MTU Aktie hebt ab: Großaufträge bei Paris Air Show

Seit Montag findet in Frankreich mit der Paris Air Show eine der wichtigsten Luftfahrtmessen der Welt statt. Für den deutsch-französischen Flugzeughersteller Airbus ein lukratives Heimspiel: Gleich zu Beginn der einwöchigen Veranstaltung sicherte sich der weltgrößte Flugzeugbauer einen Rekordauftrag aus Indien.
Rekordauftrag aus Indien für Airbus
Die Billigairline Indigo gab eine Bestellung über 500 Maschinen aus der Modellfamilie A320neo auf. Es ist nach Angaben der Beteiligten der größte Einzelauftrag in der Geschichte der Luftfahrt. Indigo betreibt bislang eine rund 300 Jets starke Flotte und rüstet sich für ein gewaltiges Wachstum der indischen Luftfahrt. Das Schwellenland beheimatet mehr als 1 Milliarde Menschen und gilt neben China als wirtschaftlicher Aufsteiger.
Mit einer wachsenden Mittelschicht steigt die Zahl der Menschen, die sich Flugreisen leisten können (und möchten), deutlich an. Die Kurve dürfte in den kommenden Jahren weiter steil nach oben deuten, so die Erwartung – nicht nur bei Indigo. Bereits im Februar hatte die konkurrierende Air India ebenfalls einen Großauftrag platziert und unter anderem 250 Maschinen bei Airbus in Auftrag gegeben. Die Verträge hierfür wurden ebenfalls in dieser Woche im französischen Le Bourget nahe Paris festgezurrt.
Luftfahrtbranche rechnet mit starkem Wachstum
Während Indigo bei seinem Großauftrag ganz auf den europäischen Hersteller setzt, hat Air India seinen Auftrag in ähnlicher Größenordnung aufgeteilt: Neben den 250 Airbus-Maschinen bestellte die ehemalige Staatsairline auch bei Boeing 220 neue Jets. Auch aus Irland hatte Boeing vor wenigen Wochen einen Großauftrag erhalten: Der Billigflieger Ryanair orderte 150 Mittelstreckenflugzeuge.
Nach den Flautejahren der Corona-Pandemie befindet sich die Luftfahrtbranche damit wieder deutlich im Aufwind – und wappnet sich für neue Wachstumsmärkte im asiatischen und Indo-Pazifischen Raum, wo sich das Fluggastaufkommen in den kommenden Jahrzehnten vervielfachen könnte. Die Branche rechnet für die kommenden 20 Jahre mit einem jährlichen Anstieg des weltweiten Flugverkehrs um 3,6 Prozent. Ein Ende der Nachfrage ist somit nicht in Sicht, ganz im Gegenteil: Die Auftragsbücher bei Airbus und seinem US-Rivalen Boeing sind derart prall gefüllt, dass die nun neu bestellten Maschinen erst ab 2030 ausgeliefert werden können.
Klimaneutrale(re)s Fliegen: Neue Jet-Generation in 2030er Jahren erwartet
Bis dahin aber könnte die heutige Technik bereits überholt sein. Airbus und Boeing forschen mit Nachdruck an Möglichkeiten, Treibstoff einzusparen – sei es durch aerodynamische Optimierungen, effizientere Triebwerke oder Antriebsmöglichkeiten mit Wasserstoff. In den kommenden Jahren werden hierfür die entscheidenden Weichen gestellt, da ist man sich in der Branche sicher. In den 2030er Jahren dürften dann die ersten Maschinen neuen Typs zur Marktreife gelangen. Nach wie vor gilt das Fliegen als die mit Abstand klimaschädlichste Art der Fortbewegung. Eine Reduzierung von Treibhausgasen ist daher dringend geboten – gerade angesichts der erwarteten Wachstumsdynamik im globalen Markt.
Furcht vor der Stornierung der neuen Aufträge hat man bei Airbus dennoch nicht. Der Generationenwechsel hin zu technologisch innovativeren Maschinen sei stets ein Prozess, der sich über mehrere Jahre hinziehe. Zudem würden heute bestellte Jets auch gebraucht, um ältere Flugzeuge zu ersetzen, die teilweise schon seit mehreren Jahrzehnten in Betrieb sind.
Langfristige Lieferkettenprobleme
Stattdessen sehen sich die Hersteller mit ganz anderen Problemen konfrontiert: Während Lieferkettenprobleme und Materialengpässe in zahlreichen anderen Branchen inzwischen aufgelöst werden konnten, stockt es bei den Zulieferern der Flugzeugbauer nach wie vor ganz erheblich. Personalmangel trifft auf Rohstoffmangel, und das mitunter mehrere Lieferkettenschritte vor der eigentlichen Endmontage. Dadurch entstehen unabsehbare Wartezeiten, die es Airbus und Boeing erschweren, die bereits bestehenden Aufträge abzuarbeiten.
Airbus-Chef Guillaume Faury geht davon aus, dass sich diese Engpässe noch über mehrere Jahre hinziehen werden. Dadurch reduzieren sich auch die internen Produktionsziele: Die angepeilten 65 Jets pro Monat aus der A320-Familie werden wohl erst Ende 2024 erreicht. Im Jahr 2025 sollten es eigentlich 75 Maschinen der Modellfamilie pro Monat sein, die fertiggestellt werden. Dieses Ziel wurde nun um ein Jahr nach hinten geschoben auf 2026.
Macht Airbus sich zu abhängig von wenigen Großkunden?
Kritiker bemängeln zudem die zunehmende Abhängigkeit der Flugzeughersteller von wenigen Großkunden: Sobald eine der Airlines Stornierungen oder Vertragsstrafen etwa wegen Lieferverzögerungen in Aussicht stelle, könne sich das massiv auf die fundamentalen Geschäftszahlen wie auch den Aktienkurs von Boeing und Airbus auswirken.
Schon diese Woche zeigt, dass auch die erste Paris Air Show seit der Pandemie es trotz Rekordauftrag nicht schafft, nachhaltig für Auftrieb bei den Luftfahrtaktien zu sorgen: Auf Wochensicht notiert die Boeing Aktie rund 6 Prozent schwächer, am Donnerstag zählte sie zu den größten Verlierern an der Wall Street, weil bei einem Zulieferer nun auch noch ein Streik angekündigt wurde. Im Dax gab die Airbus Aktie binnen Wochenfrist um rund 4 Prozent nach, wohingegen sich Triebwerkshersteller MTU ein Wochenplus von knapp 2 Prozent sichern konnte.
Aktuelle Analystenstimmen zu Airbus und MTU
Analysten, die anlässlich der Luftfahrtmesse in den vergangenen Tagen ihre Einschätzungen zur Airbus Aktie aktualisiert haben, bestätigten dabei im Wesentlichen ihre vorherigen Analysen. Die Berenberg Bank sowie die Schweizer UBS raten weiterhin zum Verkauf des Papiers mit Kurszielen von 100 beziehungsweise 105 Euro. Die Airbus Aktie zu halten empfehlen das Analysehaus Jefferies sowie die kanadische Bank RBC, die das Kursziel auf 130 und 140 Euro beziffern. Unverändert zum Kauf rät unterdessen die US-Großbank JP Morgan, die das Kursziel für die Airbus Aktie bei 160 Euro belässt. Zuletzt war das Papier für knapp 130 Euro zu haben.
Deutlich optimistischer zeigen sich die Experten mit Blick auf MTU: Der Triebwerkshersteller konnte im Rahmen der Paris Air Show Aufträge in einem Gesamtvolumen von mehr als 1 Milliarde US-Dollar an Land gezogen. Auch hier aktualisierten zahlreiche Analysten ihre Einschätzungen und bestätigten dabei ihre überwiegend bisherigen Einstufungen. Zwei Experten korrigierten allerdings das Kursziel für die MTU Aktie in dieser Woche nach oben und sorgten damit für zusätzliche Kaufimpulse: Analysten von Hauck Aufhäuser Investment Banking haben die MTU Aktie von „sell“ auf „hold“ hochgestuft und zugleich das Kursziel kräftig angehoben von 197 auf 219 Euro. Auch die Deutsche Bank blickt nun (noch) optimistischer auf den Münchener Triebwerkshersteller: Die Kaufempfehlung wurde durch das Geldhaus bestätigt, das Kursziel von 252 auf 260 Euro korrigiert. Die MTU Aktie kostete am Freitagnachmittag knapp 240 Euro.