Irland und der Brexit – warum Nordirland als großer Verlierer gilt
Der Brexit hat im Vormonat zu großen Verunsicherungen auf den Finanzmärkten in Europa geführt. Auch Großbritannien selbst wirkt gespalten. Sowohl die Schotten als auch die Nordiren stimmten mehrheitlich für den Verbleib in der Europäischen Union (EU).
Vor allem in Irland bzw. Nordirland ist die Lage angespannt. Der Grund: Während Nordirland zum Vereinigten Königreich gehört, ist Irland mit der Hauptstadt Dublin autark und bleibt trotz des Austritts von Großbritannien aus der EU (Brexit) selbst Mitglied.
Setzt Großbritannien seine Brexit-Pläne tatsächlich in die Tat um, würde zwischen der Republik Irland und Nordirland eine EU-Außengrenze entstehen, die weder von den Iren noch von den Nordiren gewünscht ist.
Irland und der Brexit: die Folgen für Nordirland
Denn den Großteil seiner Waren exportiert Nordirland in die EU, davon die Mehrheit wiederum nach Irland. Würden nunmehr Zollschranken zwischen Irland und Nordirland entstehen, würde dies die Wirtschaft Nordirlands rund 1,3 Mrd. € jährlich kosten, so Professor David Phinnemore von der Queen’s University in Belfast.
Die Summe vermag angesichts der Wirtschaftsleistung Europas (14,6 Billionen €, Quelle Statista) als vergleichsweise gering erscheinen, doch für ein Volk mit nur 1,8 Mio. Einwohnern fällt diese Summe durchaus ins Gewicht, zumal auf die EU (ohne Großbritannien) 40% der Exporte Nordirlands entfallen.
Daneben wäre ein Austritt aus der EU auch für die nordirische Landwirtschaft ein großes Problem, erzielt diese etwa 90% ihrer Einkünfte durch EU-Agrarsubventionen, die bei einem EU-Austritt wegfallen.
Daher ist es wenig verwunderlich, dass Nordirland die Wiedervereinigung mit Irland anstrebt – die nordische Sinn Fein Partei fordert bereits ein entsprechendes Referendum über einen Zusammenschluss mit Irland.
Brexit-Folgen treffen auch Irland – sind aber nicht nur negativ
Doch auch an Irland geht der Brexit nicht spurlos vorbei. Irland exportiert etwa 15% seiner Waren und Produkte ins Vereinigte Königreich, 34% der Waren werden aus Großbritannien importiert.
Würden sich bestehende Abkommen ändern, könnte der Grenzverkehr zwischen Nordirland und Irland zum Erliegen kommen, da täglich tausende Menschen die innerirische Grenze auf dem Weg zur Arbeit überqueren (in Nordirland sind die Löhne etwas höher).
Zudem macht Irland der Verfall des Pfund Sterling zu schaffen. Setzt sich dieser Trend weiter fort, würde der Währungsverfall irische Produkte unerschwinglich teuer machen.
Auf der anderen Seite hat der Brexit für Irland aber auch Vorteile: Zum einen sind Importe aus Großbritannien wegen des schwachen Pfunds bereits billiger geworden, wodurch vor allem die verarbeitende Industrie profitieren könnte.
Zum anderen wird Irland für ausländische Investoren interessant. Vor allem Londons Banken und Versicherungen sollen bereits mit dem Gedanken spielen, sich in Irland bzw. Dublin anzusiedeln, um weiter in der EU zu bleiben – und auch weil die Unternehmenssteuern in Irland mit 12,5% relativ niedrig sind.
Fazit: Brexit könnte Friedensprozess in Irland gefährden – kaum Auswirkungen auf Großkonzerne
Der Brexit ist vor allem für Nordirland ein großes Problem, würde das Land gegen seinen Willen aus der EU austreten und mögliche Zollschranken die Wirtschaft des kleinen Landes hemmen.
Zudem könnte die Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch den Brexit den langjährigen Friedensprozess zwischen Nordirland und Irland gefährden, warnen Politikbeobachter. Dies liegt daran, dass viele EU-Subventionen, die Nordirland erhält, auch in Friedensprojekte fließen.
Am Kapitalmarkt sorgte der Brexit nur kurzfristig für Irritationen. Die Aktien vieler in Irland ansässiger Unternehmen wie Accenture, Shire, Allergan, Seagate Technology und Ryanair gerieten zwar kurzfristig stark unter Druck, konnten sich aber zur Freude der Anleger inzwischen zum Großteil wieder spürbar erholen.
Der Grund: Die meisten Großkonzerne haben ihren Hauptsitz in Dublin und sind global aufgestellt, was bedeutet, dass diese Firmen inzwischen relativ unabhängig vom Großbritannien-Geschäft sind.