamkeiten und Gegensätze im internationalen Vergleich

Anders als die großen Industrienationen USA, China oder Deutschland ist Russlands Wirtschaft weniger stark international vernetzt. Dominiert wird die russische Volkswirtschaft vor allem von Industrieunternehmen und Konzernen, die sich auf die Förderung und den Export fossiler Brennstoffe spezialisiert haben. Dienstleistungsunternehmen und mittelständische Betriebe, die bei der Produktion ihrer Produkte von internationalen Lieferketten abhängig sind, sind in Russland seltener anzutreffen. 

Dieser Umstand hat dazu geführt, dass Russland durch die Corona-Pandemie weniger stark getroffen wurde. Russlands Wirtschaft profitiert im Besonderen vom Rohstoffreichtum Russlands. Als einer der größten Energieproduzenten und Exporteure fossiler Energieträger hat Russland kurz- bis mittelfristig weiterhin ein hohes wirtschaftliches Entwicklungspotenzial. Langfristig ist Russlands Stärke gleichzeitig Russlands Achillesferse. Durch die alternativlose Transformation zu klimafreundlichen Energiemodellen wird sich Russlands Wirtschaft in den nächsten Jahren neu aufstellen müssen. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der Fall, dass die globalen Klimaziele eine Abkehr von Öl und Gas unumgänglich machen. 

Russlands Bruttoinlandsprodukt mit Höhen und Tiefen

Die langfristige Entwicklung des russischen Bruttoinlandsprodukts, ist von Höhen, Tiefen und Stagnation geprägt. Vor allem ab dem Jahr 2002 hat sich Russlands BIP, das eine wichtige ökonomische Messgröße für die Leistungsfähigkeit eines Landes darstellt, fortlaufend vergrößert. Angefangen von mehr als 300 Milliarden US-Dollar im Jahr 2002 schnellte das BIP bis zur Finanz- und Bankenkrise 2008 auf über 1,77 Billionen US-Dollar nach oben. 

Aufgrund der geringeren internationalen Verzweigung Russlands war der Einbruch des BIP infolge der Krise verkraftbar. Russlands Wirtschaft entwickelte sich in den Folgejahren erneut positiv. Das BIP kletterte im Jahr 2013 auf einem Höchststand von circa 2,2 Billionen US-Dollar. In den Jahren nach 2013 folgte ein deutliches Absinken der Wirtschaftsleistung. Für das Jahr 2021 wird für Russland ein BIP von circa 1,6 Billionen US-Dollar prognostiziert. 

Export fossiler Brennstoffe als Treiber der russischen Wirtschaft

Der steigende Export von Öl und Gas über Pipelines durch die Ukraine und die Ostsee gehört zu den Hauptgründen, warum Russlands Wirtschaft in den letzten 20 Jahren stark gewachsen ist. Fallen die Rohstoffpreise auf internationalen Märkten, hat dies umgehend Auswirkungen auf das BIP in Russland. Selbst wenn die Förderung von Bodenschätzen und ihr Export einen geringen Anteil von circa 11 Prozent am gesamten russischen BIP ausmachen, haben die Jahre 2020 und 2021 gezeigt, welchen Impact sinkende oder steigende Öl- und Gaspreise haben können. Während im Jahr 2020 der niedrige Öl- und Gaspreis auf den Weltmärkten und wochenlange Lockdowns der russischen Wirtschaft schadeten, sorgte im Besonderen der hohe Preis für fossile Brennstoffe am Weltmarkt in Russland im Jahr 2021 für ein Aufleben der Wirtschaft. 

In seiner Gesamtheit betrachtet haben der Handel, das Gastgewerbe sowie die Bereiche Verkehr und Kommunikation mit circa 23 Prozent den höchsten Anteil am Bruttoinlandsprodukt Russlands. Durch die Corona-Pandemie wurden zeitgleich die Lebensmittelindustrie und die Chemie- und Pharmaindustrie essenzieller und konnten an Wirtschaftskraft zulegen.

Staatsverschuldung in Russland überraschend gering 

Vergleicht man die großen Industrienationen Deutschland, USA oder Japan und ihre Staatsverschuldung nach BPI mit ist Russlands Staatsverschuldung, ist diese moderat. Die Staatsverschuldung betrug Ende 2020 17,7 % der russischen Wirtschaftsleistung. Japan liegt mit einem Wert von über 250 Prozent im Vergleich an der Spitze der am höchsten verschuldeten Länder der Erde. Deutschland mit aktuell 70 Prozent oder die Vereinigten Staaten von Amerika mit einer Quote von 130 Prozent liegen ebenfalls weit über der Staatsverschuldung der Russischen Föderation. Ende 2020 betrug die Staatsverschuldung in der Russischen Föderation in Relation zum BIP 19,3 Prozent. 

Ein wesentlicher Grund für die geringe Staatsverschuldung ist Russlands Streben nach politischer und wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Die russische Regierung verfolgt einen Kurs des Protektionismus und strebt wirtschaftliche Unabhängigkeit an. Dieser Kurs führte unter anderem dazu, dass Russland Ende 2019 erstmal mehr Finanzreserven als Schulden hatte. Die Gold- und Währungsreserven Russlands werden auf 594 Milliarden US-Dollar geschätzt. Zusätzlich steht ein sozialer Wohlstandsfond zur Verfügung, dessen Volumen circa 200 Milliarden US-Dollar beträgt. Mitte 2021 kündigte die russischer Regierung aufgrund der unterschiedlichen US-Sanktionen eine „Entdollarisierung“ der russischen Wirtschaft an, in dessen Zuge der Wohlstandsfonds komplett um US-Dollar bereinigt wurde. 

Herausforderungen für die russische Wirtschaft

Kehrseite der Medaille rund um die geringe Staatsverschuldung sind ein rigider Sparkurs in vielen öffentlichen Bereichen und die minimalen Subventionsanreize für die heimische Wirtschaft. Dies kann langfristig dazu führen, das russische Unternehmen in Bezug auf Innovationen und die Digitalisierung gebremst werden. Insgesamt gilt Russland nicht als Innovationstreiber, obwohl es der russischen Regierung vor allem mit dem Covid-Impfstoff Sputnik V gelungen ist, Aufmerksamkeit zu erzielen und Millionen von Dosen zu exportieren. 

Eine weitere Herausforderung betrifft die anhaltend hohe Inflation in Russland, die sich 2020 auf 3,4 Prozent belief. Die Geldpolitik des Landes hat darauf reagiert und den Leitzins im März 2021 auf 7,5 Prozent erhöht, um das Inflationsgeschehen einzudämmen. 

Wichtige und bekannte Unternehmen Russlands

Russische Produkte sind auf den ersten Blick in Deutschland und Europa wenig bekannt. Auf den zweiten Blick haben russische Unternehmen wie Rosneft, Gazprom, LukOil oder die Sberbank einen direkten Einfluss auf den deutschen und europäischen Energiemarkt. Aus diesem Grund lohnt es sich, die wichtigsten russischen Konzerne und ihre Produkte zu kennen.

Gazprom – global agierendes Energieunternehmen unter staatlicher Kontrolle

Das in Deutschland bekannteste Unternehmen ist Gazprom. Es liegt im internationalen Vergleich auf Platz 367 der Forbes-2000-Liste. In Deutschland wurde Gazprom vor allem als Sponsor des Fußballklubs FC Schalke 04 bekannt. Gazprom wurde im Jahr 1990 teilprivatisiert. Gleichzeitig ist der global agierende Energiekonzern weiterhin unter der Kontrolle des russischen Staates, der zum Beispiel das Management einsetzt oder absetzt. Gazprom verfügt nach eigenen Angaben mit 16 Prozent über die größten Erdgasvorkommen der Welt. Alle Pipelines des Konzerns haben zusammengerechnet eine Länge von über 160.000 Kilometern.  

Gazprom wurde in Deutschland ebenfalls durch den Bau und die Inbetriebnahme von Gaspipelines bekannt. Während die Pipeline Nordstream 1 seit 2011 russisches Gas nach Deutschland liefert, wurde die Pipeline Nordstream 2 im Jahr 2021 fertiggestellt und wartet auf die Inbetriebsetzung. 

Aktionäre, die sich für ein Investment in Gazprom-Aktie (ISIN: US3682872078) interessieren, können ADR (American Depository Receipts) anstelle von Aktien außerbörslich in den USA, an der Londoner Stock Exchange und an den Börsen in Berlin und Frankfurt handeln. Für einen Großkonzern und global agierenden Energieriesen ist der Börsenwert gering, was unter anderem damit zu tun hat, dass Gazprom unter staatlicher Kontrolle steht. Ebenfalls möglich ist ein Direktinvestment der Originalaktie an der Moskauer Börse. Gazprom wird dort unter dem Kürzel GAZP gehandelt. 

Die Sberbank als Russlands größte Bank 

Russlands größte Bank, die Sberbank wird im Forbes-2000-Ranking im Jahr 2020 auf Platz 51 geführt. Die Sberbank ist neben Russland ebenso in anderen osteuropäischen Ländern aktiv und steht weitestgehend unter staatlicher Kontrolle. Die Sberbank hat in Russland in etwa den Status einer deutschen Sparkasse. Als Direktbank bietet die Sberbank in Deutschland Bankenprodukte an. Hier konzentriert sie sich vor allem auf das Kreditgeschäft und klassische Anlageformen wie Tagesgeld oder Festgeld.

Im dritten Quartal 2021 wies die Sberbank einen Umsatz von 8,86 Milliarden US-Dollar aus. Analysten sehen bei Europas größten Finanzinstitut nach Assets eine positive Entwicklung und loben vor allem die digitale Transformation im Unternehmen und die hohe Profitabilität. Die Sberbank unterhält weltweit über 14.000 Filialen und über 70.000 Geldautomaten. Die Sberbank-Aktie kann tagesaktuell außerbörslich oder börslich unter der Wertpapierkennnummer (WKN) A1JB8N gehandelt werden. 

Rosneft – Erdölgigant und wichtiger Gasproduzent

Ein ebenfalls in Deutschland bekanntes russisches Unternehmen ist Rosneft. Rosneft exportiert Erdöl und Erdgas in 23 Ländern. In Russland beträgt Russlands Anteil an der Ölproduktion 41 Prozent. Global liegt der Anteil von Rosneft bei 6 Prozent. Im Jahr 2020 wurden 103,9 Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet. 

Deutschland importiert russisches Öl auf direktem Wege über die Druschba-Pipeline, die in Schwedt/Oder in Brandenburg endet. Die dort ansässige PCK Raffinerie gehört in Teilen dem Konzern Rosneft. Die Miro Ölraffinerie in Karlsruhe ist ebenso im Besitz des Rosneft-Konzern und gleichzeitig die größte Ölraffinerie Deutschlands. Die Rosneft-Aktie kann in Deutschland unter der ISIN US67812M2070 unter anderem an den Börsen Frankfurt, Düsseldorf, München, Stuttgart, Berlin gehandelt werden. 

Trading in Russland – dass müssen Anleger zum Börsenplatz Moskau und zum Leitindex wissen

Der Börsenplatz Moskau firmiert unter dem Namen MICEX-RTS. Der wichtigste Leitindex Russlands ist der RTS-Index. Neben den russischen Schwergewichten Gazprom, Sberbank und Rosneft sind das Luftfahrtunternehmen Aeroflot, der Diamantenproduzent Alrosa oder die VTB-Bank als zweitgrößte Bank hinter der Sberbank international bekannt. 

Im Vergleich zu westlichen Ländern ist der Börsenmarkt in Russland wenig entwickelt. Gleichzeitig bietet er als „Emerging Market“ hohe Wachstumsraten und viel Entwicklungspotenzial. Dies sieht man ebenfalls daran, dass Russland gemeinsam mit China, Brasilien, Indien und Südafrika zu den fünf BRICS-Staaten gehört. Alle Länder zusammen repräsentieren circa 40 Prozent der Weltbevölkerung. Seit 2014 unterhalten die BRICS-Staaten zusätzlich eine Entwicklungsbank und einen eigenen Aktienindex, den BRIC 50. 

Für Investoren aus Deutschland oder Europa sind vor allem die Rohstoffaktien führender russischer Energiekonzerne interessant und in Bezug auf eine Anlage zielführend. Sie sind kurz- bis mittelfristig attraktiv und gleichzeitig im Vergleich zu westlichen Papieren unterbewertet. 

Die russische Expansionspolitik und der gleichzeitige Protektionismus gelten als Hauptrisiko für ein Investment in russische Aktien. Ebenfalls problematisch ist die Abhängigkeit der russischen Wirtschaft vom Export fossiler Brennstoffe. Preisschwankungen und der globale Trend zu erneuerbaren Energien gelten für Russlands Volkswirtschaft langfristig als größte Herausforderung und als Risiko für private Investoren.