Aktien von Familienunternehmen: Chancen und Beispiele

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Familienunternehmen zählen zu den stabilsten Säulen der Wirtschaft. Das gilt auch dann, wenn sie an der Börse notiert sind. Für viele Anleger bieten Aktien solcher Firmen eine Kombination aus Tradition, Werten und langfristiger Orientierung.

In unserem Beitrag erfahren Sie, was genau ein Familienunternehmen ist, wie viele familiengeführte Unternehmen aktuell mit Aktienanteilen in Deutschland gelistet sind und welche internationalen Beispiele besonders interessant sind. Außerdem beleuchten wir, worauf Sie achten sollten, wenn Sie in börsennotierte Familienunternehmer investieren möchten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Familienunternehmen gilt als solches, wenn die Gründer-Familie signifikante Stimmrechte hält oder im Vorstand/Aufsichtsrat mitwirkt und somit Einfluss auf Entscheidungen hat.
  • In Deutschland sind zwischen einem Drittel und der Hälfte aller börsennotierten Unternehmen Familienunternehmen, je nach Definition.
  • Familienunternehmer legen oft besonderen Wert auf langfristiges Wachstum und Eigenkapitalstärke, was bei vielen Anlegern Vertrauen schafft.
  • Aktienanteile von Familienunternehmen haben oft eine stabile Dividendenpolitik und weniger kurzfristige Volatilität, weil die Familie als Ankeraktionär agiert.
  • Internationale Beispiele wie LVMH, Volkswagen, Ford oder Berkshire Hathaway zeigen, wie Familienunternehmen global an der Börse Erfolg haben und zugleich ihre Werte bewahren.

Was zählt als Familienunternehmen?

Ein Unternehmen gilt dann als Familienunternehmen, wenn mindestens eine Familie – idealerweise diejenige, die das Unternehmen gegründet hat – entscheidende Einflussmöglichkeiten besitzt. Typische Kriterien umfassen:

  • Eine bestimmte Mindestbeteiligung an den Aktienanteilen oder am Kapital- bzw. Stimmrechtsanteil, zum Beispiel ≥ 25 % der Stimmrechte.
  • Vertretung von Familienmitgliedern im Vorstand oder Aufsichtsrat, um Mitbestimmung sicherzustellen.
  • Dauerhaftes Engagement der Familie über Generationen hinweg, nicht nur als passive Aktionäre, sondern mit aktiver Rolle in Unternehmensführung oder Kontrolle.

Erst wenn diese Elemente erfüllt sind, spricht man davon, dass ein Unternehmen sowohl familiengeführt als auch börsennotiert ist – also klassische Familienunternehmer Aktien.

Wie viele Familienunternehmen mit Aktien gibt es?

Laut Studien der Stiftung Familienunternehmen und der TU München sind zwischen einem Drittel und der Hälfte aller in Frankfurt börsennotierten Unternehmen Familienunternehmen, abhängig von den gewählten Kriterien. Die Mehrheit dieser Familienunternehmen hält im Schnitt etwa 35 Prozent der Aktienanteile bzw. der Stimmrechte bei solchen Unternehmen, wenn man den Familienanteil misst.

Welche Familienunternehmen sind international an der Börse?

Einige international bekannte Unternehmen an der Börse, die als Familienunternehmen gelten, sind folgende:

LVMH (Frankreich): Die Familie Arnault kontrolliert über verschiedene Holding-Strukturen rund 48 Prozent der Aktien. LVMH ist vor allem im Bereich Luxusgüter mit vielen bekannten Marken wie Louis Vuitton, Dior, etc. aktiv.

Hermès International (Frankreich): Hermès ist ein französisches Luxusunternehmen, das 1837 gegründet wurde und sich auf Lederwaren, Mode, Accessoires, Uhren, Schmuck und Parfums spezialisiert hat. Die Familie Hermès kontrolliert über Mehrheits-Beteiligungen an Aktienanteilen und über Holding-Strukturen einen großen Teil der Stimmrechte.

Banco Santander, S.A. (Spanien): Grupo Santander ist eine der großen Banken in Europa mit Geschäftstätigkeit in Spanien, Portugal, Lateinamerika und auch international im Investment Banking. Die Botín-Familie ist seit vielen Generationen am Unternehmen beteiligt, Mitglieder der Familie sitzen im Aufsichtsrat bzw. Vorstand und der Einfluss über Aktien und insbesondere über Stimmrechte ist historisch verankert.

Ford Motor Company (USA): Die Ford Familie hält weiterhin einen großen Anteil am Unternehmen und besitzt spezielle Aktienklassen, um Einfluss zu sichern. Der CEO ist zwar oft berufsfremd, aber die Familie ist durch Aktienanteile und Stimmrechte als Aufsicht präsent.

Berkshire Hathaway Inc. (USA): Warren Buffett und Familie besitzen bedeutende Aktienanteile und haben Einfluss als CEO über Unternehmen und Tochterfirmen.

Berkshire ist eine Holdinggesellschaft für viele Beteiligungen wie Versicherungen, Industrie, Konsumgüter, Energie etc.. Buffett ist langjähriger CEO und die Familie ist Aktionär mit Stimmrechten und Einfluss.

Welche Familienunternehmen Aktien gibt es in Deutschland?

Wir stellen im Folgenden exemplarisch fünf deutsche Familienunternehmen vor, die börsennotiert sind.

Sixt

Sixt SE ist ein Fahrzeugvermieter mit Sitz in Pullach bei München. Das Kerngeschäft umfasst Autovermietung, Leasing und Mobilitätsdienste. Die Familie Sixt hält über ihre Holding, die Erich Sixt Vermögensverwaltung GmbH, einen hohen Anteil der Aktien mit Stimmrechten. Laut Geschäftsbericht Ende 2024 besitzt diese Gesellschaft über 17 Millionen stimmberechtigte Stammaktien, was rund 58 Prozent der Stimmen ausmacht.

Weitere Anteile mit Stimmrechten über zehn Prozent sind dem Vorstand nicht bekannt. Die restlichen Aktienanteile verteilen sich auf institutionelle Anleger und Streubesitz. Der CEO bzw. Vorstand lenkt das operative Geschäft, während die Familie über den Aufsichtsrat Einfluss behält.

Bechtle

Die Bechtle AG ist ein IT-Dienstleister, der Hardware, Software, Services und die Betreuung von IT-Infrastruktur anbietet. Der Konzern hat seinen Sitz in Neckarsulm. Die Schick-Familie ist Mehrheitsaktionärin des Unternehmens. Sie hält zusammen mit einzelnen nahestehenden Personen rund 35 Prozent der Aktienanteile an Bechtle und ist damit der größte einzelne Eigentümer.

Karin Schick-Krief ist eine zentrale Person in diesem Familienunternehmen. Das Unternehmen ist börsennotiert im MDAX. Der Unternehmer-Einfluss erfolgt nicht über den Vorstand (operativ), aber über den Aufsichtsrat und über Beteiligungen.

Nemetschek

Nemetschek SE ist ein Softwareunternehmen mit Fokus auf Architektur, Bauwesen, Gebäudemanagement und Media & Entertainment. Die Familie Nemetschek besitzt rund 39 Prozent der Aktienanteile, sodass sie maßgeblichen Einfluss hat. Der CEO von Nemetschek ist nicht Familienmitglied, sondern der Unternehmer-Einfluss erfolgt über die Anteilseigner-Struktur und Stimmrechte im Aufsichtsrat.

Henkel

Die Henkel AG & Co. KGaA ist ein Konsumgüter- und Chemieunternehmen mit Marken im Bereich Waschmittel, Klebstoffe, Kosmetik etc.. Die Familie Henkel hat durch einen Aktienbindungsvertrag aktuell etwas mehr als 60 Prozent der stimmberechtigten Stammaktien in ihrem Besitz. Damit kontrolliert die Familie sowohl das Eigentum als auch wichtige Stimmrechte im Aufsichtsrat und kann Einfluss nehmen auf strategische Richtung und CEO Ernennungen.

Merck

Die Merck KGaA (Darmstadt) ist ein Wissenschafts- und Technologieunternehmen aktiv in Healthcare, Performance Materials, Life Science. Die Eigentumsstruktur sieht so aus, dass die Familie Merck über die Holding E. Merck KG etwa 70 Prozent des Kapitals besitzt. Diese Struktur gibt der Familie erhebliche Kontrolle über den Aufsichtsrat und das Management. Der CEO ist familienunabhängig, aber unterliegt dem Einfluss der Mehrheitsaktionäre.

Was sind die Vor- und Nachteile dieser Aktien?

Im Folgenden gehen wir auf die möglichen Vor- und Nachteile von Familienunternehmen Aktien für Anleger ein. Zunächst die Vorzüge:

Langfristige Ausrichtung: Familienunternehmer denken meistens über Generationen. Das kann stabilisieren, da strategische Entscheidungen oft weniger den kurzfristigen Börsenschwankungen gehorchen und mehr auf Nachhaltigkeit, Innovation oder Markenpflege zielen.

Stabile Eigentümerstruktur: Wenn ein großer Teil der Aktienanteile in der Familie gebunden ist, reduziert sich der Free Float und oft damit auch die Gefahr von feindlichen Übernahmen oder plötzlichen Aktionärswechseln. Die Familie bietet einen verlässlichen Anker im Aufsichtsrat und in der Unternehmensführung.

Klare Verantwortlichkeit und Governance: In vielen Fällen sind Verantwortlichkeiten klarer, denn der Aufsichtsrat und der CEO wissen, woran die Familie in der Regel interessiert ist. Es gibt oft ein engeres Monitoring durch die Mehrheitseigner, was Disziplin bei Investitionen oder Kosten bringen kann.

Potenzial für Prämien bei Bewertung: Anleger sind bereit, einen Aufpreis zu zahlen für Unternehmen, die als „familiengeführt“ mit guter Reputation gelten. In vielen Fällen führen solche qualitative Aspekte zu einer Bewertungsprämie.

Dividenden- und Ertragskontinuität: Familienunternehmen tendieren dazu, stabile Dividendenausschüttungen zu liefern, da die Familie oft ein Interesse an regelmäßigem, verlässlichem Ertrag hat. Zudem wird häufig zurückhaltender mit riskanten Finanzierungs-Hebeln gearbeitet, um Erträge langfristig nicht zu gefährden.

Nachteile sind demgegenüber:

Geringere Flexibilität bei der Führung: Der Unternehmer oder die Familie kann auf die CEO Besetzung oder strategische Änderungen bestehen, selbst wenn objektiv externe Expertise sinnvoller wäre. Dadurch kann Innovation verlangsamt werden oder Risiken übersehen werden.

Konflikte zwischen Familieninteressen und Minderheitsaktionären: Wenn die Familie das Mehrheitseigentum besitzt, können Entscheidungen getroffen werden, die den Interessen der Familie dienen, aber nicht im besten Interesse aller Anleger liegen.

Abhängigkeit von wenigen Personen: Wenn Schlüsselpositionen in der Familie oder nahestehendem Kreis besetzt sind, kann ein Ausfall oder Fehler dieser Personen signifikante Auswirkungen haben. Es kann auch sein, dass Nachfolgeregelungen schwieriger sind und dadurch Unsicherheit für Anleger entsteht.

Geringerer Handel / geringerer Free Float: Durch hohe Familie-Anteile bleibt oft weniger Aktienvolumen im Streubesitz. Das kann zu geringerer Liquidität führen und größere Kursschwankungen bei Käufen oder Verkäufen verursachen, insbesondere wenn größere Fonds (Fonds) einsteigen oder aussteigen wollen.

Sind Familienunternehmen Aktien grundsätzlich riskanter?

Familienunternehmen Aktien sind nicht grundsätzlich riskanter als andere Aktien. Sie besitzen jedoch spezifische Risiken wie Konzentration der Macht, potentielle Interessenkonflikte und geringere Liquidität. Ob ein Unternehmen riskanter ist, hängt stark von dessen Branche, Finanzlage und der Führungsstruktur ab.

Worauf sollten Anleger bei der Auswahl von Familienunternehmen Aktien achten?

Sie als Anleger sollten auf folgende Aspekte besonders schauen:

  • Anteil der Familienmitglieder an den Stimmrechten: Oft gibt es verschiedene Aktienklassen oder Aktien mit verschiedenen Stimmrechten, die der Gründer-Familie erlauben, Kontrolle über das Unternehmen zu behalten.
  • Familienmitglied ist CEO oder Führungsposition: Das zeigt, ob Kontrolle auch lebendig ist oder eher passiv.
  • Wie der Aufsichtsrat zusammengesetzt ist: Sind unabhängige Mitglieder vorhanden? Wie stark ist der Einfluss der Familie dort?
  • Wie stabil die Dividendenpolitik ist: Familienunternehmer neigen dazu, Schulden eher niedrig zu halten und auf Eigenkapital zu setzen.
  • Wie transparent Governance ist: Wenn zum Beispiel Ziele, Nachfolge und Konflikte innerhalb der Familie offen kommuniziert werden, ist das ein gutes Zeichen.