Der Prinz, das Öl und die Milliarden

Der größte Börsengang der Geschichte, doch wie viel ist der saudi-arabische Ölkonzern Aramco wirklich wert? (Foto: MaximP / shutterstock.com)
Saudi-Arabien steuert mit dem weltgrößten Ölkonzern Aramco auf den mit Abstand größten Börsengang aller Zeiten zu. Derzeit jedoch zerbrechen sich Finanzanalysten den Kopf, wie viel der Konzern wirklich wert ist. Bislang kolportierte Schätzungen reichen von 1,2 Billionen bis 2,3 Billionen US-Dollar. Eine Differenz von mehr als eine Billion US-Dollar ist schließlich kein Pappenstiel. Dafür würde man derzeit den gesamten DAX bekommen.
Der junge Prinz und das Öl
Dabei war die mögliche Marktkapitalisierung nur eine von vielen offenen Fragen, als der weltweit größte Ölproduzent vor wenigen Tagen ankündigte, nun doch an die Börse gehen zu wollen. Schließlich ist Aramco, das für etwa ein Zehntel der weltweiten Ölproduktion verantwortlich ist, nicht nur das Herzstück der saudischen Wirtschaft, sondern auch von den Entscheidungen von Kronprinz Mohammed bin Salman abhängig, dem wichtigsten politischen Entscheidungsträger des Königreichs.
Doch ist die Abhängigkeit durchaus gegenseitig. Sollte es dem Unternehmen und den begleitenden Banken nämlich nicht gelingen, ausreichendes Interesse der Anleger zu wecken, würde dies vornehmlich auf den 34-jährigen Prinzen zurückfallen, der die Erlöse aus dem Aramco-Verkauf dazu nutzen will, seine hochgesteckten Bemühungen um die Entwöhnung der saudischen Wirtschaft vom schwarzen Gold zu unterstützen.
Zwar ist der Prinz gerade unter den jungen Saudis und der Wirtschaft aufgrund der von ihm vorgenommenen Reformen – man denke nur an die Zulassung von Frauen zum Autofahren und die Erleichterungen für Touristen, das Königreich zu besuchen – ausgesprochen beliebt. Doch es gibt auch Negativmeldungen, mit denen er in Zusammenhang gebracht wird: der langwierige Krieg im Jemen oder die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi.
Kein IPO in New York
Insofern hat sich der Prinz bislang eher vorsichtig verhalten, wenn er etwa eine Notierung nur an der Tadawul-Börse in der saudischen Hauptstadt Riad anstrebt. Eine ausländische Notierung in einem komplexeren Umfeld wie New York oder London wurde verschoben, und nicht wenige Marktbeobachter sind skeptisch, ob es jemals dazu kommen wird.
Keine Kompromisse scheint der Prinz hingegen beim Preisschild machen zu wollen. Dabei könnte sich eine anfängliche Marktkapitalisierung von 2 Billionen US-Dollar ein schwerer Fehler erweisen. Verhaltensökonomen sprechen hier von Framing, worunter ein Maßstab verstanden wird, an dem sich die weitere Bewertung orientiert. Sollte der Emissionskurs deutlich darunter liegen, führt Framing dazu, dass der Börsengang trotz guter Kursentwicklung als Misserfolg gewertet wird.
Eine regelrechte Gelddruckmaschine
Ohne Zweifel hat Aramco seine Stärken. Zum Beispiel seine ungeheure Ertragskraft. Mit einem Nachsteuergewinn von 111 Milliarden US-Dollar war Aramco im vergangenen Jahr das mit Abstand profitabelste Unternehmen der Welt. Doch Zykliker haben es derzeit nicht leicht. So wird für dieses Jahr aufgrund niedrigerer Ölpreise und hausgemachter Produktionsprobleme ein deutlich rückläufiger Nettogewinn auf nur noch 92 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Von der Ertragsstärke sollen auch die Aktionäre profitieren. Kürzlich wurde bekannt, dass Aramco in den kommenden Jahren seinen Anlegern einer Dividende von 75 Milliarden US-Dollar ausschütten will. Damit könnte der größte Börsengang aller Zeiten – den Rekord hält bislang das chinesische Unternehmen Alibaba, das vor fünf Jahren auf Einnahmen von 25 Milliarden Dollar kam – eine nicht nur in Zeiten von Negativzinsen durchaus ansehnliche Dividendenrendite mit sich bringen.
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