Altria-Aktie: Glimmstengel-Gigant stemmt mit Juul-Übernahme größte Investition der Firmengeschichte
Viel war darüber spekuliert worden, jetzt ist es amtlich. Der Marlboro-Hersteller Altria setzt mit seiner milliardenschweren Beteiligung einen Fuß in den stark wachsenden Markt für E-Zigaretten. Der Hintergrund des Einstiegs liegt auf der Hand: Der traditionelle Kernmarkt mit klassischen Zigaretten steht seit Jahren unter Druck und schrumpft, da immer weniger Menschen rauchen. Innovative E-Zigaretten erlebten hingegen zuletzt einen regelrechten Höhenflug.
Allerdings sind auch die Dampfalternativen alles andere als unbestritten. Zugleich ist die Transaktion auch für den Tabakriesen Altria ein großer Schluck aus der Pulle. Immerhin 12,8 Milliarden Dollar muss der Konzern für die Beteiligung auf den Tisch legen.
Die Altria-Anleger haben ihre Meinung vorerst gefällt uns senken weiter den Daumen. Alleine seit Ende Oktober haben die Papiere um 23% an Wert verloren. Damit notiert die Aktie auf dem tiefsten Niveau seit mehr als drei Jahren.
Juul mit extrem sportlicher Bewertung
Bei dem Deal dürften sich vor allem die Anteilseigner von Juul freuen. Denn für 12,8 Milliarden Dollar erhält Altria gerade einmal eine Beteiligung an dem privaten Unternehmen von 35%. Das bedeutet, dass der gesamte Firmenwert des erst vor drei Jahren gegründeten E-Zigaretten-Spezialisten bei stolzen 38 Milliarden Dollar liegt. Damit hat sich nicht nur die Bewertung innerhalb weniger Monate mehr als verdoppelt. Juul ist zugleich auch mehr wert als bekannte Startups wie Airbnb, die in den letzten Jahren regelrecht durch die Decke gingen.
Starke Marktposition und hohes Wachstum
Für seine milliardenschwere Investition erhält Altria eine Beteiligung am mit Abstand führenden Hersteller für E-Zigaretten. Obwohl Juul noch so jung ist, kontrolliert die Firma mittlerweile fast die Hälfte des Marktes für E-Zigaretten. In den USA kommt das Unternehmen sogar auf einen beeindruckenden Marktanteil von 75%.
Laut Brancheninsidern soll der Konzern mit seinen 1.500 Mitarbeitern in den 12 Monaten bis Juni auf einen Umsatz von rund 1 Milliarden Dollar gekommen sein. Experten gehen davon aus, dass Juul im kommenden Jahr einen Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) von etwa 600 Millionen Dollar erreichen könnte.
Altria macht Vertrieb
Dabei sieht der Deal vor, dass Altria vor allem beim Vertrieb unterstützt und den Juul-Produkten den Zugang in die Regale des Einzelhandels verschafft. Zugleich soll das Startup Zugang zu Altrias Kundendaten erhalten, um die eigenen Produkte noch besser vermarkten zu können. Dabei soll der E-Zigaretten-Hersteller eigenständig bleiben. Interessant zu wissen: Altria darf seine Beteiligung in den nächsten sechs Jahren nicht aufstocken und auch nicht verkaufen. Zusätzlich muss der Marlboro-Hersteller seine eigenen Aktivitäten auf dem Markt für E-Zigaretten einstellen.
Juul im Visier der Aufsicht
Den Einstieg dürften einige Branchenexperten als Akt der puren Verzweiflung werten, um das rückläufige Zigarettengeschäft auszugleichen. Bislang erwirtschaftet Altria erst 10% außerhalb des Traditionsgeschäfts mit Zigaretten.
Zugleich spürt Altria Gegenwind bei seinen Menthol-Zigaretten, die kürzlich ins Visier der Gesundheitsbehörde geraten sind. Aber Sie sollten wissen: Auch die Juul-Produkte sind höchst umstritten, vor allem weil sie bei Jugendlichen so beliebt sind und als gesündere Zigaretten-Alternative angepriesen werden. Über die E-Zigaretten, die an USB-Sticks erinnern, wird aromatisierter nikotinhaltiger Dampf eingeatmet.
Mitte November hatte die US-Gesundheitsbehörde FDA das Aus für den Verkauf von bestimmten Flüssigkeiten für E-Zigaretten angekündigt. Diejenigen mit Frucht- oder Süßigkeiten-Aromen dürfen zukünftig nicht mehr in Supermärkten und Tankstellen verkauft werden. Außerdem sollen die Alterskontrollen beim Online-Kauf verschärft werden. Damit will die Behörde den Boom von E-Zigaretten bei Teenagern eindämmen.
Fazit: Altria ist unter Zugzwang. Das traditionelle Geschäft mit klassischen Zigaretten schrumpft kontinuierlich, da die Menschen weltweit immer gesundheitsbewusster werden. Zugleich ist der selbst entwickelte Verdampfer iQos, der in Europa und Asien bereits vertrieben wird, immer noch nicht in den USA zugelassen. Ob der Juul-Einstieg allerdings das Allheilmittel ist, wird sich erst noch zeigen müssen. Ohne Frage ist die Bewertung von Juul (das 60-Fache des Vorsteuergewinns) alles andere als günstig. Es dürfte also lange dauern, bis sich die größte Investition der Firmengeschichte finanziell rechnet.