Die jüngsten Kursexzesse sind kein Anzeichen für eine Blase

Hobby-Trader sorgen derzeit für wilde Kurssprünge an den Börsen. Ein Zeichen für eine Blase sind die Kursexzesse jedoch nicht. (Foto: Jirapong Manustrong / Shutterstock.com)
In meinem Wochenausblick gestern habe ich das Thema bereits kurz erwähnt. Stichwort Gamestop. Heute möchte ich die jüngsten Ereignisse für Sie etwas genauer einordnen. Die Geschehnisse um die Aktie des US-Spielehändlers Gamestop haben zuletzt sogar das Thema Corona etwas in den Hintergrund gedrängt. Sind diese Kursexzesse Anzeichen für eine Blase am Aktienmarkt?
Kleinanleger proben den Aufstand gegen die Hedgefonds
Wenn Sie sich ein bisschen mit der Börse beschäftigen, haben Sie sicher mitbekommen, was sich hier in den vergangenen Wochen ereignet hat. Kleinanleger proben den Aufstand gegen die Hedgefonds und lehnen sich gegen die Übermacht der Finanzprofis auf. Und das zumindest bisher mit Erfolg.
Die Aktie des kriselnden US-Spielehändlers Gamestop schoss innerhalb von etwas mehr als zwei Wochen um über 2.000% nach oben. Dies wiederum brachte viele Hedgefonds, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, mächtig in die Bredouille.
Die neue Macht der Masse an den Aktienmärkten
Die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr hat dafür gesorgt, dass viele Anleger den Gang aufs Börsenparkett gewagt haben. Die Zahl der Aktionäre ist deutlich gestiegen. Das ist zunächst einmal sehr erfreulich. Allerdings sehen viele der neuen Aktionäre den Aktienmarkt nicht als gute Möglichkeit, um langfristig attraktive Renditen zu erzielen, sondern vielmehr als “Börsencasino”.
Und diese “Freizeit-Zocker” haben eine ganz neue Macht gewonnen. Zum einen deshalb, weil es mittlerweile Broker gibt, über die sie extrem kostengünstig handeln können. Zum anderen, weil sich die “Börsen-Community” in Internetforen austauscht und so zum gemeinsamen Kauf bestimmter Aktien verabredet. In der Masse sind die Kleinanleger in der Lage, einiges zu bewegen.
Hedgefonds erleiden Milliardenverluste
Im Fokus stehen vor allem Unternehmen, bei denen besonders hohe Short-Positionen bestehen, wo also viele Großanleger, meist Hedgefonds, auf fallende Kurse gesetzt haben. Dabei handelt es sich oft um angeschlagene Unternehmen, wie Gamestop oder die Kinokette AMC Entertainment.
Bei diesen Short-Geschäften werden geliehene Aktien verkauft, in der Hoffnung, sie später zu günstigeren Kursen zurückkaufen zu können. Zieht der Kurs jedoch kräftig an, sind die Short-Seller gezwungen, sich einzudecken, um ihre Verluste zu begrenzen, was den Aktienkurs zusätzlich antreibt. Dies nennt man “Short-Squeeze”.
Mit diesen kleinen Werten funktioniert das offensichtlich besonders gut. Noch am 8. Januar notierte die Gamestop-Aktie bei 17 Dollar. In der vergangenen Woche kletterte der Aktienkurs des angeschlagenen Spielehändlers bis auf ein Hoch bei 483 Dollar – ein Anstieg um über 2.700%.
Viele Hedgefonds, die Short-Positionen hatten, mussten kapitulieren und Milliardenverluste einstecken. Ein Hedgefonds, Melvin Capital, musste mit einer Finanzspritze von 2,7 Mrd. Dollar sogar von Investoren vor der Pleite gerettet werden. Ein anderer Hedgefonds kündigte an, sein Short-Research einzustellen und künftig nur noch auf der Long-Seite zu investieren.
Kursexzesse sind keine Anzeichen für eine Blase
Ein wenig Schadenfreude kann man sich nicht verkneifen, wenn die Kleinanleger plötzlich die Hedgefonds das Fürchten lehren. Ich kann Sie jedoch nur warnen, sich an solchen Spekulationen zu beteiligen. Denn der Letzte, der das brennende Streichholz in den Fingern hält, wird sich verbrennen. Vom zwischenzeitlichen Hoch stürzte die Gamestop-Aktie wieder um mehr drei Viertel ab – innerhalb eines Handelstages!
Deshalb gehe ich auch davon aus, dass viele der Zocker, die derzeit für solche Kurssprünge sorgen, über kurz oder lang wieder vom Parkett verschwunden sein werden. Diese Kursexzesse sehe ich nicht als Anzeichen dafür, dass sich die Aktienmärkte insgesamt in einer Blase befinden. Schließlich betreffen sie nur einzelne Titel.
Aber die Vielzahl dieser Freizeit-Trader sorgen derzeit natürlich für extreme Kursausschläge. Und dies eben auch bei vielen anderen Aktientiteln, die aufgrund ihrer Trendstärke gefragt sind. Wichtig ist, dass Sie sich durch diese kurzfristigen Ausschläge nicht verunsichern lassen und das große Bild im Auge behalten. Und das ist weiterhin positiv. Die Charttechnik spricht unverändert für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends.
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