Cannabis Aktien: Die Blase bekommt neuen Schub

Es war ein Einstieg in zwei Schritten: Nach jahrzehntelanger Kriminalisierung hatte vor einem Jahr Kanada als erstes Land Cannabis legalisiert. Zunächst für medizinische Zwecke. Auch in den USA hatten sich 25 Bundesstaaten dem Schritt angeschlossen. Und nun hat Kanada die Tür zum privaten Gebrauch geöffnet.
Börsenwerte passen nicht zu den Erlösen
Schon lange im Vorfeld waren Hanf-Unternehmen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Immer mehr gingen an die Börse. Es entwickelte sich eine derart stürmische Nachfrage, als hätten alle Anleger auf nicht anderes gewartet. Sogar erste ETFs auf Cannabis wurden aufgelegt. Deren Wert konnte sich schon nach fünf Tagen mehr als verzehnfachen. Papiere einzelner Unternehmen schafften über drei Jahre hinweg mehr als 4.000 % Plus.
Dass bei Cannabis-Aktien eine Blase entstanden ist, lässt sich nicht verleugnen. Hohe dreistellige KGV-Werte sind selbst bei extrem steigenden Erlösen nicht realistisch. Aurora Cannabis beispielsweise, einer der großen Player, kommt auf einen Börsenwert von gut 9 Mrd. US-Dollar. Der Umsatz dieses Jahr liegt bei ca. 42 Mio. US-Dollar, das operative Ergebnis bei Minus 80,05 US-Dollar.
Doch wie bei jeder Blase kommt es bei Cannabis-Aktien unter anderem darauf an, ob die Fundamentaldaten in einem rasant wachsenden Markt mit den Erwartungen in der Anfangseuphorie Schritt halten werden. Immerhin ist das Marktpotenzial mit dem der Zigarettenindustrie zu vergleichen und umfasst zudem den Bereich medizinischer Anwendungen. Im Lifestyle-Bereich gibt es derzeit zwei Grundprodukte auf Cannabis-Basis: Rauchwaren als Genussmittel, auch Marihuana genannt, sowie konzentrierte Öle zum Kochen, als Gebäck, Entspannungskapseln, Beruhigungspillen oder Appetitmacher.
Getränkeriesen wollen mitmischen
Und schon tun sich neue Varianten auf. Zum Beispiel Cannabis als Beimischung zu Getränken. Spekulationen zufolge hat Coca-Cola Ambitionen auf eine Partnerschaft mit Aurora. Auch der weltweit größte Spirituosenhersteller Diageo scheint mit Cannabis Unternehmen zu verhandeln.
Vieles hängt davon ab, ob die Legalisierung auch in anderen Ländern aufgegriffen wird. Was dafür spricht: Der bisherige Schwarzmarkt könnte in geregelte Bahnen übergehen und obendrein Steuerreinnahmen generieren. Analysten sehen für die kommenden Jahre ein Potenzial von bis zu 45 Mrd. US-Dollar.
Allerdings ist dies noch längst leine ausgemachte Sache. So ist in den USA ist der private Verbrauch laut Bundesgesetz noch immer nicht legal. Und Donald Trump möchte dies auch nicht ändern. Sollte sich abzeichnen, dass Kanada weitgehend die Ausnahme bleibt, könnte die Blase der Cannabis-Aktien schnell durch größere Kurskorrekturen Luft ablassen. Die Papiere stehen noch zwischen Aufbruchstimmung und verhaltener Vorsicht.
Mutige Investitionen in die Blase der Cannabis-Aktien
Bislang haben in der Branche die meisten noch kein Geld verdient. Das gilt für den Mitstreiter an der kanadischen Spitze Canopy Growth genauso. Doch eine Reihe namhafter Investoren setzt darauf, dass Cannabis-Aktien auf Dauer nicht nur heiße Luft produzieren. Zum Stichtag der Legalisierung jedenfalls waren in Kanada die Vorräte nahezu ausverkauft. Die Käufer, die pro Kopf 30 Gramm erstehen dürfen, standen teils seit Tagen Schlange.
Ein Blick in die Zukunft ist derzeit allerdings schwer möglich. Vor allem wegen der unklaren Rechtslage in anderen Staaten. Bisher ist der Besitz außer in Kanada nur in Uruquay erlaubt. Entscheidend wird die Entwicklung in den USA sein. Unabhängig davon werden nicht alle Unternehmen überleben. Aurora Cannabis hat zuletzt einige Konkurrenten aufgekauft und macht Canopy Growth die führende Rolle streitig.
Derweil hat sich der Börsenneuling Tilray auch an der NYSE listen lassen – und eine rasante Kursrally hingelegt. Die trieb den Börsenwert auf derzeit 11,5 Mrd. US-Dollar. Bei einem Unternehmen, das gerade 155 Mio. Dollar Umsatz erwartet. Der Markt ist noch vollkommen in den Anfängen, was sich nicht zuletzt an den starken Kursausschlägen zeigt. Die Aktie Tilray etwa hat erst im September wieder 60 % verloren. Wer in absehbarer Zeit auf Cannabis Aktien setzen will, braucht neben dem nötigen Spielgeld auch gute Nerven.