Steueroase Gibraltar: Offshore-Finanzplatz am Rande Europas
Auf der Suche nach den Steuerparadiesen dieser Welt muss man nicht immer in die Ferne schweifen. Auch in Europa gibt es Orte, an denen Gesetzgebung und Steuerrecht so aufgebaut sind, dass nur wenig Steuern anfallen.
Wer aufgrund der aktuellen Entwicklungen sein Geld aus der Schweiz abziehen möchte, wird (leider) auch an anderen Orten fündig.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development; kurz: OECD) erstellte vor einigen Jahren eine entsprechende Liste mit den weltweiten Steueroasen.
Die Steueroase Gibraltar findet häufig Einzug in derartige Listen. Der Grund hierfür ist ein sehr liberales Steuerrecht, welches in den letzten Jahrzehnten dafür sorgte, dass Gibraltar zu einem der wichtigen Offshore-Finanzplätze dieser Welt wurde.
Steueroase Gibraltar: florierender Offshore-Finanzplatz
Gibraltar hat lediglich knapp 30.000 Einwohner und liegt am südlichen Rand der iberischen Halbinsel. Es ist ein Überseeterritorium des Vereinigten Königreichs, hat aber eine eigene Regierung. Lediglich die Bereiche der inneren Sicherheit, Außenpolitik sowie Verteidigung fallen in die Zuständigkeit des Vereinigten Königreichs.
Wirtschaftlich lebt Gibraltar in erster Linie vom Tourismus. Doch rund 25% des Bruttoinlandsprodukts werden im Finanzsektor erwirtschaftet. Niedrige Steuern haben eine Vielzahl von Unternehmen angelockt. Vor allem als Hochburg der Glücksspielunternehmen machte sich Gibraltar einen Namen.
Die liberale Steuergesetzgebung hat aber auch eine Vielzahl von Briefkastenfirmen angelockt, so wie es beispielsweise auch in dem US-Bundesstaat Delaware der Fall ist.
OECD fordert besseren Informationsaustausch
Im Zuge der Finanzkrise wurden die Stimmen lauter, die ein Austrocknen der Steueroasen forderten. In der EU waren vor allem Frankreich und Deutschland die antreibenden Länder. Ein Dorn im Auge der Finanzbehörden war vor allem, dass einige der bekannten Steueroasen das Bankgeheimnis so ernst nahmen, dass eine Verfolgung von Steuerflüchtlingen nicht möglich war.
Um den Druck auf die entsprechenden Staaten zu erhöhen, erstellte die OECD eine Liste mit den bekannten Steueroasen und stellte diese Länder damit praktisch an den Pranger. Damit zusammenhängend wurden Standards formuliert, an die sich alle Länder halten sollen und von deren Umsetzung ein Verbleib auf der Liste der Steueroasen abhängig gemacht wurde.
Zu den Standards gehört beispielsweise, dass sich die Identität von Unternehmensbesitzern nicht verschleiern lässt. Ebenso wird ein Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden gefordert. Dieser Druck brachte gewisse Erfolge. So konnte auch die Steueroase Gibraltar nicht mehr gänzlich dem bisherigen Weg folgen und machte Zugeständnisse.
Steuerabkommen erschwert Steuersündern das Leben
Im Zuge dieser Veränderungen wurde 2009 ein Steuerabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Gibraltar verabschiedet. Dieses Abkommen sieht im Kern vor, dass es einen optimierten Informationsfluss und eine Unterstützung in Steuerbelangen geben soll.
Derartige Abkommen sind seit einigen Jahren immer verbreiteter. Auch zwischen Deutschland und der Schweiz war ein ähnliches Abkommen geplant, wurde jedoch vom Bundesrat blockiert. Zusätzlich zu dem Abkommen hat sich Gibraltar verpflichtet, die Standards der OECD anzuerkennen und umzusetzen.
Doch auch ungeachtet dieser Maßnahmen scheint sich ein Wandel zu vollziehen. Im Jahr 2011 wurden zum Beispiel die Steuern für Online-Glücksspielanbieter drastisch erhöht. Zwar muss Gibraltar wohl vorerst nicht fürchten, einen extremen Schub an Unternehmens-Abwanderungen zu erleiden, doch es zeichnet sich ab: Der Kampf gegen die Steueroasen zeigt erste Wirkung.