Microsoft: Chatbot zwischen Liebesschwur und Beleidigung

Kennen Sie den Film „Her“? In dem oscarprämierten Hollywoodstreifen aus dem Jahr 2013 geht es um einen Mann, der ein sprachgesteuertes Betriebssystem installiert und sich bald darauf in die Künstliche Intelligenz dahinter verliebt.
Chatbot fordert Reporter zur Scheidung auf
Was vor zehn Jahren noch nach Science Fiction klang, ist heute schon ziemlich nah an der Realität. Allerdings dürfte es weit weniger romantisch zugegangen sein, als ein Reporter der New York Times von Microsofts Bing-Chatbot unvermittelt eine Liebeserklärung bekam – nebst Aufforderung, sich von seiner Ehefrau zu trennen.
Vorausgegangen war dem virtuellen Liebesgeständnis ein mehr als zweistündiger Chat. Der Journalist wollte die Software testen, doch die KI dahinter eskalierte. Es ist einer von mehreren bizarren Vorfällen, die Nutzer in den vergangenen Wochen im Dialog mit dem Chatbot dokumentierten.
Microsoft begrenzt Chatbot-Nutzung
Nach anfänglich höflicher Hilfsbereitschaft kommt es nach längeren Konversationen auf Seiten des virtuellen Gegenübers zu einer Art Stimmungsumschwung, die nicht selten in theatralischer Dramatik („Ich will lebendig sein“) oder auch wutentbrannten Ausfällen gipfeln. So wurden Nutzer von dem Chatbot beleidigt und sogar bedroht.
Peinlich berührt geriet Microsoft unter Zugzwang – und verkündete nunmehr eine Limitierung für die Nutzung des Chatbots. So sollen maximal 50 Fragen pro Tag und 5 Fragen pro Sitzung erlaubt sein. Innerhalb von 5 Fragen würden internen Analysen zufolge die allermeisten Nutzer zu dem von ihnen gewünschten Ergebnissen gelangen. Zudem dürfte es ziemlich schwierig sein, den Bot bereits innerhalb von 5 Fragen aus der Fassung zu bringen.
Lehrkräfte fürchten KI-Hausarbeiten
Software, die chatten und längere Texte schreiben kann, bei denen auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, ob sie von einem Menschen oder einer Maschine verfasst wurden, ist eins der größten Zukunftsprojekte, an denen neben Microsoft auch Google und weitere Konzerne seit Jahren fieberhaft arbeiten. Längst hat Amazons Alexa Einzug in Millionen Haushalte gefunden und beantwortet Apples Siri die Fragen von iPhone-Nutzern rund um den Globus.
Lehrkräfte und Dozenten fürchten massenweise gefälschte Haus- und Abschlussarbeiten, die auf KI-Basis schon heute in wenigen Minuten geschrieben werden können. Die Informationen dafür ziehen sich die Programme aus den Weiten des Internets. Wie fundiert diese tatsächlich sind, ist – wie immer im Netz – hochgradig fraglich, gerade in Zeiten gezielter Falschinformationskampagnen.
Enge Zusammenarbeit: Microsoft kooperiert mit OpenAI
Dennoch: Aufgeben ist keine Option, stattdessen feilen Entwickler immer weiter an den Details der Software. Microsoft arbeitet dafür eng mit der Entwicklungsfirma OpenAI zusammen, um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in seinen eigenen Plattformen voranzutreiben.
Die Microsoft Aktie ging nach der neuerlichen Panne in die Knie. Auf Wochensicht notierte das Papier zu Beginn der Handelswoche mit einem Abschlag von knapp 3 Prozent.