Die Jahresendrally: Mythos oder Chance für Anleger?
Das Jahresende rückt näher und mit ihm die alljährliche Spekulation über ein faszinierendes Phänomen an den globalen Finanzmärkten: die Jahresendrally. Viele Anleger fragen sich, ob es sich dabei lediglich um einen Mythos handelt oder um eine reale, statistisch belegbare Chance, die man nicht verpassen sollte.
In unserem Beitrag beleuchten wir die Hintergründe dieser besonderen Marktphase. Wir zeigen Ihnen, was die Jahresendrally auslöst, wann sie typischerweise beginnt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens ist und welche Branchen sowie Aktien sich besonders eignen, um von dieser positiven Entwicklung zu profitieren.
Was bedeutet Jahresendrally?
Die Jahresendrally ist ein saisonales Muster am Aktienmarkt, das eine überdurchschnittliche Kurssteigerung in den letzten Wochen eines Kalenderjahres beschreibt. Es handelt sich um ein statistisch beobacht- und belegbares Phänomen, bei dem die Kurse vieler Aktien und Indizes wie dem DAX oder dem S&P 500signifikant zulegen.
Dieses Muster der Jahresendrally wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter das sogenannte „Window Dressing“ institutioneller Anleger, die ihre Portfolios vor dem Jahresende noch „schön“ rechnen wollen sowie steuerliche Verkäufe, die im Dezember abgeschlossen werden, um Verluste zu realisieren. Im Kern ist es eine positive Tendenz, die durch eine Mischung aus fundamentalen und psychologischen Einflüssen entsteht.
Gibt es wirklich eine Jahresendrally?
Die Frage, ob die Jahresendrally ein reiner Mythos oder eine statistische Realität ist, beschäftigt Anleger seit Jahrzehnten. Die Datenlage spricht klar für Letzteres. Es handelt sich nicht um eine Garantie, aber um eine historisch belegte, erhöhte Wahrscheinlichkeit für positive Kursbewegungen. Studien über große Indizes belegen, dass die Monate November und Dezember im Durchschnitt zu den stärksten des Jahres gehören.
Ein wichtiger psychologischer Faktor ist die allgemein positive Stimmung, die sich zum Jahresende hin oft einstellt, während institutionelle Anleger durch „Window Dressing“ ihre Portfolios optimieren. Betrachten wir den deutschen Leitindex DAX als Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit eines Kursanstiegs im 4. Quartal ist signifikant höher als in anderen Quartalen. In den letzten 20 Jahren schloss der DAX in über 75 Prozent der Fälle das vierte Quartal mit einem Plus ab. Konkrete Beispiele für eine starke Jahresendrally sind:
- 2019: Der DAX stieg von Anfang Oktober bis Jahresende um über zehn Prozent, angetrieben durch eine Entspannung im Handelsstreit.
- 2020: Trotz der Unsicherheiten durch die Pandemie legte der DAX im November und Dezember um fast 15 Prozent zu, auch befeuert durch positive Impfstoff-Nachrichten.
- 2023: Nach einem schwachen Oktober startete der DAX eine beeindruckende Entwicklung und gewann bis Jahresende über 14 Prozent, was eine klassische Jahresendrally darstellte.
Auch in anderen Teilen von Europa ist dieses Muster der Jahresendrally weit verbreitet. Der Euro Stoxx 50 verzeichnete in den letzten beiden Monaten des Jahres historisch gesehen ebenfalls eine überdurchschnittliche Performance. Das Phänomen ist somit keine reine Spekulation oder gar ein Märchen, sondern eine statistisch fundierte Beobachtung, die Anleger in ihre Strategie einbeziehen können.
Wird es auch diesmal eine Jahresendrally geben?
Eine definitive Vorhersage für eine Jahresendrally ist unmöglich, da der Aktienmarkt von unzähligen, sich ständig ändernden Faktoren abhängt. Dennoch lässt sich eine fundierte Einschätzung abgeben. Angesichts der aktuellen makroökonomischen Entwicklung und der erwarteten Zinspolitik ist die Chance auf eine positive Jahresendrally 2025 als moderat bis gut einzustufen, vorausgesetzt, es treten keine unerwarteten Schocks auf. Argumente, die für eine Jahresendrally 2025 sprechen, sind unter anderem:
Saisonale Muster und Psychologie: Die historische Wahrscheinlichkeit spricht für sich. Viele Anleger erwarten die Jahresendrally und positionieren sich entsprechend, was eine selbsterfüllende Prophezeiung auslösen kann.
Nachholbedarf bei institutionellen Anlegern: Sollte das Jahr 2025 bisher unter den Erwartungen verlaufen sein, könnten Fondsmanager im vierten Quartal verstärkt in Aktien investieren, um ihre Performance zu verbessern („Window Dressing“).
Erwartete Zinssenkungen: Sollten die Zentralbanken für Anfang 2026 weitere Zinssenkungen signalisieren, würde dies die Attraktivität von Aktien im Vergleich zu Anleihen erhöhen und den Aktienmarkt beflügeln.
Argumente, die gegen eine Jahresendrally 2025 sprechen, sind demgegenüber:
Inflation und Zinsniveau: Sollte die Inflation hartnäckiger verlaufen als erwartet, könnten die Zentralbanken gezwungen sein, die Zinsen länger hoch zu halten. Dies würde die Unternehmensgewinne belasten und die Stimmung trüben.
Geopolitische Risiken: Neue oder eskalierende Konflikte in Europa oder anderen Schlüsselregionen könnten zu einer massiven Risikoaversion führen, die jede positive Saisonalität überschattet.
Hohe Bewertungen: Sollten die Aktien bereits im Herbst 2025 sehr hoch bewertet sein, wäre das Aufwärtspotenzial für eine Jahresendrally begrenzt, da die Chance auf weitere signifikante Gewinne sinkt.
Schwache Unternehmensgewinne: Eine globale Konjunkturabschwächung könnte zu enttäuschenden Quartalsberichten führen. Sinkende Unternehmensgewinne sind ein starkes fundamentales Gegenargument gegen eine Jahresendrally.
Welche Branchen und Aktien eigenen sich für die Jahresendrally?
Um die Chance einer Jahresendrally optimal zu nutzen, sollten Anleger gezielt Branchen und Einzeltitel auswählen, die historisch oder aufgrund aktueller Entwicklung besonders profitieren. Dabei gilt es, die Risiken nicht außer Acht zu lassen. Geeignete Branchen für die mögliche Jahresendrally 2025 sind:
Einzelhandel und Konsumgüter: Diese Branche profitiert direkt vom saisonalen Konsumrausch rund um Black Friday, Weihnachten und das Jahresende. Die guten Umsatzzahlen schlagen sich oft in steigenden Aktienkursen nieder.
Technologie (Halbleiter und Software): Tech-Werte sind oft Wachstumstreiber und reagieren sensibel auf positive Marktstimmung. Zudem sind sie häufig die ersten, die von einer Entspannung im Zinsumfeld profitieren, was die Jahresendrally befeuern kann.
Finanzsektor (Banken und Versicherungen): Banken profitieren von einer positiven Wirtschaftsstimmung und einem stabilen Zinsumfeld. Auch das „Window Dressing“ zum Jahresende führt oft zu Käufen in diesem Sektor, da sie als Stabilitätsanker im Markt gelten.
Rohstoffe und Grundstoffe: Diese zyklischen Branchen profitieren, wenn Anleger eine Verbesserung der globalen Konjunktur erwarten. Steigende Rohstoffpreise signalisieren eine höhere Nachfrage, was die Unternehmensgewinne in diesem Sektor antreibt.
Industrie und Maschinenbau (insbesondere in Europa): Viele Unternehmen in Europa aus diesem Sektor erhalten Großaufträge zum Jahresende oder profitieren von der Erwartungshaltung auf eine Belebung der Investitionstätigkeit im Folgejahr.
Vor diesem Hintergrund gibt es ebenso einige Aktien, die für die Jahresendrally 2025 besonders attraktiv erscheinen, wie zum Beispiel die folgenden Titel:
Apple (Technologie/Konsum)
Als globaler Marktführer im Premium-Segment profitiert Apple stark vom Weihnachtsgeschäft. Die Wahrscheinlichkeit einer positiven Kursreaktion auf starke Verkaufszahlen im vierten Quartal ist hoch.
LVMH (Luxusgüter)
Der Luxusgüterkonzern ist ein Profiteur des gesteigerten Konsums zum Jahresende. Trotz der allgemeinen Risiken im Aktienmarkt zeigen Luxusgüter oft eine geringere Volatilität in Abschwungphasen und eine starke Performance in Rallys.
Allianz (Finanzsektor)
Als einer der größten Versicherer in Europa gilt die Allianz als solider Wert. Die Chance auf eine Jahresendrally wird hier durch die Erwartung stabiler Unternehmensgewinne und attraktiver Dividenden gestützt.
Infineon (Halbleiter)
Als wichtiger Zulieferer für die Automobil- und Industriebranche profitiert Infineon von der zyklischen Erholung. Steigende Aktienkurse sind wahrscheinlich, wenn die Nachfrageprognosen für das Folgejahr positiv sind.
Amazon (E-Commerce)
Amazon ist der Inbegriff des saisonalen Konsums. Die Jahresendrally wird hier durch die massiven Umsätze im vierten Quartal befeuert, was es zu einem attraktiven Ziel für Anleger macht, die auf das Phänomen setzen.
Die Jahresendrally ist ein wiederkehrendes Phänomen am Markt, das Anleger mit Bedacht nutzen sollten. Die Risiken einer Investition bleiben bestehen, aber eine gezielte Auswahl von Aktien und Branchen kann die Chance auf überdurchschnittliche Renditen erhöhen.