Umlaufrendite: Was ist da los?

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Im Blickpunkt der Anleger standen in den vergangenen Wochen vor allem der Euro und die Aktienmärkte. Weitgehend unbemerkt blieb jedoch, was sich an den Anleihemärkten tut. Die Entwicklung hier ist jedoch beinahe beängstigend. Schauen Sie einmal auf den nachfolgenden Chart der Umlaufrendite. Die Umlaufrendite ist die durchschnittliche Rendite aller im Umlauf befindlichen, deutschen festverzinslichen Wertpapiere / Anleihen erster Bonität, also vor allem Staatsanleihen.

Umlaufrendite: Rendite-Einbruch

Die Umlaufrendite ist seit Ende April 2010 von 2,73% auf bis zu 2,13% eingebrochen. Der langfristige Chart zeigt, dass dies „Welten“ sind: Das letzte Mal, als wir einen vergleichbaren Renditeeinbruch zu verzeichnen hatten, schrieben wir das Jahr 2008.Damals, im November, ging die Umlaufrendite von 3,71% auf 2,92% zurück. Und damals wie heute entsprach dies einer Renditeabsenkung von fast -22%. Das Ganze ist umso bemerkenswerter, wenn Sie bedenken, dass wir hier ja über einen Rendite-Durchschnitt über alle Laufzeiten, also kurz- bis langfristig, sprechen.

2008 und 2010: Flucht



Im November 2008 gab es für diesen Absturz bei den Renditen einen nachvollziehbaren Grund: Es setzt eine gigantische Flucht aus den einbrechenden Aktien und Rohstoffen in die vermeintlich sicheren Staatsanleihen ein.

Auch diesmal haben wir es mit einer Flucht zu tun, wenngleich mit einer differenzierteren Flucht. Investoren flüchten auch diesmal aus Rohstoffen und zum Teil aus Aktien. Aber diesmal flüchten sie zusätzlich aus den Staatsanleihen der überschuldeten Staaten der Euro-Zone (wie Griechenland, Portugal, Spanien) in „sichere“ Euro-Staatsanleihen in Deutschland oder Österreich oder in „sichere“ amerikanische oder japanische Staatsanleihen.  

Groteske Handlungsweise



Ganz offensichtlich glauben die Investoren daran, dass Staaten wie Deutschland, die in den vergangenen Jahren stets solide gewirtschaftet haben und über eine robuste Wirtschaft verfügen, die Überschuldungskrise der Euro-Zone (am besten) überstehen werden.

Eine andere Motivation für diese eigentlich völlig groteske Handlungsweise (wer sein Geld für 10 Jahre in eine Bundesanleihe steckt, erhält dafür eine jämmerliche jährliche Rendite von 2,55%!) kann der Mangel an Alternativen sein: Rohstoffe waren vor 4 Wochen auf einem recht anspruchsvollen und Aktien auf einem völlig überbewerteten Niveau angelangt. Was bleibt da noch, als Anleihen des weltweit am stärksten verschuldeten Staates USA zu kaufen oder eben in deutsche oder österreichische Staatsanleihen anzulegen?

Preisen die Anleihemärkte eine Rezession ein?



Allerdings sollten Sie bedenken: Wie bereits im Jahr 2008 scheinen die Anleihemärkte derzeit eine Rezessions- bzw. Depressionsphase einzupreisen. Wenn dem so ist, dann werden sich die zuletzt immer offenkundigeren Probleme der Staatsverschuldung wohl weiter zuspitzen.

Nach Griechenland und Spanien denken ja auch hierzulande die Politiker schön über drastische Sparmaßnahmen nach. Und die anderen, noch stärker verschuldeten, Staaten müssen es ihnen gleichtun. Das könnte die gerade wieder in Fahrt kommende Konjunktur im Keim ersticken. Die Folgen: Die Steuereinnahmen brechen ein und können die auf der Zinsseite gerade entstehenden Ersparnisse (günstigere Finanzierung des Staates) schnell konterkarieren.

Für die ohnehin schon wackligen Euro-Länder entfällt jedoch diese Ersparnis auf der Zinsseite: Ihre Renditen sind eben nicht gesunken und werden aktuell nur durch den Aufkauf ihrer „Ramsch“-Anleihen durch die Europäische Zentralbank EZB im Zaum gehalten. Hier droht daher – trotz des aufgespannten 750 Mrd. Euro-Rettungsschirms – weiterhin der Staatsbankrott.

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