Jamaika-Koalition: Mehr Vorteile als Nachteile für die Wirtschaft
- Knackpunkt Steuern: Entlastung für Bürger, höhere Steuern für Unternehmen?
- Einwanderungspolitik und Arbeitsmarkt sorgen für Zwist
- Haushalts- und Finanzpolitik – ein weiterer Zankapfel
- Freier Handel (Ceta und TTIP) – droht TTIP das Aus?
- Gesamtfazit: Jamaika-Koalition dürfte positive Impulse für die Wirtschaft bringen
Am 24. September wurde der Bundestag neu gewählt. Da sich die SPD nicht mehr an der Regierung beteiligen will, läuft alles auf eine Jamaika-Koalition, sprich einem Bündnis aus CDU/CSU, der FDP und den Grünen hinaus.
Die Verhandlungen zur Regierungsbildung erscheinen schwierig, da die Positionen der einzelnen Parteien in wichtigen Punkten wie der Einwanderungs-, Steuer-, Finanz- und Rentenpolitik teils weit auseinanderklaffen. Die Frage, die sich viele Börsianer stellen ist daher, welche Auswirkungen hätte eine Jamaika-Koalition auf die Wirtschaft?
Knackpunkt Steuern: Entlastung für Bürger, höhere Steuern für Unternehmen?
Während man bei CSU/CDU grundsätzlich Steuererhöhungen ausschließt, wollen die Grünen dagegen den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer weiter anheben und auch die Steuern für Großunternehmen erhöhen. Im Gegenzug wollen die Grünen einen Großteil des unteren Einkommens steuerfrei stellen.
Bei der FDP lehnt man neue Steuern komplett ab. Die Liberalen sind jedoch für eine faire Besteuerung von Google, Apple & Co, die oft Steuerschlupflöcher im Ausland nutzen. Zudem will die FDP Steuerentlastungen von insgesamt 30 Mrd. € durchsetzen.
Fazit: Insgesamt stehen die Chancen gut, dass sich CDU/CSU und FDP durchsetzen und eine wirtschaftsfreundliche Steuerpolitik im Koalitionsvertrag festschreiben werden. Apple, Google & Co müssen dagegen langfristig europaweit mit höheren Steuern rechnen, auch wenn Deutschland die Steuerquote für Unternehmen (aktuell ca. 30 %) möglicherweise senken wird.
Einwanderungspolitik und Arbeitsmarkt sorgen für Zwist
An der Einwanderungspolitik erhitzten sich zuletzt die Gemüter. Zuletzt einigten sich die CSU/CDU auf eine gemeinsame Linie, wonach die Gesamtzahl der Aufnahmen (Flüchtlinge, Asylbewerber etc.) nicht die Marke von 200.000 Menschen im Jahr übersteigen soll. Bei der Union will man zudem die Ausweitung sicherer Herkunftsländer und die Einrichtung von Ausreisezentren sowie die Aussetzung des Familiennachzuges erreichen.
Die FDP favorisiert bei der Einwanderungspolitik das kanadische Modell, wodurch Einwanderungswillige nach einem Punktesystem (Ausbildung, Arbeitserfahrung, Sprachkenntnisse etc.) klassifiziert werden – dies soll dafür sorgen, dass hauptsächlich gut ausgebildete Menschen einwandern können. Die Grünen lehnen Obergrenzen als auch die Ausweitung sicherer Herkunftsländer ab, wollen jedoch einen vereinfachten Zuzug ausländischer Fachkräfte erreichen.
Fazit: Die Chancen stehen gut, dass der Zuzug von gut qualifizierten Fachkräften künftig einfacher wird. Damit würde die Jamaika-Koalition auch der Wirtschaft entgegenkommen, die seit geraumer Zeit am Fachkräftemangel leidet.
Haushalts- und Finanzpolitik – ein weiterer Zankapfel
Die Union und FDP sind gegen neue Schulden, während die Grünen weitere Investitionen in öffentliche Institutionen fordern. Wenn sich CSU/CDU und FDP durchsetzen, dürfte es weiter bei einem ausgeglichenen Haushalt bleiben. Darüber hinaus besteht die Chance, das Steuern und Abgaben für die Bürger sinken.
Fazit: Kommt die Jamaika Koalition, dürfte die Schuldenbremse weiter Bestand haben. Dies bedeutet: Der Staat wird weiterhin nicht mehr ausgegeben als er einnimmt.
Freier Handel (Ceta und TTIP) – droht TTIP das Aus?
Die FDP steht dem freien Handel traditionell offen gegenüber und unterstützt daher Ceta und TTIP, auch bei der Union will man das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta) und den USA (TTIP) voranbringen. Bei den Grünen hingegen stellt man sich gegen Ceta und TTIP will beide Abkommen in der aktuellen Form nicht ratifizieren.
Fazit: Nachdem sich die USA unter Donald Trump aus dem transpazifischen Handelsabkommen (TTP) zurückgezogen haben, wird auch TTIP immer unwahrscheinlicher.
Gesamtfazit: Jamaika-Koalition dürfte positive Impulse für die Wirtschaft bringen
Auch wenn am Ende wie üblich ein Kompromiss zwischen den Parteien stehen dürfte, könnte die Wirtschaft letztendlich von einer Jamaika-Koalition in Form von Steuerentlastungen und weniger Bürokratie profitieren. Zumindest wäre durch eine Einigung auf eine Jamaika-Koalition eine monatelange Unsicherheit bezüglich der Regierungsbildung vom Tisch, was an den Börsen für Erleichterung und steigende Kurse sorgen könnte.
Zudem könnte eine Regierungsbeteiligung der Grünen dafür sorgen, dass umweltfreundliche Technologien wie Solar- und Windenergie sowie Elektroautos wieder stärker in den Mittelpunkt rücken und neue Impulse erhalten. Für Anleger könnte daher eine frühzeitige Positionierung in diesen Zukunftsthemen interessant sein.
Durch die Regierungsbeteiligung der FDP dürften die Themen Bildung und Digitalisierung an Bedeutung gewinnen, wodurch Unternehmen, die in diesen Bereichen tätig sind, wohl profitieren würden. Anleger sollten aber auch nicht die Gefahr von Neuwahlen unterschätzen. Eine solche Entwicklung würde voraussichtlich die Börsen über Wochen bzw. Monate eher belasten.