Mindestlohn Pro und Contra: Mittel gegen Lohndumping
Mindestlohn ja oder nein?
Kaum ein Thema ist in den vergangenen Jahren in Wirtschaft und Politik so stark und kontrovers diskutiert worden wie die Einführung eines Mindestlohns.
Während die meisten Länder in der Europäischen Union (EU) eine entsprechende Regelung haben, gibt es in Deutschland noch keinen allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohn.
Es nur in einigen Branchen (u. a. Bauhauptgewerbe, Elektrohandwerk, Gebäudereinigung, Pflegebranche) so genannte Branchen-Mindestlöhne.
Ausweitung des Niedriglohnsektors
Ein gesetzlicher Mindestlohn kann als monatliches Arbeitsentgelt oder als Stundenlohn festgelegt werden.
Er soll verhindern, dass Löhne zu niedrig angesetzt bzw. immer weiter gedrückt werden (Lohndumping) und dass Menschen trotz Vollzeitjobs in Armut leben müssen (Lohnarmut, engl. working poor).
Anlass für die Diskussion war in Deutschland die Ausweitung des Niedriglohnsektors, die im Wesentlichen auf drei Entwicklungen beruht: der Wettbewerbsdruck durch Globalisierung und Automatisierung, die hohe Arbeitslosigkeit und die Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung (insbesondere unter Kanzler Schröder).
Streit mit relativ klaren Fronten
Die Fronten in der Diskussion sind zum Teil sehr klar: Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert seit langem einen allgemeinen Mindestlohn, während die Arbeitgeberverbände dagegen sind.
In der Politik sind die Positionen wie folgt: SPD, Grüne und Linke sind dafür, die FDP dagegen. Innerhalb von CDU und CSU gehen die Meinungen auseinander.
Die CDU hat sich mehrheitlich für eine Lohnuntergrenze ausgesprochen – allerdings von den Tarifpartnern vereinbart und mit Branchenunterschieden, also kein einheitlicher Mindestlohn.
EU-Länder meist mit Mindestlöhnen
Mindestlöhne gibt es in 20 der 27 EU-Staaten, und auch schon seit langem in den USA. In der EU liegt er zwischen rund einem Euro in Ländern wie Bulgarien und 10,41 Euro in Luxemburg.
Mit Deutschland vergleichbare Länder wie Frankreich, Belgien und die Niederlande haben einen gesetzlichen Mindestlohn zwischen 8,75 und 9,40 Euro. In Großbritannien liegt er bei rund 7,00 bis 7,30 Euro, je nach Wechselkurs Pfund/Euro.
In Deutschland ergibt sich lediglich durch das Verbot sittenwidriger Löhne eine gewisse Absicherung.
DGB: Mindestens 8,50 Euro
DGB und SPD fordern „mindestens 8,50 Euro“ – flächendeckend, d. h. falls Tarifverträge niedrigere Entgelte enthalten, müssen trotzdem 8,50 Euro gezahlt werden.
Ein Hindernis für den Mindestlohn in Deutschland ist, dass die Entscheidungsgewalt über die Höhe der Gehälter und Löhne („Tarifhoheit“) bei den Tarifparteien, also Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern liegt.
Ein gesetzlicher Mindestlohn widerspreche diesem bewährten Verhandlungsrecht der Tarifpartner, sagen die Mindestlohn-Gegner. Der Staat solle sich hier nicht einmischen.
Mehr Gerechtigkeit oder Jobverluste?
Die Befürworter stützen sich auf zwei Hauptargumente: Sie wollen Armutsbekämpfung und Lohngerechtigkeit, also dass man vom Lohn für einen Vollzeitjob leben können muss – d. h. Existenzsicherung ohne staatliche Unterstützung.
Zweitens stärkten Mindestlöhne die Konsumnachfrage und damit die Konjunktur im Inland.
Gegner sehen dagegen die Gefahr von Arbeitsplatzverlusten, da manche Jobs bei höherer Bezahlung für die Unternehmen nicht mehr rentabel wären.
Auf die Höhe kommt es an
Die Wirkung von Mindestlöhnen auf das Beschäftigungsniveau ist auch unter Wirtschaftsexperten umstritten.
Viele aber sind sich darin einig, dass bei dieser Frage die Höhe des Mindestlohns eine wichtige Rolle spielt: Wird er sehr niedrig angesetzt, kommen nur wenige Menschen aus der Armut heraus; ist er sehr hoch, könnten viele Jobs verloren gehen.
Die Entwicklung in Deutschland zu diesem Thema ist im Fluss.