Tenderverfahren am Beispiel des Börsengangs von Google
Das Tenderverfahren ist in Deutschland in erster Linie gebräuchlich, wenn es darum geht, Emissionen des Bundes (Bundeswertpapiere) am Markt zu platzieren.
So erfolgen die Emissionen von Bundesanleihen, Bundesschatzanweisungen, Bundesobligationen und unverzinsliche Schatzanweisungen des Bundes oft im Tenderverfahren.
Das Tenderverfahren versteht sich als eine Art Auktionsverfahren, bei dem sich der Emittent Angebote von Mitgliedern einer Bietergruppe einholt.
Mehr zum Thema: Tenderverfahren: Definition
Doch das Tenderverfahren ist nicht nur für institutionelle Anleger, sondern auch für Privatanleger interessant. In Amerika wird es auch dazu eingesetzt, um Aktien bei Anlegern zu platzieren oder eigene Anteile im großen Stil zurückzukaufen.
Tenderverfahren am Beispiel einer holländischen Auktion
Höchst umstritten war seinerzeit der Börsengang von Google im Jahre 2004. Die großen Investmentbanken, die sich Hoffnung auf ein dickes Geschäft gemacht hatten, gingen leer aus.
Der Internetkonzern platzierte seine Aktien stattdessen im Rahmen einer sogenannten holländischen Auktion bei den Anlegern.
Im Rahmen einer holländischen Auktion geben Bieter Gebote ab, wie viele Anteile sie bereit sind zu welchem Preis abzunehmen. Auf Basis der eingehenden Angebote wird der finale Preis ermittelt, der für alle Investoren gleich ist.
Viele Experten halten dieses Verfahren für gerechter. Dadurch erhält auch der Privatanleger eine reelle Chance auf eine Zuteilung, wenn das Gebot nur hoch genug ist.
Denn bei einer holländischen Auktion gilt: Gebote unter dem „Clearing Price“ werden nicht berücksichtigt, während höhere Gebote zu dem Preis ausgeführt werden, der vom Emittenten festgelegt wird.
Dies gilt auch dann, wenn das abgegebene Gebot höher lag als der Zuteilungspreis.
Tenderverfahren in der Praxis
Ein konkretes Beispiel: Im Tenderverfahren von Google wurden die Papiere im Auktionsverfahren später zu 85 US-$ pro Stück zugeteilt.
Das heißt, wenn beispielsweise ein großer Investmentfonds 1 Mio. Anteile zu 80 US-$ pro Stück geordert hatte, ging dieser damals leer aus.
Ein Lehrer, der 90 US-$ für 100 Google-Aktien geboten hatte, erhielt dagegen eine Zuteilung. Somit wird dieses Auktionsverfahren insgesamt als fairer angesehen, da einzig der Preis entscheidet, wer eine Zuteilung erhält.
Tenderverfahren am Beispiel eines Aktienrückkaufs
Im Jahr 2012 hatte das Internet-Portal AOL für Aufsehen gesorgt. Im Normalfall erfolgen Aktienrückkäufe über den offenen Markt oder über ausgehandelte Block-Transaktionen.
AOL entschied sich jedoch für ein modifiziertes Tenderverfahren. Im Rahmen einer holländischen Auktion wollte AOL eigene Aktien im Wert von 400 Mio. US-$ zurückkaufen.
Anleger hatten damals die Möglichkeit, dem Unternehmen AOL-Aktien zum Preis von 27 bis 30 US-$ anzudienen. AOL-Aktionäre konnten damals angeben, wie viele AOL-Aktien sie zu welchem Preis bereit waren, an AOL zu verkaufen.
Mehr zum Thema: Aktienrückkaufprogramme führen oft zu steigenden Kursen
Allerdings wurde das Angebot von AOL-Aktionären nur bedingt angenommen. Im Rahmen des Tenderverfahrens wurden AOL nur 292.435 AOL-Aktien zum finalen Preis von 30 US-$ pro Stück angedient.
Damit erhielt AOL nur Aktien im Wert von 8,8 Mio., statt der geplanten 400 Mio. US-$.
Aus diesem Grund legte das Internet-Unternehmen anschließend gleich ein Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 550 Mio. US-$ auf, um AOL-Aktien am offenen Markt zurückzukaufen.