Wohnungseigentümer: Frage nach Haftung für alte Verbindlichkeiten

Inhaltsverzeichnis

Nach § 10 Abs. 8 WEG haftet jeder Wohnungseigentümer einem Gläubiger nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft.

Hier stellt sich eine wichtige Frage:

Haften Sie als Eigentümer auch für Verbindlichkeiten, die bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 01.07.07 entstanden und fällig geworden sind?

Praxisbeispiel

Die Wohnungseigentümergemeinschaft wurde jahrelang von den Stadtwerken mit Wasser, Gas und Strom beliefert.

Nunmehr wollen die Stadtwerke restliche Forderungen geltend machen, da die Lieferung von Wasser und Strom noch nicht gänzlich bezahlt wurde.

Die einzelnen Eigentümer weigern sich mit dem Argument, nicht der einzelne Eigentümer sei Vertragspartner, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft. Schließlich berufen sie sich auf die neue oben genannte gesetzliche Regelung.

Der Bundesgerichtshof hat für die Eigentümer entschieden

Die Richter waren der Auffassung, dass die Wohnungseigentümer nicht persönlich auch für alte Verbindlichkeiten haften, die vor Inkrafttreten des Gesetzes entstanden sind, sondern auch hierfür nur die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche Vertragspartner und Schuldner ist (BGH, Urteil v. 07.03.07, Az. VIII ZR 125/06).

Achtung: Das Oberlandesgericht München ist dieser Auffassung mit folgender Begründung nicht gefolgt:

Die oben genannte BGH-Rechtsprechung bezieht sich noch auf den Zeitpunkt, als das neue WEG noch nicht in Kraft war (OLG München, Beschluss v. 28.01.08, Az. 34 Wx 77/07). Eine weitere Entscheidung des BGH liegt bislang noch nicht vor.

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Sie haften auch, wenn Sie nicht mehr Mitglied der Gemeinschaft sind — Verbindlichkeiten wirken fort

Des Weiteren müssen Sie berücksichtigen, dass eine Haftung auch dann für Sie im Nachhinein noch besteht, wenn Sie aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgetreten sind.

Sie haften noch für Verbindlichkeiten, die während des Zeitraums Ihrer Gemeinschaftszugehörigkeit entstanden und auch fällig geworden sind.

Praxisbeispiel

Ihre Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt eine Firma mit der Reparatur der Heizungsanlage am 01.09.09. Sie veräußern Ihre Wohnung am 15.10.09.

Die Eintragung Ihres Käufers erfolgt 14 Tage später, am 01.11.2009. Die Firma übergibt am 10.11.09 die Rechnung, und die Arbeiten sind ordnungsgemäß ausgeführt worden.

Hier waren Sie zum Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeit noch Wohnungseigentümer; als die Fälligkeit der Forderung eingetreten ist, waren Sie es nicht mehr.

Gleichwohl haften Sie gegenüber der Heizungsbaufirma. Kann die Wohnungseigentümergemeinschaft also nicht zahlen, haften Sie in Höhe Ihres Miteigentumsanteils gegenüber der Heizungsfirma.

Hierbei kann sich die Heizungsbaufirma aussuchen, an wen sie sich wendet, also an Sie als Verkäufer oder an den Käufer.

„Nachhaftung“ für 5 Jahre

Diese „Nachhaftung“ besteht für Sie maximal 5 Jahre. Voraussetzung ist allerdings, dass die Forderung binnen 5 Jahren nach Ihrem Austritt fällig und auch entsprechend tituliert wird, also ein Urteil oder Vollstreckungsbescheid gegen Sie erwirkt wurde.

Aber auch wenn Sie eine Eigentumswohnung erworben haben, haften Sie.

Erwerber haftet neben Veräußerer

Der Erwerber haftet neben dem Veräußerer gegenüber dem Dritten, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft zahlungsunfähig ist.

In dem oben geschilderten Beispiel haften also Erwerber und Veräußerer gesamtschuldnerisch gegenüber dem Handwerker. Allerdings kann der Veräußerer den Erwerber auf Ausgleich in Anspruch nehmen.

Beachten Sie die Verjährung

Forderungen verjähren nach 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt ab dem Zeitpunk der Kenntnis von der Forderung zu laufen.

Dies gilt auch für Beseitigungsansprüche, bei denen jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen kann, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und den Beschlüssen entspricht (OLG Hamm, Beschluss v. 04.12.08, Az. 15 Wx 1982/08).

Wenn Sie eine Außenmarkise angebracht haben, kann jeder Eigentümer von Ihnen verlangen, dass diese, wenn sie von der Gemeinschaft nicht genehmigt wurde, abgebaut wird.

Auch die Gemeinschaft kann dieses verlangen. Haben Sie diese jedoch 2006 angebracht, hätte der Anspruch bis zum 31.12.09 gerichtlich eingefordert werden müssen.

Nach Ablauf der Verjährungsfrist haften Sie nicht mehr auf Beseitigung.

Ihre Haftung im Überblick

Rolle des Verwaltungsbeirats

Bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Verwaltungsbeirat bestellt werden.

Dieser ist Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Der Beirat unterstützt den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben, er kann aber dessen Aufgaben und Befugnisse nicht selbst ausüben.

Er übt jedoch die Kontrolle der laufenden Verwaltungstätigkeit aus.

Beirat haftet bei Verschulden

Diese Tätigkeit ist jedoch auch durchaus haftungsträchtig. Zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und dem Beirat besteht nämlich ein Auftragsverhältnis.

Verletzt der Beirat aus diesem Auftragsverhältnis seine Verpflichtungen schuldhaft, so haftet er für den Schaden.

Wenn Sie also Mitglied eines Beirats sind, müssen Sie bedenken, dass Sie für eventuelle Fehler haften können.

Nach § 29 Abs. 3 WEG soll der Wirtschaftsplan, die Abrechnung über den Wirtschaftsplan und die Rechnungslegung und Kostenvoranschläge vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit dessen Stellungnahme versehen werden, bevor über sie die Wohnungseigentümerversammlung beschließt.

Unterlassen Sie nunmehr eine solche Prüfung und teilen den anderen Wohnungseigentümern mit, eine zum Beispiel fehlerhafte Abrechnung des Wirtschaftsplans sei korrekt und dieser könne zugestimmt werden, besteht eine Haftung.

Tipp

Wenn Sie die Tätigkeit eines Verwaltungsbeirats ausüben, sollten Sie darauf bestehen, dass für den Beirat auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung abgeschlossen wird.

Des Weiteren sollten Sie einen Beschluss herbeiführen, aus dem sich ergibt, dass der Verwaltungsbeirat nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet.