Eigentumswohnung: Erforderliche Mehrheiten bei Umbauten
- Beschlüsse über bauliche Veränderungen
- In diesem Fall ist ein Beschluss anfechtbar
- Bauliche Veränderung erfordert Mehrheitsbeschluss
- Beschlüsse über Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen
- Mehrheitsbeschluss bindet alle Eigentümer
- Voraussetzung: Maßnahme dient der Sanierung
- Beschlüsse zur modernisierenden Instandsetzung
- Instandsetzung und Modernisierung abgrenzen
- Modernisierung muss wirtschaftlich sein
- Qualifizierte Mehrheit erforderlich
- Hier liegt eine Modernisierung vor
Hinsichtlich der erforderlichen Stimmenverhältnisse bei Abstimmungen müssen Sie im Hinblick auf bauliche Maßnahmen folgende Unterscheidung zugrunde legen:
Hier gilt es zu unterscheiden zwischen baulicher Veränderung, Instandhaltung und Instandsetzung, modernisierender Instandsetzung, sowie Modernisierung.
Beschlüsse über bauliche Veränderungen
Eine Beschlusskompetenz ist den Wohnungseigentümern nunmehr auch für Maßnahmen baulicher Veränderungen gemäß § 22 Abs. 1 WEG (Modernisierung bzw. Anpassung des Gemeinschaftseigentums an den Stand der Technik) eingeräumt.
Vor Neugestaltung des WEG konnte die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung auch außerhalb der Eigentümerversammlung erfolgen. Grundsätzlich muss sich nach dem Willen des Gesetzgebers nun aber die Wohnungseigentümerversammlung mit einer beabsichtigten baulichen Veränderung befassen.
Hiermit soll eigenmächtigem Handeln durch bauwillige Wohnungseigentümer vorgebeugt werden. Wirksam ist ein Genehmigungsbeschluss über eine bauliche Veränderung jedoch auch künftig, wenn er nicht binnen Monatsfrist angefochten wird.
In diesem Fall ist ein Beschluss anfechtbar
Anfechtbar ist der Beschluss, wenn nicht alle Wohnungseigentümer, die über das Maß des § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigt sind, dem Beschluss zustimmen. Für ungültig würde ein derartiger Beschluss jedoch nur dann erklärt werden, wenn er angefochten wird.
Wird er mangels Anfechtung aber wirksam, bindet er unwiderruflich auch diejenigen Wohnungseigentümer, die durch die bauliche Maßnahme über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.
Bauliche Veränderungen sind in der Regel Maßnahmen, die das architektonisch-ästhetische Bild eines Gebäudes (optischer Eindruck) innen und außen sowie den Zustand von Gebäuden, Anlagen und Einrichtungen verändern.
Dabei können sie insbesondere die Stabilität, Sicherheit und Solidität eines Gebäudes beeinflussen.
Eine bauliche Veränderung liegt vor, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
- Es handelt sich um eine auf Dauer angelegte Maßnahme,
- die Maßnahme führt zu einer Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums,
- die Maßnahme geht über eine ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinaus.
Bauliche Veränderung erfordert Mehrheitsbeschluss
Grundsätzlich liegt immer dann eine bauliche Veränderung vor, die einer mehrheitlichen Zustimmung der Wohnungseigentümer bedarf, wenn die Maßnahme für einzelne Wohnungseigentümer einen Nachteil bedeutet, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.
Der Begriff des Nachteils ist nach der Rechtsprechung weit auszulegen. Zur Beurteilung eines Nachteils kann auf DIN oder VDI-Normen zurückgegriffen werden.
Ein Verstoß hiergegen stellt ein Indiz für einen Nachteil dar (OLG München, Entscheidung v. 10.04.06, Az. 34 Wx 21/06). Bauliche Veränderungen sind streng zu unterscheiden von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen.
Wichtig: Bei baulichen Veränderungen ist ein Mehrheitsbeschluss ausreichend, wenn die Zustimmung aller benachteiligten Eigentümer vorliegt.
Ein Wohnungseigentümer möchte auf seiner Terrasse eine Pergola errichten. Die Eigentümergemeinschaft stimmt dem Beschluss mehrheitlich zu. Ein Wohnungseigentümer, dessen Terrasse an die des Bauherrn grenzt, stimmt nicht zu. Der Bau der Pergola kann dann nicht wirksam mehrheitlich beschlossen werden.
Beschlüsse über Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen
Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen dienen der Erhaltung oder Wiederherstellung des ursprünglichen ordnungsgemäßen Zustands der Wohnanlage. Dabei werden finanzielle Mittel aufgewendet, die ein Hauseigentümer vernünftigerweise zur Erhaltung seines Eigentums aufwenden würde.
Mehrheitsbeschluss bindet alle Eigentümer
Wohnungseigentümer, die bei einer diesbezüglichen Abstimmung dagegen sind oder sich der Stimme enthalten, sind an den Mehrheitsbeschluss gebunden und müssen sich anteilig an den Kosten beteiligen, die durch die Ausführung des Beschlusses entstehen.
Bauliche Veränderungen, die nicht als ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung anzusehen sind, benötigen jedoch grundsätzlich einen einstimmigen Beschluss.
Voraussetzung: Maßnahme dient der Sanierung
Eine Instandhaltung bzw. Instandsetzung setzt voraus, dass eine Maßnahme der Sanierung dient. Anders ist dies bei Modernisierungsmaßnahmen oder solchen zur Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik.
Dabei muss die Maßnahme ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen. Die Kosten müssen sich in einem überschaubaren Zeitraum von ca. 10 Jahren amortisieren.
Beschlüsse zur modernisierenden Instandsetzung
Eine modernisierende Instandsetzung liegt dagegen immer dann vor, wenn defekte oder veraltete Anlagen des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch gleichartige, sondern durch neuere Modelle ersetzt werden. Modernisierende Instandsetzungen können wie bisher mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.
Instandsetzung und Modernisierung abgrenzen
Wichtig im Rahmen der Beschlussfassung über Modernisierungsmaßnahmen ist immer die Abgrenzung zu Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Abgrenzung zur modernisierenden Instandsetzung.
Denn Maßnahmen der Instandhaltung bzw. Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums können gemäß § 21 Abs. 3 und Abs. 5 WEG stets mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Gleiches gilt für Maßnahmen modernisierender Instandsetzung.
Grobe Faustformel zur Abgrenzung der Modernisierung von Maßnahmen der Instandhaltung bzw. (modernisierenden) Instandsetzung ist, dass sämtliche Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung tatsächlichen Sanierungsbedarf aufweisen.
Zwar muss das gemeinschaftliche Eigentum noch nicht defekt sein, mit einem Defekt bzw. Schaden muss aber nach dem normalen Lauf der Dinge in Kürze zu rechnen sein.
Modernisierung muss wirtschaftlich sein
Anders ist dies bei Maßnahmen zur Modernisierung oder solchen zur Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik: Hier muss gerade kein Sanierungsbedarf bestehen.
Voraussetzung ist jedoch, dass ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Hauseigentümer die zur Beschlussfassung stehende Modernisierungsmaßnahme durchführen würde und diese insbesondere ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist. Nach §555b BGB müssen Modernisierungsmaßnahmen der Steigerung der Energieeffizienz, der Einsparung des Wasserverbrauchs oder ganz allgemein der allgemeinen Verbesserung der Wohnverhältnisse dienen. Typischerweise fallen darunter die folgenden Maßnahmen:
- Verbesserung der Wärmedämmung
- Installation einer Solaranlage
- Verbesserung des Zuschnitts, der sanitären Einrichtungen, der Kochmöglichkeiten, der Heizungen, etc.
- Schaffung von Spielplätzen oder Grünflächen
Qualifizierte Mehrheit erforderlich
Das WEG räumt einer Mehrheit von Eigentümern in einer Gemeinschaft ausdrücklich eine Beschlusskompetenz für modernisierende Instandsetzungen bzw. Modernisierungen ein. Modernisierungen oder Maßnahmen zur Anpassung des Gemeinschaftseigentums an den Stand der Technik können mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden.
Zur wirksamen Beschlussfassung bedarf es in diesem Zusammenhang jedoch einer in doppelter Hinsicht qualifizierten Mehrheit. Erforderlich ist:
- eine Mehrheit von 3/4 aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und
- diese müssen mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile repräsentieren.
Ein Mehrheitsbeschluss ohne diese erforderliche doppelt qualifizierte Mehrheit, ist aber nicht unwirksam, sondern lediglich anfechtbar.
Im Gegensatz zur modernisierenden Instandsetzung setzt eine Modernisierung also nicht voraus, dass in bestimmten Bereichen des Gemeinschaftseigentums Instandsetzungsbedarf besteht. Aus diesem Grund erfordern Modernisierungsmaßnahmen deshalb zumindest einen qualifizierten Mehrheitsbeschluss.
Hier liegt eine Modernisierung vor
Eine Modernisierung in Abgrenzung zu sonstigen baulichen Veränderungen liegt nur dann vor, wenn die Maßnahme
- den Gebrauchswert des Gemeinschaftseigentums nachhaltig erhöht oder
- die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert oder
- nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirkt oder
- das Gemeinschaftseigentum an den Stand der Technik anpasst.
§ 22 Abs. 2 WEG setzt jedoch voraus, dass die Modernisierung oder Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik, die Eigenart der Wohnanlage nicht abändern darf.