Mindestlohn: Soziale Gerechtigkeit oder wirtschaftliches Desaster?
Schon viele Jahre schwelt die Diskussion um einen einheitlichen Mindestlohn in Deutschland.
Der aktuelle Wahlkampf der Parteien hat das Thema zusätzlich in den öffentlichen Fokus gerückt. Lesen Sie hier die wichtigsten Hintergründe.
Lohn-Dumping und das Wachstum am Niedriglohnsektor
Deutschland holt schnell und gerne auf und präsentiert sich den anderen Staaten der Europäischen Union als Vorzeigeland. In vielen Fällen ist das absolut gerechtfertigt, tragischerweise allerdings ebenfalls beim Thema Lohn-Dumping.
Zahlreiche Umfragen und andere Datenerhebungen scheinen zu belegen, dass der Niedriglohnsektor in unserem Land jährlich wächst.
Schon heute gehört er zu den größten im gesamten europäischen Raum.
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Von Niedriglöhnen beziehungsweise Niedriglohnempfängern spricht man, wenn das Gehalt eines Arbeitnehmers (Bruttoverdienst pro Stunde) zwei Drittel oder mehr unterhalb des durchschnittlichen Einkommens der Nation liegt.
Ein solcher Arbeitnehmer kann trotz vollzeitlicher Beschäftigung nicht von seinem Einkommen leben und muss sich folglich nach Alternativen umschauen.
Die Tendenz der steigenden Lebenserhaltungsosten, der Preise für Waren und Dienstleistungen sowie rasant steigende Mieten läuft dieser Entwicklung natürlich exakt entgegen und verschärft das Problem zusätzlich.
Forderung nach einem Mindestlohn in Deutschland
Gestützt durch solche Beobachtungen fordern SPD und Linke schon seit langem die Einführung eines Mindestlohns in Deutschland.
Der gesetzlich festgeschriebene Mindestlohn soll die sich immer weiterdrehende Spirale des Lohn-Dumpings durchbrechen, in der sich deutsche Unternehmen fortwährend gegenseitig unterbieten was die gezahlten Löhne angeht.
Ein weiteres Ziel ist die Entlastung der Staatskasse und damit dem allgemeinen Steueraufkommen, denn für die meisten der Niedriglohnempfänger bleibt nur der Gang zum Arbeitsamt, wo sie eine spezielle Form des Arbeitslosengelds 2 (Harzt 4) beantragen.
Damit zählen sie dann zu den so genannten Aufstockern, also Personen, die ihren Lebensunterhalt trotz Arbeit nur durch zusätzliche Sozialleistungen bestreiten können.
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Ein weiteres Indiz für das Wachstum am Niedriglohnsektor: Die Anzahl solcher „Aufstocker“ wächst ebenfalls konstant.
Mindestlohn: Deutschland wäre in bester Gesellschaft
Kritiker führen an, dass ein einheitlicher Mindestlohn in Deutschland auf lange Sicht die Wirtschaft schädigen würde.
Ihrer Meinung nach seien zahlreiche Jobs durch den Zwang zu höheren Stundenlöhnen wirtschaftlich unrentabel und die Unternehmen würden diese Stellen folglich abbauen.
Auf diese Weise könnte ein Mindestlohn letztlich sogar zum Verlust von tausenden Arbeitsplätzen führen.
Auf der anderen Seite stünde Deutschland mit einem Mindestlohn in der Europäischen Gemeinschaft keinesfalls alleine. Ganz im Gegenteil: 20 der 27 Mitgliedsstaaten haben bereits einen tariflichen Mindestlohn eingeführt und auch in den USA ist dies seit Jahren üblich.
Doch die Frage nach der angemessenen Höhe wird wohl auch weiterhin die Gemüter erhitzen.