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Politischer Liberalismus: Aus der Philosophie in die Wirtschaft

Inhaltsverzeichnis

Liberalismus – das ist das Streben nach Freiheit und Autonomie jedes einzelnen Menschen. Allerdings gibt es dazu verschiedene Ansätze, nämlich den wirtschaftlichen und den politischen Liberalismus.

Während sich der wirtschaftliche Liberalismus mit der Wirtschaftsordnung und der Freiheit jedes Einzelnen darin auseinandersetzt, beschäftigt sich der politische Liberalismus mit Freiheit und sozialer Gerechtigkeit. Während der Staat im wirtschaftlichen Liberalismus also möglichst beschränkt wird, steht er im politischen Liberalismus im Vordergrund.

Der amerikanische Philosoph John Rawls (1921-2002) gilt mit seinem Werk „Die Idee des politischen Liberalismus“ als Begründer dieser Denkrichtung. Mit diesem wie auch seinem Hauptwerk „Eine Theorie der Gerechtigkeit“ beeinflusste Rawls nicht nur die Philosophie und Politik, sondern auch die Ökonomie und damit unser heutiges Gerechtigkeitsverständnis innerhalb der Wirtschaft.

Nach all den Banken- und Finanzkrisen werden Rawls‘ Thesen immer gefragter. Denn mittlerweile zweifeln immer mehr Menschen am Konzept eines Liberalismus, der die moralische Komponente, nämlich soziale Gerechtigkeit, weitgehend ausblendet. Daher plädieren sie – wie Rawls – für Transferleistungen des Staates, um für eine als gerecht empfundene Einkommens- und Vermögensverteilung, weitgehende Chancengleichheit und soziale Sicherheit breiter Schichten zu sorgen.

John Rawls – bedeutender Philosoph seiner Zeit

John Rawls  wurde am 21. Februar 1921 in Baltimore geboren und studierte ab 1939 am College der Princeton University. Als Professor der Philosophie ging er später nach Oxford, an die Cornell University, das Massachusetts Institute of Technology und schließlich an die Harvard University.

Rawls wurden mehrere Preise verliehen, zuletzt 1999 die National Humanities Medal – eine besondere amerikanische Auszeichnung für Geisteswissenschaftler.

Politischer Liberalismus: Rawls‘ Gerechtigkeitstheorie

Der politische bzw. egalitäre Liberalismus nach Rawls basiert auf der Überzeugung, dass Gerechtigkeit vorrangig ist. Dementsprechend plädierte er für eine faire Umverteilung. In diesem Zusammenhang spricht sich Rawls für einen Gesellschaftsvertrag aus, der die Staatsbürger alle an eine gerechte Form des Zusammenlebens bindet.

Auch den Egoismus vor allem wirtschaftlich privilegierter Menschen berücksichtigt Rawls. In einem Gedankenexperiment bindet Rawls den Bürgern einen sogenannten „Schleier der Unwissenheit“ um. In dieser Situation – nämlich blind – wüsste niemand um seinen Status, weswegen sich alle auf die gleiche Startposition einigen würden.

Damit belegt Rawls, wie wichtig Chancengleichheit ist und fordert, dass alle wichtigen Ämter für jeden Bewerber offenstehen müssten. Dazu bedarf es der staatlichen Kontrolle, denn wenn die Entscheidungsträger nicht kontrolliert würden, ließen sie sich von egoistischen Motiven leiten.

Obwohl Rawls‘ Thesen bisher nicht nach Liberalismus klingen, stehen sie doch unter diesem Zeichen. Denn der Philosoph berücksichtigt auch die individuelle Freiheit, indem er staatliche Transferleistungen nur zulässt, solange die „Geber“ immer noch genug zum Leben haben.

Dieser Punkt wird derzeit beispielsweise in der Debatte um Mindestlohn in Deutschland immer noch heiß diskutiert.

Im Sinne eines egalitären, also auf politisch-soziale Gleichheit ausgerichteten Liberalismus ist die Freiheit des Einzelnen also nicht der Zweck der Bemühungen, sondern dient als Mittel, um das Ideal der Gerechtigkeit unter Gleichen herzustellen.