Kraft Heinz: Strohfeuer oder Trendwende?
Auf diesen Moment mussten die leidgeprüften Aktionäre des Konsumgüterriesen Kraft Heinz wirklich lange warten. Am Donnerstag schoss die Aktie des Konzerns nach überraschend guten Quartalszahlen um mehr als 13% in die Höhe. Damit summiert sich das Kursplus seit Mitte August inzwischen auf beachtliche 30%.
Doch was auf den ersten Blick wie eine stattliche Kursrally aussieht, muss im längerfristigen Kontext gesehen werden. Zwar notiert die Aktie mit derzeit 32,3 Dollar wieder deutlich über ihrem Mehrjahrestief von 25 Dollar, aber eben massiv unter ihrem Allzeithoch, dass die Papiere im Frühjahr 2017 bei 96 Dollar erreicht haben. Wer zum Höhepunkt einstieg, sitzt mit der vermeintlich defensiven Kraft Heinz-Aktie immer noch auf einem Verlust von sage und schreibe 66%.
Kraft Heinz im Portrait
Bevor ich auf die jüngsten Zahlen eingehe, ein paar Takte zum Geschäftsmodell: Kraft Heinz ist ein US-amerikanischer, weltweit tätiger Lebensmittelkonzern, der im Jahr 2015 aus der Fusion von Kraft Foods und der H. J. Heinz Company entstand. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben der fünftgrößte Lebensmittelproduzent der Welt. Das Unternehmen hat seinen Doppelsitz in Chicago und Pittsburgh.
Zur Produktpalette zählen Fertiggerichte, Erfrischungsgetränke, Kaffee, Käse und weitere Lebensmittel. Das Portfolio umfasst einige der beliebtesten Lebensmittelmarken Nordamerikas: Kraft, Heinz, ABC, Capri Sun, Classico, Jell-O, Kool-Aid, Lunchables, Maxwell House, Ore-Ida, Oscar Mayer, Philadelphia, Planters, Plasmon, Quero, Weight Watchers Smart Ones und Velveeta.
Ketchup-Riese in der Krise
Trotz der starken Marktposition rutschte der US-Konzern in den letzten Jahren in eine tiefe Krise. Als Heinz Kraft damals übernahm, hofften die Anleger auf weitreichende Synergien zwischen den beiden Giganten. Von diesen ist aber bisher wenig zu sehen und die Integration scheint nicht so recht Früchte zu tragen. Der Nahrungsmittelkonzern musste für 2018 wegen einer 16 Milliarden US-Dollar hohen Abschreibung auf den Wert von Marken und Sparten unter dem Strich einen Verlust von 10,3 Milliarden Dollar ausweisen – nach einem Gewinn von knapp 11 Milliarden Dollar im Vorjahr.
Generell sieht sich der Ketchup-Gigant einem zunehmend schwierigeren Wettbewerbsumfeld ausgesetzt. Markenhersteller haben wenig Verhandlungsmacht. Hinzu kommt, dass sich die Verbraucher immer öfter von verpackten Lebensmitteln abwenden und frischen, gesunden Produkten den Vorzug geben. Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, nach Möglichkeit Bio oder aus regionalem Anbau vom Landwirt direkt stehen bei Verbrauchern hoch im Kurs. Daher haben die industriellen Lebensmittel ein Existenzproblem: Nestle, Campbell Soup, Generell Mills, Kraft Heinz, Kellogg. Sie alle schaffen es nicht mehr, beständig Umsatz, Gewinn und Cashflows auszubauen. Ihre einst schützenden Burggräben wurden dauerhaft beschädigt.
Licht am Ende des Tunnels
Doch frühzeitig abschreiben sollte man den Konsumgüterkonzern offenbar doch nicht. Zumindest macht der Blick auf die gerade präsentierten Geschäftszahlen den geduldigen Anlegern wieder Mut. Der Lebensmittelkonzern hat dank gesunkener Kosten und etwas höherer Preise die Gewinnerwartungen der Analysten nämlich übertroffen. Während der Umsatz im dritten Quartal wie erwartet um 5 % auf 6,08 Milliarden Dollar zurückging, schoss das Nettoergebnis regelrecht um 45 % auf 899 Millionen Dollar nach oben.
Nettogewinn rückläufig, aber über den Erwartungen
Beim bereinigten Gewinn je Aktie blieben 69 Cent übrig. Im Vergleich zum Vorjahresquartal entspricht das zwar einem Rückgang um 9,2%, war aber um satte 15 Cent besser als die Analysten im Vorfeld erwartet hatten.
Warren Buffets zeigt sich geduldig
Unterdessen scheint zumindest die Investmentlegende Warren Buffett an ein Comeback des Konzerns und der Aktie zu glauben. Buffett hält immerhin 27% aller ausstehenden Aktien und ist damit der größte Einzelaktionär von Kraft Heinz. Nach dem jüngsten Kursaufschwung ist sein Aktienpaket wieder 10,5 Milliarden Dollar schwer.