ELTIF 2.0 & Evergreen Fonds: Der Durchbruch von Private Equity?
Noch vor wenigen Jahren war die Welt der exklusiven Geldanlagen klar geteilt: Auf der einen Seite standen wohlhabende Institutionen wie Rentenkassen oder Milliardäre, die in vielversprechende Unternehmen investierten, bevor diese überhaupt an die Börse gingen. Auf der anderen Seite standen Privatanleger, denen meist nur der klassische Aktienmarkt blieb.
Im Jahr 2026 hat sich das Blatt gewendet. Dank einer revolutionären EU-Verordnung namens ELTIF 2.0 (European Long-Term Investment Fund, ein EU-regulierter Fonds für langfristige Investitionen in die Realwirtschaft) und der Verbreitung von Evergreen-Fonds (offene Fondsstrukturen ohne festes Laufzeitende) ist Private Equity (Beteiligungen an nicht-börsennotierten Unternehmen) im Breitensport der Geldanlage angekommen.
Dieser Artikel erklärt Ihnen, warum diese neue Ära für Ihr Depot entscheidend ist, wie die Technik dahinter funktioniert und worauf Sie bei der Auswahl im Jahr 2026 achten müssen.
Die Demokratisierung von Private Equity: Der Durchbruch durch ELTIF 2.0
Lange Zeit war Private Equity (das bedeutet wörtlich „privates Eigenkapital“ und bezeichnet Investitionen in Firmen, die nicht an einer Börse wie dem DAX gehandelt werden) für normale Sparer fast unerreichbar. Wer mitmachen wollte, musste oft Mindestsummen von 200.000 Euro oder mehr mitbringen. Zudem war das Geld meist für 10 bis 12 Jahre fest gebunden.
Vom Nischenprodukt zum Massenmarkt
Die Wende kam mit dem ELTIF 2.0. Der Gesetzgeber erkannte, dass privates Kapital dringend benötigt wird, um wichtige Projekte wie den Ausbau erneuerbarer Energien, digitale Infrastruktur oder das Wachstum mittelständischer Unternehmen zu finanzieren.
Die wichtigste Neuerung der 2.0-Reform, die seit 2024 den Markt umkrempelt und 2026 ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: Die künstlichen Hürden für Kleinanleger wurden fast vollständig abgebaut.
- Keine Mindestanlagesumme mehr: Früher waren oft 10.000 Euro gesetzlich vorgeschrieben. Heute können Sie bei modernen Plattformen bereits ab 1 Euro oder mit kleinen monatlichen Sparplänen investieren.
- Flexiblere Anlageregeln: Fondsmanager dürfen nun in ein breiteres Spektrum an Vermögenswerten investieren, was die Risikostreuung (Diversifikation) verbessert.
- Leichterer Zugang: Was früher nur über spezialisierte Privatbanken möglich war, ist heute über Apps wie Trade Republic oder Scalable Capital mit wenigen Klicks machbar.
Für die private Altersvorsorge ist der ELTIF 2.0 deshalb so bedeutend, weil er eine Anlageklasse öffnet, die historisch gesehen oft höhere Renditen erzielt hat als der normale Aktienmarkt. Er ist damit das fehlende Puzzlestück für ein modernes Portfolio, das über das bloße Halten von Aktien und Anleihen hinausgeht.
Evergreen-Fonds: Endlose Laufzeit statt fester Fristen
Ein klassischer Private-Equity-Fonds funktionierte früher wie ein geschlossenes Projekt: Er wurde gegründet, sammelte Geld, kaufte Firmen, verkaufte sie nach 10 Jahren wieder und schüttete dann das Geld an die Anleger aus. Wer zwischendurch sein Geld brauchte, hatte Pech.
Hier kommen Evergreen-Fonds ins Spiel. Das Wort „Evergreen“ (immergrün) beschreibt eine Open-End-Struktur (eine offene Struktur ohne festes Enddatum). Diese Fonds sind darauf ausgelegt, dauerhaft zu bestehen.
Die Überwindung der J-Kurve
Ein großes Problem für Privatanleger bei klassischen Private-Equity-Investments war die sogenannte J-Kurve. Dieser Begriff beschreibt den typischen Verlauf der Wertentwicklung:
- Die Talsohle: In den ersten Jahren fallen hohe Gebühren für den Kauf von Firmen an, während die Gewinne noch auf sich warten lassen. Der Wert des Investments sinkt zunächst unter den Startwert.
- Der Aufstieg: Erst nach einigen Jahren greifen die Optimierungen in den Unternehmen, und der Wert steigt steil an – wie der Buchstabe „J“.
Evergreen-Fonds lösen dieses Problem. Da der Fonds bereits seit Jahren besteht und ein fertiges Portfolio an Unternehmen besitzt, steigen Sie als neuer Anleger in einen „fahrenden Zug“ ein. Sie investieren in Firmen, die bereits Gewinne erwirtschaften. Dadurch wird der negative Effekt der J-Kurve für Sie fast vollständig eliminiert. Ihr Geld arbeitet vom ersten Tag an produktiv.
Vorteile der Assetklasse: Diversifikation und Performance-Boost
Warum sollte man sich überhaupt mit komplizierten Firmenbeteiligungen beschäftigen, wenn es doch einfache ETFs (börsengehandelte Indexfonds, die meist einen Aktienindex eins zu eins nachbilden) gibt? Die Antwort liegt im Rendite-Risiko-Profil.
Die Illiquiditätsprämie
Der wichtigste Fachbegriff hierbei ist die Illiquiditätsprämie. Das ist eine Art „Gedulds-Bonus“. Weil Sie als Anleger akzeptieren, dass Sie Ihr Geld nicht sekündlich wie bei einer Aktie abheben können, verlangen Sie eine höhere Belohnung. Historisch gesehen lieferte Private Equity oft eine Mehrrendite von 3 % bis 5 % pro Jahr gegenüber dem klassischen Aktienmarkt (wie dem MSCI World, einem Index, der die 1.500 größten Unternehmen der Industrieländer abbildet).
Diversifikation (Risikostreuung)
Wenn die Börsen weltweit einbrechen, leiden meist alle Aktien gleichzeitig. Private Unternehmen hingegen sind nicht den täglichen Stimmungsschwankungen der Börsenhändler ausgesetzt. Ihr Wert orientiert sich stärker an den tatsächlichen Gewinnen und der langfristigen Strategie. Durch die Aufnahme eines ELTIFs in Ihr Depot reduzieren Sie also die Volatilität (die Schwankungsbreite Ihres Gesamtvermögens).
Zudem investieren ELTIFs oft in Bereiche, die an der Börse kaum vertreten sind, wie etwa Infrastrukturprojekte (Windparks, Glasfasernetze) oder hochspezialisierte mittelständische Weltmarktführer.
Liquidität und Ausstiegsstrategien: Was Anleger wissen müssen
Trotz aller „Demokratisierung“ ist ein ELTIF kein Tagesgeldkonto. Wer investiert, muss verstehen, wie er wieder an sein Geld kommt.
Gating: Die Sicherheitsbremse
Da die im Fonds enthaltenen Firmen nicht einfach über Nacht verkauft werden können, gibt es bei Evergreen-ELTIFs das sogenannte Gating (ein Mechanismus zur Beschränkung von Auszahlungen). Stellen Sie sich vor, in einer Panik wollen 50 % aller Anleger gleichzeitig ihr Geld zurück. Wenn der Fondsmanager gezwungen wäre, die Firmen unter Zeitdruck zu verkaufen, würde das den Preis zerstören. Deshalb legt der Fonds fest, dass pro Quartal zum Beispiel nur 5 % des gesamten Fondsvermögens ausgezahlt werden. Übersteigt die Nachfrage diese Grenze, müssen Anleger etwas länger warten.
Rücknahmebedingungen und Sekundärmärkte
Die meisten modernen ELTIFs bieten heute vierteljährliche Rücknahmemöglichkeiten an. Das bedeutet, Sie können alle drei Monate einen Antrag stellen, Ihre Anteile zum aktuellen NAV (Net Asset Value – der tatsächliche Wert aller im Fonds enthaltenen Vermögenswerte nach Abzug der Schulden) zurückzugeben.
Einige Anbieter experimentieren zudem mit Sekundärmärkten. Das sind interne Handelsplätze, auf denen Sie Ihre Anteile direkt an andere Anleger verkaufen können, ohne auf das offizielle Rücknahmefenster des Fonds warten zu müssen. Das erhöht die Flexibilität enorm, sollte aber im Notfall nicht als Garantie gesehen werden.
Checkliste für 2026: So wählen Sie den richtigen ELTIF aus
Der Markt für ELTIFs ist 2026 riesig. Um die Spreu vom Weizen zu trennen, sollten Sie folgende Punkte prüfen:
- Erfahrung des Managers: Werden die Gelder von einem erfahrenen General Partner (GP – der professionelle Verwalter des Fonds) wie BlackRock, Partners Group oder EQT verwaltet? Diese Firmen haben den besten Zugang zu lukrativen Deals.
- Kostenstruktur (TER): Die Total Expense Ratio (die Gesamtkostenquote pro Jahr) liegt bei ELTIFs oft zwischen 2 % und 3 %. Das ist deutlich teurer als ein ETF (ca. 0,2 %). Achten Sie zudem auf die Performance Fee (eine Erfolgsbeteiligung für den Manager, wenn dieser eine bestimmte Mindestrendite erreicht).
- Anlagefokus: Investiert der Fonds in Buyouts (Kauf etablierter Firmen), Venture Capital (Risikokapital für Start-ups) oder Infrastructure (Sachwerte wie Stromnetze)? Für Einsteiger empfiehlt sich ein Mix aus verschiedenen Strategien.
- Mindestlaufzeit & Lock-up: Gibt es eine Sperrfrist (eine Zeitspanne, in der man gar nicht verkaufen darf)? Oft liegt diese bei 1 bis 2 Jahren.
Vergleich führender ELTIF-Anbieter (Stand Dezember 2025)
| Anbieter | Produktname (Beispiel) | Mindestanlage | Rückgabefrequenz | Geschätzte Kosten (p.a.) | Fokus |
|---|---|---|---|---|---|
| BlackRock | Private Equity Fund ELTIF | 10.000 € (via Scalable) | Vierteljährlich | ~2,3 % + Erfolgsgebühr | Global Private Equity |
| Trade Republic / Apollo | Apollo Private Markets | Ab 1 € | Vierteljährlich | ~2,5 % – 3,0 % | Multi-Asset (Credit & Equity) |
| Partners Group | Next Generation ELTIF | Variiert (ca. 1.000 €) | Vierteljährlich | ~2,5 % | Direkt-Investments global |
| Schroders | Capital Semi-Liquid | Ab ca. 10.000 € | Monatlich/Quartalsweise | ~2,2 % | Mittelstand & Buyouts |