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Künstliche Intelligenz und grüne Energie – Saudi Arabien plant Zukunft

Inhaltsverzeichnis

Digitales Leben, Roboter, autonome Verkehrsmittel und grüne Energie – die Zukunft wird ausgerechnet in einem Land geplant, das als extrem konservativ und rückwärtsgewandt bekannt ist. In der Wüste von Saudi Arabien soll die Megacity Neom entstehen. Das Kunstwort besteht aus dem griechischen neo für neu und dem Anfangsbuchstaben des arabischen Worts mustaqbal für Zukunft.

Neom: Saudi Arabiens Transformation

Mit Neom will Saudi Arabien Visionen realisieren und sich als Vorreiter präsentieren. Gedacht als Experimentierfeld für das Leben mit der Technik von morgen, schwebt Kronprinz Mohammed bin Salman eine Mega-City nach neuen Maßstäben vor. Dabei dürfen Begriffe wie Zukunftsstadt oder Technologiepark nicht über die enorme Größe hinwegtäuschen. Das Gebiet umfasst 26.500 Quadratkilometer – was nicht ganz der Fläche Israels entspricht.

Im Nordwesten von Saudi Arabien wird Neom entlang des Roten Meeres an Jordanien sowie Ägypten grenzen. Geplant ist zudem eine Brücke, die über den Eingang zum Golf von Akaba führt und die saudische Halbinsel mit Nordafrika verbindet. Wer ab 2025 einen Urlaub im bekannten ägyptischen Badeort Scharm El-Scheich bucht, kann einen Abstecher nach Neom einplanen. Bis dahin soll der erste Bauabschnitt fertig sein.

Touristen sind willkommen, um die voll digitalisierte Sonderwirtschaftszone mit futuristischen Gebäuden, Vergnügungsparks, selbstfahrenden Autos, Drohnen und Robotern zu bestaunen, in der eigene Gesetze gelten. Strom aus Solar- und Windkraftwerken wird die Künstliche Intelligenz am Laufen halten, die Kern des ganzen Projekts ist.

Vormaliger Siemens-Chef als Projektleiter

Die Bewohner werden für saudische Verhältnisse ungewohnte Freiheiten genießen, müssen aber damit leben, dass sie Teil eines riesigen gewinnorientierten Unternehmens sind, das Fachkräfte, Forscher, Firmen und Investoren aus aller Welt anziehen soll. Letztere bestimmen den Verwaltungsrat, der den Gouverneur für Neom beruft. Saudi Arabien plant zunächst 500 Mrd. US-$ dafür ein.

Das Geld kommt weitgehend aus dem Staatsfonds, in den wiederum Kapitaleinnahmen aus dem für Mitte 2018 vorgesehenen Börsengang des Ölkonzerns Aramco fließen sollen. Ob dabei neben China, Japan oder Südkorea auch Privatanleger zum Zuge kommen, ist noch unklar. Auf jeden Fall ist Neom Teil einer gewaltigen Umstrukturierung des Landes. Weg vom Öl, hin zu neuen Ökonomiebreichen.

Geleitet wird das Neom-Vorhaben vom vormaligen Siemens-Konzernchef Klaus Kleinfeld. Der Vorstandschef der Projektgesellschaft kann auf enge Kontakte zur Industrie, zu Institutionen und Regierungskreisen in aller Welt zurückgreifen, die auch aus seiner Zeit als CEO von Alcoa herrühren. Zu seiner Aufgabe gehört unter anderem, Neom so zu konzipieren, dass es zum Ort mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt wird.

Welche deutschen Unternehmen zum Zuge kommen, wird sich in nächster Zeit herausstellen. Eine Projekt-Website gibt es bereits. Ob die schönen Bilder halten, was sie versprechen, muss sich erst noch zeigen. Neom ist nicht das erste Zukunftsprojekt. Der bereits seit 2005 existierende neue Finanzdistrikt „King Abdallah Economic City“ etwa hat lediglich 5.000 Menschen angezogen. Geplant waren rund 2 Mio. Einwohner. Die traditionellen Beharrungskräfte in Saudi Arabien sind noch stark.

Radikaler Gegenentwurf zur Vergangenheit

Als Hemmschuh erweisen sich zudem protektionistische Regularien und umständliche Verfahren für ausländische Investoren und Fachkräfte. Hier sind die Golfstaaten Abu Dhabi und Dubai voraus. Aber selbst dort ist das ambitionierte Projekt Masdar City nach schwungvollem Start ins Stocken geraten. Investoren werden auch woanders gesucht. Indien etwa plant vernetzte futuristische Retortenstädte. Andere Länder werden folgen.

Etwas greifbarer wirkt das Projekt von Microsoft-Gründer Bill Gates. Er hat über seine Investmentfirma in Arizona mehrere hundert Quadratkilometer Land gekauft. Dort soll die intelligente Stadt „Smart City“ entstehen. Das Projekt ist weniger radikal und überdimensioniert, besticht aber durch seine behutsamere Überleitung zur digitalen Welt – und setzt auf einem vergleichsweise hohen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Niveau an.

In Saudi Arabien indes ist Neom ein extremer Gegenentwurf, eine Parallelwelt, die gesellschaftliche und politische Verkrustungen aufbrechen und die Umstellung zu einer wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft auf den Weg bringen könnte. Die Emirate haben es bereits vorgemacht. Auch wenn nicht ganz alle Visionen und Ambitionen Realität werden, der Anfang ist gemacht. Neom ist mehr als eine Fata Morgana.