100 Jahre Boeing: Geschichte des weltgrößten Flugzeugkonzerns
Zu den soliden Unternehmen, die ihren Aktionären Freude bereiten, gehört das US-Luftfahrtunternehmen Boeing. Das Papier bringt nicht nur stets steigende Dividenden, es bescherte auch Zuwächse von 90,92% in den letzten fünf Jahren, und das aus aktueller Sicht im Juli 2016, wo es heißt: 100 Jahre Boeing.
100 Jahre Boeing: mit Pioniergeist zum Höhenflug
Der Luftfahrtgigant ist mit einem Umsatz von 96 Mrd. US-$ der größte Flugzeugproduzent der Welt und zweitgrößter Rüstungskonzern der USA. Der einzig ernstzunehmende Rivale ist Airbus, wobei es die Europäer derzeit auf 64,5 Mrd. US-$ Umsatz bringen. 100 Jahre Boeing, das ist eine amerikanische Erfolgsgeschichte, die auf fast spielerischen Pioniergeist zurückgeht.
Angefangen hat alles aus Holz. In einem Holzschuppen bei Seattle im Bundesstaat Washington baute William Edward Boeing sein erstes Flugzeug aus Holz, Draht und Leinen. Dabei kamen ihm seine Materialkenntnisse in Sachen Holz zugute, die er sich nach einem vorangegangenen Studium während seiner Arbeit in der Holzverarbeitungsindustrie angeeignet hatte. Er war in den Holzhandel seines Vaters eingestiegen, der als Wilhelm Böing 1868 aus dem Sauerland in die USA ausgewandert war.
Eigentlich sollte in dem Bootshaus an der Westküste eine Yacht gebaut werden. Doch William war von der Fliegerei begeistert. 1903 hatten die Brüder Wright das erste Motorflugzeug gebaut und 1908 mit einem Doppeldecker bereits 94 km Flugstrecke zurückgelegt. William, der Augenzeuge eines Flugs geworden war, entschloss sich, ebenfalls ein Luftgefährt zu bauen. 1916 absolvierte er mit seiner Bluebell den ersten Flug und gründete am 15. Juli des Jahres die Boeing Aeroplane Company.
Monopolstellung und Zerschlagung
Zehn Jahre später stieg er in den Postflugdienst ein und bediente immer mehr Stecken in den USA. Mit der Boeing Model 40 flog er genug Geld ein, um andere Linien aufzukaufen und mit dem Motorenhersteller Pratt & Whitney eine neue Firma zu gründen. Die konstruierte 1933 mit der B247 das erste amerikanische Linienflugzeug, das gut 10 Passagieren Platz bot. Es war das Gegenstück zur fast zeitgleich gebauten deutschen Junkers Ju 52, ein Erfolgsmodell, das in der Zivilversion ebenfalls mit Pratt & Whitney Motoren ausgestattet war.
In den USA beherrschte Boeing die Lüfte. Es war Flugzeugbauer, Motorenhersteller und Airline in einem, was aber der Anti-Trust-Politik von Präsident Franklin D. Roosevelt zuwiderlief. Der zerschlug den Konzern in drei Unternehmen: Boeing Airplane Company, Pratt & Whitney und United Airlines. William Boeing verlor die Lust, zog sich zurück und widmete sich wieder seinen Holzgeschäften an der Westküste. 1956 starb er an einem Herzinfarkt, nachdem er zwei Jahre zuvor noch Zeuge des ersten Düsenjets von Boeing geworden war.
Rüstungsaufträge mit neuem Schub
Ab 1941 profitierte Boeing von der enormen Aufrüstung nach Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg. Das Werk produzierte in Massen B-17 und B-29-Bomber, die Angriffswellen in Deutschland flogen und zwei Atombomben auf Japan abwarfen. Im Vietnamkrieg besorgten dann B-52 Flächenbombardements.
Im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion wurden neben Linienflugzeugen weitere Kampfjets für die Air Force gebaut. Außerdem Minuteman-Raketen, Boeings Einstieg in die Raumfahrt, für die es die erste Stufe der Mondrakete Saturn V herstellte. Später betrieb es die Space-Shuttle-Flotte sowie die Raumstation ISS. Zu den jüngeren Militärproduktionen aus Seattle gehören etwa Tank-, Transport- oder AWACS-Flugzeuge. Und in Pennsylvania werden Hubschrauber wie der legendäre Chinook, Apache und sogar Schienenfahrzeuge gebaut.
Im Zivilflugzeugbereich sicherte sich Boeing unter anderem mit der B 737, dem meistverkauften Flugzeug der Welt, und dem Jumbo B747 seine Stellung als Nummer eins auf dem Weltmarkt. Alle heimischen Mitbewerber wurden geschluckt.
Kampf mit Erzrivalen Airbus
Seit den 1970er Jahren allerdings wuchs Airbus mit sparsameren Flugzeugen zur ernsthaften Konkurrenz heran und verdrängte später Boeing auf den zweiten Platz. Erst 2012 erlangte das Unternehmen wieder seine Spitzenposition. 10 Jahre zuvor war es nach Chicago umgezogen. Die Produktion jedoch verblieb in Seattle, wo es Flugzeuge in der größten Halle der Welt montiert.
Boeing musste in seiner Geschichte auch eine Reihe von Rückschlägen einstecken. Gerade im Militärbereich kommen immer wieder Konkurrenten wie Lockheed Martin oder Northrop Grumman zum Zuge. Bei seinen Verkehrsflugzeugen setzt Boeing auf den Durchbruch des neuen Dreamliners B787. Der aber bereitet mit Konstruktions- und Softwareproblemen noch Sorgen.
Doch auch Rivale Airbus hat mit seinem Monster, dem A380, Probleme und muss ausgerechnet im Jubiläumsjahr von Boeing seine Produktionspläne wegen schlechter Nachfrage zurückfahren. Die Entwicklung derartiger Großflugzeuge kostet immerhin gut 10 Mrd. US-$. Abgesehen davon wächst für beide Unternehmen in China langsam neue Konkurrenz heran.