Cannabis-Aktien: Neuen Börsenboom mit Vorsicht genießen
Neue Geschäftsfelder bieten natürlich neue Chancen. Doch wenn sie ganz am Anfang stehen und sich erst etablieren müssen, gehen Anleger gerne auf Nummer sicher und nehmen Gewinne mit, um dann zu sehen wie es weiter geht. Deutlich zu sehen ist das bei Cannabis-Aktien. In Nordamerika sind im jüngsten Wertewandel immer mehr Anbieter aus dem Boden geschossen.
Cannabis-Aktien vor dem Durchbruch
Die bislang strengen Verbote werden nach und nach gelockert. Kanada erlaubt den Verkauf zu medizinischen Zwecken und will bis Juli nächsten Jahres auch den Privatverbrauch legalisieren. In den USA ist es nach dem Bundesgesetz zwar vom Grundsatz her unverändert illegal, aber in einzelnen westlich gelegenen Bundesstaaten sowie in der Hauptstadt Washington für den Eigenbedarf erlaubt. Der Einsatz für medizinische Zwecke wurde in 25 Staaten legalisiert.
Cannabis-Aktien stehen also zwischen Aufbruchstimmung und verhaltener Vorsicht. Entsprechend sorgen Kursausschläge für eine ausgeprägte Volatilität. So wie es aussieht, steht die Börsenwelt vor einem Boom im Cannabis-Feld, das rasant wachsen wird. Läuft das Geschäft erst einmal an, wird es solange Fahrt aufnehmen, bis irgendwann eine Plateauphase erreicht ist.
Das Marktpotenzial ist durchaus mit dem der Zigarettenindustrie zu vergleichen und umfasst zudem den Bereich medizinischer Anwendungen. Im Lifestyle-Bereich gibt es derzeit zwei Grundprodukte auf Cannabis-Basis: Rauchwaren als Genussmittel, auch Marihuana genannt. Und konzentrierte Öle zum Kochen, als Gebäck, Entspannungskapseln, Beruhigungspillen oder Appetitmacher.
Von einer zunehmenden Legalisierung ist auch in anderen Teilen der Welt auszugehen, Deutschland eingeschlossen. Schnell wird sich zeigen, dass der bisherige Schwarzmarkt in geregelte Bahnen übergeht und obendrein Steuerreinnahmen generiert. Analysten sehen für die kommenden Jahre ein Potenzial von bis zu 45 Mrd. US-$. Schon 2016 legte der Markt um gut 34 % zu. Mehr als doppelt so stark wie im Jahr zuvor.
Glücksritter und windige Geschäfte
Die großen Wegbereiter sind kanadische Unternehmen, die strenge Sicherheits- und Qualitätsstandards erfüllen müssen. Auch treten immer mehr US-Anbieter auf den Plan. Und selbst hierzulande gibt es eine Investitionsmöglichkeit: die Deutsche Cannabis AG, die sich seit Längerem auf Beteiligungen in den USA konzentriert. Die Aktie legte in letzten fünf Jahren um 1.288 % zu, auf Jahressicht um 553 %.
Der große Haken: Es wird noch kein Geld verdient. Das operative Ergebnis und der Cashflow liegen im negativen Bereich. Auffallend: Es fehlen belastbare Zahlen. Die Bundesfinanzaufsicht Bafin hat bereits ein Zwangsgeld in Höhe von 140.000 € verhängt, weil der Finanzinvestor seiner Veröffentlichungspflicht nicht nachkommt.
Auch die Cannabis-Firma Chuma Holding steht schon länger auf der Beobachtungsliste der Bafin. Der Verdacht: Falsche Angaben und Marktmanipulation. Die US-Börsenaufsicht SEC wurde ebenfalls aktiv und hat einige Titel vom Handel genommen. Das verbreitete Muster vieler schwarzer Schafe: Erst ziehen die Kurse steil an, dann fallen sie in den Keller. Die Drahtzieher haben kassiert, die Anleger gehen leer aus.
Dies ist typisch für eine Branche, die im Goldrausch ist und sich erst etablieren muss. Doch auch seriöse Anbieter etwa im medizinischen Sektor geraten schnell in die Spekulationsspirale, die gierige Anleger drehen lassen. Wo Patente und Forschung im Spiel sind, stehen hohe Anfangsinvestitionen an, die Gewinne erst nach einer Anlaufzeit ermöglichen. Gefragt sind nicht nur Geduld und langer Atem. Vor allem gilt es das Geschäftsmodell und Kennzahlen wie Eigenkapital oder Cashflow genau unter die Lupe zu nehmen.
Mit Fonds auf Nummer sicher
Auch werden über kurz oder lang etliche Anbieter von der Bildfläche verschwinden. Die Marktbereinigung überstehen dürften vor allem gefestigte Unternehmen aus Kanada wie Cannabis Science, Medical Marijuana, GW Pharmaceuticals oder Aurora Cannabis, um nur einige zu nennen. Hier sind die ebenfalls beachtlichen Performancedaten der Aktien näher am echten Geschäft.
Cannabis-Aktien sollten zumindest im geregelten Börsenmarkt gehandelt werden. OTC-Papiere, die außerhalb über den Tisch gehen, sind extrem risikoreich. Davon abgesehen hat die im Entstehen begriffene Branche für Anleger einen grundsätzlichen Makel: Es fehlen weitgehend konkrete Daten wie etwa Zahlen zu Konsumenten, deren Verhalten und ähnlichem, was unter anderem Grundlage für Preiskalkulationen und Vergleiche ist.
Am sichersten und einfachsten ist es, einstweilen auf Fonds zurückzugreifen, die sich mit dem Markt genau beschäftigen. Den ersten Cannabis-ETF „Horizons Marijunana Life Sciences“ gibt es bereits. Er bildet den North American Marijuana Index ab, der 32 Unternehmen umfasst.