JD.com: Warum investiert Google im großen Stil?
Viele China-Investoren dürfte der Name Alibaba Group ein Begriff sein, doch die wenigsten Anleger kennen Chinas zweitgrößten E-Commerce-Anbieter: JD.com. Dabei ist Chinas zweitgrößter E-Commerce-Player durchaus einen Blick wert.
Erst vor kurzem hat der US-Suchmaschinengigant Google angekündigt, 550 Mio. US-$ in JD.com investieren zu wollen. Im Gegenzug erhält Google mehr als 27 Mio. neue JD.com Klasse A Aktien. Für Anleger stellt sich nun die Frage, warum setzt Google so stark auf JD.com und könnte es sich für Privatanleger lohnen, auf die JD.com Aktie aufzuspringen? Dazu ein näherer Blick auf das Unternehmen:
JD.com Aktie – Was steckt hinter dem Unternehmen?
JD.com wurde ursprünglich von Liu Qiangdong im Juli 1998 gegründet, die Online-Plattform ging im Jahr 2004 an den Start. Ursprünglich trat das Unternehmen unter dem Namen 360buy.com auf, änderte diesen Namen jedoch in 2013 in JD.com.
JD.com gilt heute neben Alibaba Group als einer der führenden Online-Handelsunternehmen in China. Das Unternehmen betreibt mit deutlich mehr als 500 Lagerhäusern das größte Logistik-Netzwerk in China und liefert seine Produkte über rund 7.000 Paket- und Abholstationen aus. Inzwischen betreibt das Unternehmen mit JD Logistics auch seine eigene Logistikgruppe. Auf der Seite JD.com bieten mehr als 120.000 Händler ihre Produkte online zum Verkauf an.
Anfang 2018 überstieg die Zahl der aktiven Kunden erstmals die 300-Millionen-Marke. Der Umsatz der Gesellschaft wuchs in 2017 um ca. 40 % auf 55,7 Mrd. US-$.
Zudem streckt JD.com seine Fühler auch außerhalb Chinas aus. Anfang 2018 investierte JD.com 50 Mio. US-$ in den vietnamesischen Online-Handelsdienst tiki.vn, außerdem tätigte das Unternehmen Investitionen in Frankreich und England. In wenigen Jahre will JD.com überall in Europa Flagge zeigen.
Warum investiert Google so viel Geld in JD.com?
Anleger müssen wissen, dass der Internetkonzern Alphabet und seine Tochter Google zunehmend in direkter Konkurrenz mit dem Online-Händler Amazon.com stehen. Eine Umfrage von Survata hat ergeben, dass 49 % der Kunden ihre Produktsuchen direkt auf Amazon.com starten.
Dies bedeutet, dass diese Produktanfragen an Google vorbeigehen und damit für Google die Möglichkeiten fehlen, diese Produktanfragen durch die Auslieferung von Werbung zu Geld zu machen.
Google und JD.com wollen nun zusammenarbeiten, um eine neue Infrastruktur im Einzelhandel zu entwickeln, wodurch das Einkaufserlebnis für den Kunden verbessert werden soll. Konkret bedeutet dies, dass ein Teil des JD-Produktangebots via Google Shopping (Preisvergleichssuche von Google) verfügbar sein wird. Google kann also vom wachsenden Online-Handel profitieren, ohne selbst Produkte ausliefern zu müssen – darum kümmert sich weiter JD.com.
Warum JD.com mit Google zusammenarbeiten will
Doch die Zusammenarbeit mit Google hat auch Vorteile für JD.com. Neben finanziellen Mitteln, die dem Unternehmen zufließen, kann JD.com sein Produkt- und Logistikangebot weiter ausbauen. Und dies muss JD.com auch tun, denn der Wettbewerbsdruck in China steigt.
Bislang hatte JD.com auf einen Wettbewerbsvorteil durch sein ausgeprägtes Logistiknetz pochen können, doch der Konkurrent Alibaba war zuletzt mit seiner eigenen Logistiksparte Cainiao in die Offensive gegangen. Auch Alibaba will in den nächsten Jahren Milliarden in den Ausbau seiner Logistik investieren, um die Auslieferzeiten seiner Pakete zu reduzieren – der Vorteil von JD.com könnte schmelzen.
Fazit: Alibaba bleibt der E-Commerce-König
JD.com konnte in der Vergangenheit mit seinem ausgeprägten Logistiknetz und mit dem Umstand punkten, dass das Unternehmen Original-Waren an Kunden verkauft – deswegen ist auch das Ansehen bzw. Vertrauen der Kunden in die Marke JD.com in China auch sehr hoch.
Doch die größeren Gewinnmargen fährt weiterhin Chinas größter E-Commerce-Gigant Alibaba Group ein, da das Unternehmen ein anderes Geschäftsmodell als JD.com betreibt. Alibaba tritt eher als Vermittler auf und betreibt deutlich weniger eigene Warenhäuser als JD.com.
Die Folge: Es bleibt mehr Geld vom Umsatz übrig. Während Alibaba zuletzt mit Bruttomargen von deutlich über 40 % aufwarten kann, muss sich JD.com mit Bruttomargen von knapp 15 % zufriedengeben. Alibaba Group ist damit in der Lage, deutlich mehr Geld in seine Zukunft zu investieren (Expansion, Produktausbau etc.) als JD.com.
Kurzum: Alibaba Group bleibt für China-Investoren nach wie vor erste Wahl, wenngleich auch die JD.com Aktie eine interessante Depotbeimischung für risikobewusste Anleger sein kann, die an ein weiteres Wachstum des chinesischen E-Commerce-Marktes glauben.