Cannabis Aktien: Chancen und Risiken des Zukunftsmarkts

Cannabis Aktien: Chancen und Risiken des Zukunftsmarkts
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Inhaltsverzeichnis

Wer an der Börse richtig Geld machen will, darf zwei Dinge nicht scheuen: erstens, Wetten auf die Zukunft und zweitens das damit verbundene Risiko.

Das größte Wachstumspotenzial bieten Unternehmen und Branchen, die noch ganz am Anfang stehen, sofern sich ihr Geschäftsmodell denn auf lange Sicht erfolgreich etablieren lässt. Ein relativ junger Markt, der im gerade angebrochenen neuen Jahrzehnt erhebliches Wachstumspotenzial bietet, sind Cannabis Aktien.

Trend zur Liberalisierung am Cannabismarkt

Bereits seit einigen Jahren lässt sich vor allem in Europa und Nordamerika ein Trend zur Liberalisierung erkennen: In immer mehr Ländern sind Cannabisprodukte zu medizinischen Zwecken verfügbar, seit 2017 gilt dies auch für Deutschland. Einige Staaten sind sogar noch einen Schritt weiter gegangen und haben die Hanfpflanze auch als Genussmittel legalisiert, beispielsweise Uruguay, Kanada sowie mehrere US-Bundesstaaten. In den Niederlanden ist der Konsum bereits seit Langem erlaubt, in Luxemburg wurden zuletzt ähnliche Bestrebungen erkennbar und Spanien stuft den Konsum lediglich als Ordnungswidrigkeit ein.

Das Potenzial ist gewaltig, immerhin zählt Cannabis auch in Deutschland zu den am meisten verbreiteten „weichen“ Drogen. Laut dem aktuellen Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung von November 2019 gab nahezu jeder fünfte Jugendliche an, bereits Cannabis konsumiert zu haben. Bei den 18- bis 25-Jährigen lag der Anteil sogar bei fast 43 Prozent. Bei einer Legalisierung und damit verbundenen Regulierung würden dem Staat demnach erhebliche Steuereinnahmen winken. Zahlreiche Parteien, auch im Deutschen Bundestag, stehen einer Legalisierung positiv gegenüber.

Enormes Wachstumspotenzial

Für die größten Cannabishersteller könnten sich also in den kommenden Jahren weitere aussichtsreiche Märkte erschließen. Ein besonderer Fokus liegt derzeit auf den USA: Dort gibt es Bestrebungen, Cannabis bundesweit zu legalisieren, was bislang jedoch am Widerstand der Republikaner scheitert. Dennoch sind auch hier zumindest gesellschaftlich liberale Tendenzen erkennbar, sodass eine Legalisierung für den gesamten US-Markt in den kommenden 10 bis 20 Jahren als durchaus nicht unwahrscheinlich gelten kann.

Für Cannabisfirmen wäre eine solche Expansion auf dem US-Markt eine Goldgrube – und entsprechend auch für ihre Anleger. Neben den bisherigen großen Playern dürften spätestens dann zudem etliche kleinere Anbieter wie Pilze aus dem Boden schießen, um ebenfalls ein Stück vom Kuchen zu ergattern – und sei es nur, um sich später für teuer Geld von den Großen aufkaufen zu lassen.

Zurzeit gibt es fünf große Hersteller, die bei Anlegern und Analysten besonders im Fokus stehen, überwiegend mit Sitz in Kanada: Canopy Growth, Aurora Cannabis, Tilray und Aphria sowie das britische Unternehmen GW Pharmaceuticals.

Canopy Growth

Canopy Growth gilt als Weltmarktführer im Cannabissegment, sowohl im Hinblick auf die medizinische Anwendung als auch den Freizeitkonsum. Das im kanadischen Ontario ansässige Unternehmen wurde 2014 gegründet und wächst seither stetig – sowohl organisch als auch durch Akquisitionen. Durch den Zukauf der Firma Spektrum Cannabis im Jahr 2016 hat sich Canopy Growth auch Zugang zum deutschen Markt gesichert: Als erstes deutsches Unternehmen hatte Spektrum Cannabis eine Einfuhrgenehmigung für medizinisches Cannabis erhalten.

Großaktionär bei Canopy Growth ist der Alkoholkonzern Constellation Brands, der unter anderem die Biermarke Corona vertreibt. Das Unternehmen hält einen Anteil an Canopy Growth von rund 38 Prozent.

Vor den massiven Kursschwankungen der Branche ist indes auch der Marktführer nicht gefeit: Genau wie alle anderen Hersteller hat die Aktie von Canopy Growth in den vergangenen Jahren eine rasante Berg-und-Tal-Fahrt hingelegt. 2019 ist ihr Wert um etwa die Hälfte eingebrochen. Der Nutzen des Investments zeigt sich erst in der Langzeitperspektive: Betrachtet man die letzten drei Jahre, verzeichnet das Papier ein Plus von rund 200 Prozent – auf fünf Jahre beläuft sich der Zuwachs sogar auf mehr als 1.300 Prozent.

Für Anleger mit langem Atem, die auch in längeren Korrekturphasen wie 2019 nicht nervös werden, kann sich die Investition also durchaus lohnen.

Aurora Cannabis

Auch Aurora Cannabis ist in Kanada beheimatet. Das Unternehmen bietet eine breitgefächerte Produktpalette mit Cannabis in verschiedenen Darreichungsformen zur pharmazeutischen oder kosmetischen Verarbeitung sowie zum Freizeitkonsum. Aurora Cannabis verfügt weltweit über mehrere Produktions- und Vertriebsstätten und erzielte in den vergangenen Jahren vor allem durch milliardenschwere Übernahmen beeindruckende Wachstumsraten im dreistelligen Bereich.

Der Fokus liegt auch für Aurora Cannabis auf dem erheblichen Potenzial des nordamerikanischen Marktes, allerdings wird auch eine internationale Expansion in Richtung Australien und Europa zunehmend ausgebaut. Der Vertrieb läuft mittlerweile in 25 Ländern.

Der Kurstrend der Aurora Cannabis Aktie ähnelt dem von Canopy Growth, fällt allerdings unterm Strich wesentlich schwächer aus: Im Jahr 2019 verlor das Papier gut 70 Prozent an Wert, selbst auf Drei-Jahres-Perspektive liegt der Kurs damit nur knapp zweistellig im Plus. Wer jedoch vor fünf Jahren investiert hat, verzeichnet immer noch eine Wertsteigerung um mehr als 500 Prozent – was auf den ersten Blick enorm lukrativ erscheint, verliert jedoch ein wenig an Glanz, wenn man sich vor Augen führt, dass sich die Kursgewinne im Jahr 2018 mehrmals jenseits der 3.000 Prozent bewegten.

Tilray

Tilray, ebenfalls ansässig in Kanada, zählt neben Canopy Growth und Aurora Cannabis zu den drei größten Herstellern weltweit, gemessen am Börsenwert. Es ist das erste Unternehmen der Branche, das den Schritt an die US-Technologiebörse Nasdaq wagte.

Das Geschäftsmodell von Tilray fokussiert sich bislang stark auf die medizinische Cannabisverwendung. Der Bereich wurde unter anderem gestärkt durch eine Ende 2018 vereinbarte Vertriebskooperation mit Sandoz Generic Pharmaceuticals, einer Tochtergesellschaft des europäischen Pharmakonzerns Novartis.

Allerdings plant auch Tilray eine Ausweitung seiner Produktpalette und will beispielsweise den noch zu erschließenden Markt auf Cannabis basierender Getränke erobern. Eine Zusammenarbeit mit einem großen Alkohol-, Getränke- oder Tabakkonzern erscheint daher künftig wahrscheinlich.

Anleger hatten mit der Tilray Aktie bislang nur kurzzeitig ihre Freude: Das Papier ging erst im Sommer 2018 an die Börse, als die Cannabis Rally bereits in vollem Gange war. Kurzzeitig schoss der Kurs in die Höhe, konnte sich dem Abwärtstrend 2019 jedoch ebenfalls nicht entziehen und verlor rund 75 Prozent.

Aphria

Aphria ist, gemessen an seiner Marktkapitalisierung, das kleinste Unternehmen unter den „Big Five“ und hat seinen Hauptsitz ebenfalls in Kanada. Neben der Expansion am nordamerikanischen Markt hat Aphria auch einen Fuß nach Deutschland gesetzt durch die Übernahme der CC Pharma GmbH. Die Pharmafirma ist für den Import medizinischer Produkte für über 13.000 Apotheken in Deutschland zuständig.

Der Kursverlust an der Börse fiel für die Aphria Aktie 2019 mit rund 20 Prozent nicht ganz so dramatisch aus. Binnen drei Jahren notiert der Kurs etwas mehr als 25 Prozent im Plus, auf fünf Jahre erzielten Anleger eine Wertsteigerung von fast 600 Prozent.

GW Pharmaceuticals

Das britische Unternehmen ist die einzige europäische Cannabisfirma in den Top Five der Branche. GW Pharmaceuticals ist, wie der Name schon sagt, stark fokussiert auf den medizinischen Einsatz von Cannabisprodukten und forscht an neuen therapeutischen Einsatzmöglichkeiten von Wirkstoffen, die auf Cannabis basieren.

2019 landete die Aktie von GW Pharmaceuticals rund 30 Prozent im Minus, auf Drei-Jahres-Sicht bewegt sich das Papier um die Nulllinie. Binnen fünf Jahren konnten Anleger einen Wertzuwachs von immerhin rund 50 Prozent verbuchen.

Cannabis Aktien mit hoher Volatilität: Nichts für schwache Nerven

All diese Firmen bieten Anlegern in den kommenden Jahren erhebliches Wachstumspotenzial. Allerdings sind sie nur für Investoren geeignet, die einen langen Atem mitbringen und das Risiko nicht scheuen. Gerade die vergangenen zwei Jahre haben noch einmal verdeutlicht, mit welch hoher Volatilität am Cannabis Markt zu rechnen ist: Während 2018 als Boom-Jahr für die Branche Börsengeschichte schrieb, folgte 2019 eine dramatische Korrekturphase mit Kursstürzen von bis zu 80 Prozent. Schwache Quartalszahlen und zurückgestutzte Expansionspläne taten ihr Übriges.

Immerhin: Die Talsohle ist laut Analysten inzwischen durchschritten, die Bewertungen liegen überwiegend wieder im positiven Bereich. Dennoch ist ein Investment in den Cannabismarkt nichts für schwache Nerven.

Wer nicht auf den Erfolg eines einzelnen Unternehmens setzen will, kann neuerdings auch in Branchenindizes oder ETFs investieren. Sie bilden die Branche etwas breiter ab und haben neben den „Big Five“ weitere Hersteller im Portfolio.

Allerdings haben die Kursentwicklungen in der Vergangenheit gezeigt, dass die Aktien kleinerer Firmen häufig durch die Trends der Großen mitgerissen werden – im Positiven wie im Negativen. Geht es für den Markt insgesamt aufwärts, ziehen die Kleinen mit. Stürzen die Aktien der Großen ab, geht es auch insgesamt abwärts. Die breitere Streuung zur Minimierung von Ausfallrisiken zieht im Falle der Cannabis-Sammelinvestments also nur bedingt.

Chancen und Risiken für Anleger

Einige Experten rechnen damit, dass sich der weltweite Markt für Cannabisprodukte bis 2030 verzehnfachen wird. Allerdings ist das Wachstumspotenzial mit Vorsicht zu genießen, denn es ist stark abhängig von politischen Entwicklungen. Wenngleich der medizinische Nutzen zunehmend unumstritten ist und noch längst nicht alle therapeutischen Wirkungspotenziale ausgeschöpft sind, könnte der Weg hin zur Legalisierung von Cannabisprodukten für den Freizeitkonsum in einigen Ländern noch sehr weit und steinig sein – oder auch komplett verbaut bleiben.

Trotz entsprechender gesellschaftlicher Tendenzen in zahlreichen westlichen Ländern ist keineswegs sicher, dass eine Legalisierung in den kommenden zehn Jahren in allzu vielen Staaten durchgesetzt wird. Zudem befindet sich die noch sehr junge Branche in einer turbulenten Startphase  und hat noch mit Wachstumsschmerzen zu kämpfen: Angesichts von Marktkonsolidierung und Wachstumsstreben der Big Five dürften einige kleinere Firmen langfristig auf der Strecke bleiben, umgekehrt haben die Großen mit Expansionskosten zu kämpfen, die auf die Bilanzen drücken.

Anleger sollten sich die mit der Branche verknüpften Risiken bewusst machen und Aktien von Cannabisherstellern oder entsprechende ETFs lediglich als Beimischung in ihr Depot aufnehmen. Es gilt mehr denn je, starke Nerven und einen langen Atem mitzubringen, um heftige Volatilitäten auszuhalten. Wenn das gelingt, könnte sich der Pioniergeist auf lange Sicht auszahlen.