Wirtschaftspolitik der FDP: neu und dennoch auf Linie
Liberal und unternehmerisch denkende Mitmenschen können sich seit der letzten Wahl freuen: Die FDP ist wieder da. Nach vier Jahren parlamentarischer Abwesenheit kam sie auf 10,7%. So viel wie 1980, als sie in der sozialliberalen Koalition unter Helmut Schmidt mitregierte. Und wie sieht es nun in Sachen Wirtschaftspolitik der FDP aus?
Wirtschaftspolitik der FDP im Wandel
Einer der Wahlslogans lautete „Jetzt wieder verfügbar: Wirtschaftspolitik“. Die FDP betont zugleich, sie habe sich seit der Wahlschlappe von 2013 verändert. Die Frage nach der neuen programmatischen Ausrichtung stellt sich schon mit Blick in die Vergangenheit. Abgesehen vom generellen Bekenntnis zu Freiheit und Eigenverantwortung hat sich die wirtschaftliche Ausrichtung immer wieder verändert.
Meist, weil es galt, sich in der Regierungsverantwortung gegenüber dem jeweiligen Koalitionspartner zu profilieren. So gab es 1977 die Abkehr vom „Sozialen Liberalismus“. Als Korrektiv zur SPD war mehr Wirtschaftsliberalismus angesagt. Der wiederum verlor später gegenüber der CDU unter Helmut Kohl an Abgrenzungsschärfe, weshalb Steuersenkungen mehr Gewicht bekamen.
Zur Bewältigung der Wiedervereinigung allerdings waren diese Themen schon wegen der nötigen staatlichen Lenkung und Steuereinnahmen einstweilen vom Tisch. Auf ihrer anschließenden Profilsuche wurde die FDP nach der Ära Möllemann zunehmend als „Spaßpartei“ wahrgenommen. Und spätestens die Senkung der Umsatzsteuer für Hotels, begleitet vom „Mövenpick-Spendenskandal“ im Jahr 2010, ließ die Wirtschaftspolitik der FDP zur Klientelveranstaltung verkommen.
Die Zustimmungswerte in Umfragen stürzten nach dem 2009er Rekordwahlergebnis von 14,6 % rapide ab. 2013 flog die Partei dann erstmals aus dem Bundestag. Nach Rainer Brüderle übernahm Christian Lindner das Ruder und schaffte den Wiedereinstieg. In einer Jamaika-Koalition ist die Abgrenzung nicht nur gegenüber den Grünen erkennbar.
Startups und Digitalwirtschaft fördern
In Sachen Wirtschaftspolitik will die FDP vor allem das alte Image als Klientelpartei vermeiden – und glaubwürdig bleiben. Einseitige Steuergeschenke und Schützenhilfen für spendierfreudige Berufsgruppen waren nämlich ein Widerspruch zum Prinzip des freien Wettbewerbs. Etwa das Fremdbesitzverbot, mit dem Gesundheitsminister Rösler die Apotheker vor Kettenanbietern wie Doc Morris schützen wollte.
Heute will es die FDP abschaffen und auch den Medikamenten-Versandhandel erlauben, was zum neuen als förderwürdig erachteten Bereich der Digitalwirtschaft passt. Hier sollen etliche Hürden abgebaut und das Arbeitsgesetz an deren Anforderungen angepasst werden. Zur „Gestaltungsfreiheit“ gehört etwa auch eine Flexibilisierung, sprich Ausweitung der Arbeitszeiten bzw. Einschränkung bei Schutzregelungen für Heimarbeiter.
Startup-Unternehmen, die das ohnehin begrüßen, könnten sich zudem über ein von Teilen des FDP-Vorstands gefordertes Venture Capital-Gesetz freuen. Dieses soll Privatanleger animieren, in Startups zu investieren. Der Staat wiederum soll in den Netzausbau und die Verkehrsinfrastruktur investieren. Das Parteiprogramm nennt 40 Mrd. € als Größenordnung. Dies ist eine Abkehr von der traditionellen Zurückhaltung bei staatlichen Interventionen. Gleichzeitig sollen zahlreiche Subventionen gestrichen werden.
Steuerentlastungen vorsichtiger präsentiert
Auf alter Linie liegt das Thema „weniger Steuern“, wenn auch weniger lautstark als früher. So sollen Firmen Investitionen schneller abschreiben können und Ehepartner von der Erbschaftssteuer komplett befreit werden. Eine Vermögens- sowie Transaktionssteuer wird abgelehnt.
Bei drohenden Bankenpleiten sollen zuerst Aktionäre und Gläubiger verzichten. Eine staatliche Rettung kommt nur im Notfall infrage. Gemeinden dürften nach Vorstellung der FDP künftig pleitegehen. Damit soll ein solides Wirtschaften gefördert werden. Für Staatspleiten soll es ebenfalls geregelte Verfahren geben. Rettungsschirme wie der ESM werden abgeschafft.
Das allerdings wird die Union nicht hinnehmen. Nicht zuletzt, um einen Bruch mit Frankreich zu vermeiden, das mit Deutschland Reformen zur Absicherung gegen Risiken in der Eurozone erarbeiten will. Deshalb spielt sie vorsorglich mit Gedanken, europarelevante Themen aus dem Finanzministerium, das die FDP beansprucht, abzuziehen. Generell ist die Finanz- und Wirtschaftspolitik der FDP weitgehend auf alter Linie. Steuersenkungen werden moderater vorgetragen. Neuer Schwerpunkt ist die Digitalisierung der Wirtschaft.