E-Roller-Markt: Tier Mobility mit neuem Deal

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Für junge Leute sind sie aktuell schwer angesagt, für manchen Städter aber auch zur Plage geworden. Die Rede ist von den vielen E-Tretrollern, die in zahlreichen Großstädten auf den Bürgersteigen stehen und per App ausgeliehen werden können. Dass sich das Verleihgeschäft mit E-Rollern lohnen kann, zeigen zahlreiche Übernahmeaktivitäten in diesem jungen Markt.

So hat die in Berlin ansässige Tier Mobility SE in der vergangenen Woche bekannt gegeben, dass sie die Ford-Tochter Spin übernommen hat. Durch diesen Deal expandiert der laut eigenen Angaben führende europäische Anbieter von E-Scootern, E-Bikes und E-Mopeds (kurz: Micro-Mobilitäts-Anbieter) jetzt auch in die USA und Kanada.

Was die Berliner für den Deal an die Ford Motor Company überweisen muss, wurde nicht bekannt gegeben. In den Medien ist allerdings von einer Kaufsumme im hohen zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Millionenbereich die Rede. Schließlich hatte Ford in 2018 laut Wall Street Journal zwischen 80 – 90 Mio. US-Dollar (USD) für die Übernahme von Spin auf den Tisch blättern müssen.

Bereits die 3. Übernahme in kurzer Zeit

Die erst 2018 gegründete Tier Mobility setzt voll auf internationale Expansion durch Zukäufe von Mitbewerbern. So schluckte Tier Mobility im November 2021 den Leipziger Fahrradverleiher Nextbike. Nur einen Monat später kaufte Tier mit Vento Mobility die italienische Tochter des spanischen Mitbewerbers Wind Mobility.

Und wenn Sie sich jetzt fragen, wie ein erst vor gut 3 Jahren gegründetes Startup sich all diese Übernahmen leisten kann, kann ich Sie beruhigen. Tier Mobility gilt als bestfinanziertes Mikromobilitätsunternehmen in Europa. In diversen Finanzierungsrunden konnten die Berliner insgesamt 660 Mio. USD an Risikokapital einsammeln.

So reagierten die Börsen

Wenn Sie Ford-Aktien in Ihrem Depot haben, konnten Sie sich am vergangenen Mittwoch über einen deutlichen Kurssprung freuen. Die Ford-Papiere legten nach Bekanntgabe des Verkaufs der Ford-Tochter Spin um gut 3,4% zu.

Anleger honorierten offenbar den Verkauf der Ford-Tochter, die in ihrer Entwicklung deutlich unterhalb der Erwartungen geblieben ist. So mussten in einem kürzlich durchgeführten Umstrukturierungsprozess einige Länderstandorte, darunter auch die Spin-Aktivitäten in Deutschland, geschlossen und ein Viertel der Belegschaft entlassen werden.

Tier Mobility SE ist zwar der Rechtsform nach eine Europäische Aktiengesellschaft (SE). Die Aktien des Unternehmens werden allerdings (noch) nicht an der Börse gehandelt. Über einen möglichen Börsengang des Berliner Mobilitätsunternehmens wurde zwar spekuliert. Allerdings ist wegen des Ukrainekriegs und den damit verbundenen Kurseinbrüchen aktuell nicht mit einem Börsengang zu rechnen.

Tier will zum Marktführer aufsteigen

Nach der Übernahme von Europas größtem Fahrradverleiher Nextbike war Tier bereits in über 410 Städten mit einer Flotte von 250.000 Fahrzeugen vertreten. Durch den Kauf von Spin startet Tier nun auch die Erschließung des amerikanischen Marktes. Zukünftig wird Tier in mehr als 520 Städten in 21 Ländern mit einer Flotte von 300.000 Fahrzeugen vertreten sein. Dies macht Tier zum größten Mikromobilitätsbetreiber weltweit.

Auch der Mitbegründer und aktuelle Tier-Chef Lawrence Leuschner begrüßt den Kauf des US-Mitbewerbers: „Die Übernahme von Spin durch Tier und unser Eintritt in den nordamerikanischen Markt sind große Meilensteine in unserer Mission, Mobilität zum Guten zu verändern.“

Wie es weitergeht

Das Team von Spin wird in Nordamerika als eigenständiges Unternehmen weitergeführt. Das britische Spin-Geschäft soll zu einem späteren Zeitpunkt auf Tier übertragen werden. Der US-Autohersteller Ford wird auch nach dem Verkauf seiner Mikromobilitätstochter als strategischer Investor von Tier an Bord bleiben.

Welche Rückschlüsse können wir aus diesem Deal ziehen? Der noch recht junge Markt der Mikromobilitätsunternehmen ist offenkundig in den Konsolidierungsmodus eingetreten. Es ist also mit weiteren Übernahmeaktivitäten in diesem Bereich zu rechnen.