Airbnb mischt die Reisebranche auf
Sie wachsen und wachsen und stellen die klassische Wirtschaft vor Herausforderungen. Start-ups wie Uber oder Airbnb vermitteln Angebote unter Privatpersonen und mischen mit ihrem Share Economy-Prinzip den Markt auf.
Mitfahrgelegenheiten oder Privatzimmer, millionenfache laufende Provisionen lassen den Firmenwert von Uber auf gut 70 Mrd. US-$ ansteigen, der von Airbnb beträgt geschätzte 30 Mrd. US-$.
Airbnb – eine Expansion mit enormen Auswirkungen
Noch, denn erneut setzt Airbnb auf Expansion. Die Auswirkung betrifft nicht mehr nur Hotels, der Zimmervermittler aus San Francisco greift nun auch die Tourismusbranche an. Reisende bekommen auf Wunsch zur privaten Unterkunft in attraktiven Städten dieser Welt auch den Flug dazu. Künftig werden ganze Reiseprogramme angeboten. In Vorbereitung sind Events und Specials wie Mehrtageskurse bei TV-Autoren in Los Angeles oder „Whiskey Social“ Entdeckungstouren.
Die neue Kombifunktion nennt sich „Trips“. Die Auswirkungen der jüngsten Expansion von Airbnb dürften klassische Anbieter wie TUI unter Druck setzen und zwingen, sich neue Angebote einfallen zu lassen. Airbnb ist seit seiner Gründung 2008 mittlerweile in über 34.000 Städten und 191 Ländern weltweit vertreten.
Der rasante Aufstieg geht auf das aktivierte Potenzial zahlloser Nutzer zurück, welche die enorme Kostenersparnis bei Privatvermittlungen entdecken und eine eigene Kunden-Community bilden. Die ohnehin vorhandenen Zimmer und Häuser privater Kurzzeitvermieter sind natürlich billiger als eigens vorgehaltene Ressourcen und Dienstleistungen von Hotels und Pensionen.
Trips und Events schon länger geplant
Dass die Privatvermietung, die in vielen Städten ausuferte und für Ärger sorgte, teils erheblich eingeschränkt wurde, ist eher ein Korrektiv im Detail. Seinen Siegeszug setzte Airbnb durch immer neue Destinationen fort. Zuletzt kam auch Kuba ins Angebot. Um das Wachstum fortzusetzen, wurde 2014 das Angebot auf Geschäftsreisende erweitert, inklusive Taxi und formaler Abrechnung.
Schon damals gab es erste Vorbereitungen für das neue Rundum-Angebot „Trips“. Privatvermieter fingen an zu kochen, machten Stadtführungen und holten ihre Mieter vom Flughafen ab. Bereits zu diesem Zeitpunkt zeigte die Expansion der Bettenbörse Airbnb ihre Auswirkungen auf gewerbliche Anbieter, die investieren, Vorschriften einhalten und Hotelsteuern zahlen müssen: Airbnb gräbt mindestens 5% von deren Umsätzen ab. 2015 verloren allein die Hotelketten gut 1 Mrd. US-$.
Weil das Angebot von über 2 Mio. Unterkünften eine Bedrohung darstellt, gehen sie mit eigenen Angeboten für die junge Kundengeneration der „Millennials“ in die Offensive. Dazu gehört die neue Marke „Tru“ von Hilton oder „Moxy Hotels“ von Marriot.
Zunehmende Professionalisierung
Doch schon treibt Airbnb mit „Trips“ seine Professionalisierung mit Privatcharakter weiter voran. Nun müssen sich auch Online-Reisebüros wie Expedia oder der Klassiker TUI etwas einfallen lassen. Dabei geht es nicht nur um günstige Angebote, sondern vor allem die Ansprache an eine Kundengeneration mit eigenen Erwartungen. Der Vorteil etablierter Reiseunternehmen: Sie haben in ihrem anspruchsvollen Bereich einen erheblichen Erfahrungsvorsprung.
Airbnb hingegen erweitert sein reines Vermittlungsgeschäft um Segmente, die Neuland sind. Kooperationen mit erfahrenen Unternehmen dürften unvermeidlich sein. Der Schritt vom Privat-zu-Privat-Portal zum professionellen Rundum-Anbieter ist ein Balanceakt, der viel Know-how und ganz eigene Finanzierungsmodelle erfordert. Bisher lief alles einfach über Provisionen.
Airbnb mag ein milliardenschweres Unternehmen sein, doch wie profitabel es ist, lässt sich schwer einschätzen. Über die finanziellen Verhältnisse ist wenig bekannt, genauso wie beim Fahrdienstriesen Uber. Derzeit finanzieren sie sich über Wagniskapital. Vom geplanten Börsengang ist zwar schon lange die Rede, doch bezeichnenderweise tut sich nichts.
Keine Lust auf Börsenpflichten
Auf Anfragen heißt es meist, „der Zeitpunkt sei noch nicht gekommen“. Und solange sie nicht an der Börse sind, müssen sie auch keine Einzelheiten darlegen. Auch Airbnb scheint wenig Lust zu verspüren, alle drei Monate Geschäftsberichte zu veröffentlichen, sich vor Aktionären zu rechtfertigen oder Rückstellungen für juristische Risiken zu bilden, von denen es genügend gibt.
Immerhin ruft das Modell weltweit die Gesetzgeber auf den Plan. Das Hotelgewerbe schätzt den Anteil illegaler Vermietungen auf gut 30%. Nicht auszuschließen, dass das stürmische Wachstum eher eine windige Angelegenheit ist, die tatsächliche Verluste überdeckt. Airbnb mag mehr wert sein, als das Börsenunternehmen Hilton, doch sein Geschäftsmodell könnte sich durchaus als Blase entpuppen.
Wäre Airbnb an der Börse, müsste es seine Wachstumserwartungen professionell belegen. Dies gelang sogar dem Kurznachrichtendienst Twitter nicht. Dessen Aktie ist wegen anhaltender Verluste seit dem Börsengang 2013 nur noch die Hälfte wert. Den Nerv der Zeit zu treffen und schiere Masse zu generieren, ist eben die eine Sache. Wie es nach einer Marksättigung weitergeht, eine ganz andere.